Weichei: Roman (German Edition)
sprechenden Zebrastreifen kennenlernen, der über hundert Kilo Abtropfgewicht auf die Waage bringt und keine vollständige Kauleiste besitzt.«
»Wie meinst du das?« Emile schaut etwas irritiert. Wahrscheinlich, weil er das Wort Abtropfgewicht nicht richtig zuordnen kann.
»Ach nix. Weißt du, Emile, ich will zwar ein wenig Spaß haben,
aber nicht so niveaulos wie bei dieser Freakshow. Und außerdem ohne Verpflichtung, verstehst du?«
»Versteh ich. Genau das machen wir. Vertrau mir. Heute Abend nach der Spätschicht hole ich dich ab.«
Er verabschiedet sich, und tatsächlich steht Emile nach meiner Schicht wie versprochen mit seinem getunten Opel Astra in der Einfahrt.
»Wo geht’s hin?«, frage ich halb aus Neugier, halb aus purer Angst vor Emiles geheimer Idee.
»Lass dich überraschen, Kollege.«
Er lächelt und gibt Gas. Ich muss zugeben, er nimmt sich meiner geradezu rührend an, und keine Viertelstunde später parken wir in der Hanauer Landstraße und gehen laut Emiles Beschreibung ins KingKhameamea . Was sich anhört wie die Hausaufgabe aus einem Logopädenseminar, stellt sich als szeniger In-Klub heraus.
»Hier ist heute Greek Culture Club . Genau die richtige Party für dich.«
»Greek Culture Club ? Aber du bist doch Albaner.«
»Ja, schon. Aber auf den Partys und in der Location sind die schönsten und coolsten Leute der Stadt, Kollege. Genau das Richtige für uns. Also benimm dich.«
Das nenne ich mal Integration. Bei der Schönheit der Frauen hört selbst die schlimmste Erzfeindschaft auf. Mir soll es recht sein. Denn tatsächlich tummeln sich im Inneren des Klubs unglaublich attraktive Frauen. Nur Emile ist bereits nach fünf Minuten verschwunden, und ich stehe mit meinem Cuba Libre allein an der Theke und grinse mir die Mundwinkel wund. Allerdings ist das Resultat niederschmetternd. Nicht eine einzige Frau lächelt zurück. Nach einer weiteren Viertelstunde entdecke ich Emile an der Theke. Und natürlich ist er umringt von zwei Damen, die zwar mit dem
Rücken zu mir stehen, aber deren langes, gelocktes Haar bis zum Gesäß reicht und damit ein Versprechen voll südländischer Leidenschaft aussendet. Er sieht mich und winkt mich herbei. Ist wohl eine Art Zeichen für mich, dass die beiden Mädels von mir klargemacht werden sollen. Und da ich ja auf einer Mission bin, nehme ich all meinen Mut zusammen und gehe zu ihnen. Ich bin zwar in Sachen lockerer Spruch nicht mehr so ganz up to date , aber was kann man bei zwei solch rassigen Griechinnen schon falsch machen. Ich lege entspannt meine Arme um die Schultern der beiden und hau mein Sprüchlein in deren Ohrmuscheln.
»Hallo, ihr süßen Schnecken. Na, alles senkrecht so weit?«
Die beiden drehen sich zu mir um, und ich erkenne, dass man doch so einiges mit einem Spruch dieser Art verkehrt machen kann. Emile versucht, die Situation noch zu retten, indem er mich hastig den beiden vorstellt, bevor diese antworten beziehungsweise zuschlagen können.
»Robert, das sind die beiden Yanakis-Brüder Petros und Georgios. Das sind die Veranstalter und Chefs von Greek Culture Club .«
»Ahh.« Ich quäle mich zu einem peinlich berührten Lächeln. Zeitgleich ziehen sich meine Arme von ihren Schultern wie die Ebbe vom Sylter Strand zurück.
»Gut, Kollege, wir müssen aber jetzt auch los. Macht’s gut, Jungs.« Schon zerrt mich Emile am Ärmel Richtung Ausgang. »Was war das denn, Robert?«
»Na, ich dachte halt, das wären …«
»Mann. Du weißt schon, dass Südländer da nicht so drauf stehen, von Männern angemacht zu werden? Kannst froh sein, keine gefangen zu haben.«
Ich nicke nur betreten.
»Sorry.«
»Na ja, das war hier ja nur zum Warmmachen. Und jetzt gehen wir richtig spielen.«
Noch bevor ich eine weitere dumme Frage stellen kann, sitze ich wieder im Auto. Auf der Fahrt erklärt mir Emile, dass ich seiner Meinung nach erst mal ein Freundschaftsspiel auf neutralem Boden austragen sollte. Das würde mein Selbstvertrauen stärken. Aha. Keine Ahnung, was er damit meint. Aber es hört sich nicht nach einer weiteren Gangbang-Party an, und das beruhigt mich bereits. Jedoch fällt er trotz meiner Einwände, bitte keine Fußballmetapher mehr zu verwenden, ohne Umschweife in das altbekannte Muster zurück. Ich übergehe eine weitere Andeutung zu diesem Thema und höre mir seine Begründung an.
»Mann, Kollege, bist du total unentspannt. Musst du Erfahrung sammeln.«
»Na ja, so unerfahren bin ich nun auch nicht.«
»So? Mit wie vielen
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