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Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
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Euro, der über meine Kreditkarte bereits abgebucht sei. Ein Bauchweggürtel? Für mich? Ich schüttle verständnislos den Kopf, werfe das Fax in den Mülleimer und wundere mich, wie die zu meiner Faxnummer kommen konnten, als das Telefon klingelt.
    »Süßemilch.«
    »Hi, Robert, ich bin es, Jana.«
    »Jana«, wiederhole ich erfreut und bemerke zu meiner eigenen Überraschung, wie sehr ich mich tatsächlich darüber freue. Schnell rufe ich alle verfügbaren Erinnerungen meines Schattenspiels ab: Pilot, Weinkenner, eloquent, Frauenversteher und trotzdem ein tougher Typ. Okay, ich bin bereit. »Schön, von dir zu hören.«
    »Ist ja ein Ding, dass ich dich tatsächlich erreiche. Hattest du nicht geschrieben, du seist unterwegs? Wollte dir nur was auf deinen Anrufbeantworter sprechen.«
    »Äh, ja. Hab die Rufumleitung eingeschaltet.«
    »Aha. Na ja, ich wollte mich auch nur für die Karten aus Mexico City, Neu-Delhi und Yokohama bedanken. Du bist ja in den letzten zwei Wochen echt ganz schön unterwegs gewesen, was? Wo erwisch ich dich denn gerade?«
    »In der Küche«, sage ich gedankenlos und könnte mich im nächsten Moment dafür ohrfeigen. Denn jetzt fällt mir ein, dass ich ihr geschrieben hatte, ich wäre dieses Wochenende auf einer Tour.
    »In der Bordküche des Fliegers, oder seid ihr noch im Hotel?«
    Ich stelle die Tasse ab und kehre kurz in mich. Wo bin ich? Hatte ich das ihr gegenüber überhaupt erwähnt? Ich hoffe nicht.
    »Hotel«, höre ich mich sagen. »Hotelküche.«
    »Was machst du denn in der Hotelküche?«
    »Ja, was mache ich eigentlich hier?« Ich lache beherzt und versuche, mir so einige Sekunden des Nachdenkens zu verschaffen. »Ich geb ’nen Crashkurs darin, Rühreier zu machen, die kennen das hier nicht.«
    »Du steckst ja wirklich voller Talente. Aber sag mal, wo ist denn der Ort, an dem man keine Rühreier kennt?«
    Verdammt. Hilfesuchend sehe ich mich um, bis mein Blick am MuscleMaster-X-2000-Fax im Mülleimer hängen bleibt. Ich reagiere schnell.
    »Rio.«
    »Rio? Wow, super.«
    »Ja, Rio. Da kann ich mein Portugiesisch etwas auffrischen.«
    »Und da seid ihr heute Abend schon wieder zurück in Frankfurt? Hattest du nicht in der letzten SMS geschrieben, dass ihr heute wieder zurückkommt?«
    »Ja, klar«, presse ich hervor und schüttle dabei den Kopf.
    »Super, ich wollte dich nämlich fragen, ob du Lust hättest, mit mir was essen zu gehen.«
    Sie findet mich wirklich gut oder zumindest das, was sie von mir zu kennen glaubt. Sie findet also den Weinkenner und Piloten gut. Trotzdem. Ich bin wieder im Geschäft, ich biege wieder auf den Highway der Promiskuität ein.
    »Na klar. Gerne.«
    »Ich bin nämlich heute Abend ganz in der Nähe und könnte dich vom Flughafen abholen. Oder ist dir das zu stressig nach dem langen Flug?«
    »Stressig? Nein, Quatsch. Kein Problem.«
    »Wann landet ihr denn?«
    Ja, wann landen solche Flieger denn immer?, frage ich mich und finde neunzehn Uhr zwanzig eine unglaublich gute Landezeit.
    »Neunzehn Uhr zwanzig.« Und da meine Ex ja Flugbegleiterin war, mache ich die Illusion nun nahezu perfekt, indem ich Fachbegriffe einfließen lasse. »Kennst du das Drehkreuz? Dort sind so Kiss&Go-Abholerparkplätze für Freunde und Bekannte der Crew.«
    »Nee, kenn ich nicht, finde ich aber. Dann bin ich so um halb acht da. Freu mich, bis dann.«
    »Ja, freu mich auch. Bis dann.«
    Ich lege auf, lächle mein breitestes Siegerlächeln, das ich mit meinem Vulkankopfschmerz noch hervorbringen kann, und gehe ins Bad, um eine Europalette Aspirin aufzulösen. Robert, du alter Fuchs! Heute Abend mit der S-Bahn zum Flughafen, gegen halb acht zum Drehkreuz tappeln und einen ermüdeten, aber glücklichen Eindruck machen. Ich schaue in den Spiegel, und was ich sehe, ist zwar nicht schön, aber erfolgreich. Doch dann erstarrt mein Lächeln plötzlich zu einem eisigen, ja ich muss zugeben, dümmlichen Gesichtsausdruck. Mir wird klar, dass Jana einen Piloten am Parkplatz abholen möchte und keinen Robert Süßemilch. Und ich kenne keinen Piloten, der in Sportschuhen und Straßenkleidung seinen Airbus auf den Frankfurter Landebahnasphalt drückt.
    Mir fehlt etwas ganz Entscheidendes: eine Pilotenuniform.

19
Mainz, wie es singt und lacht
    T rotz meiner Kopfschmerz-Lavaströme, die durch die Aspirin-Invasion nur bedingt an Fließkraft verloren haben, habe ich eine zündende Idee, die die Situation retten könnte. Und nur dreißig Minuten später sitze ich bereits im Auto und

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