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Weihnachten mit Mama

Weihnachten mit Mama

Titel: Weihnachten mit Mama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thanner
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ihren Preis … leider … ich meine, natürlich.«
    »Natürlich«, sagte ich und wappnete mich der horrenden Summe, die er mir abverlangen würde.
    »Zweitausendfünfhundert … Euro, bitte.«
    Ich schluckte, und in den zwei Sekunden, die das Schlucken brauchte, legte ich mir eine Strategie zurecht. Natürlich musste gefeilscht werden, das lag sozusagen in der Natur der Sache. Wenn er zweitausendfünfhundert sagte, dann könnte ich ihn vielleicht, wenn es gut ging, um eintausend herunterhandeln. Und eintausendfünfhundert … das war immer noch der helle Wahnsinn. Alles über fünfhundert war der helle Wahnsinn.
    »Ich verstehe, Monsieur«, sagte ich. »Aber Sie werden sicherlich auch verstehen, dass dies sehr viel Geld ist für eine … für eine Tischdecke.«
    »Es ist keine Tischdecke. Wie ich schon sagte.«
    Ich nickte wieder. Erster Versuch. »Wie wäre es mit … fünfhundert?«
    Sindar Salamanders Mitleid kannte keine Grenzen. Er blieb unerschütterlich höflich. Seine Stimme klang vielleicht eine Spur reservierter, aber höflich blieb sie.
    »Monsieur, das ist eine Antiquität. Persien, spätes achtzehntes Jahrhundert. Ein historisches Stück, dessen Patina Geschichte atmet. Perfekt erhalten, wie Sie sehen. Mit hineingewebten Fäden aus echtem Gold. Nicht so ein orientalischer Fetzen, den man Ihnen in irgendeinem Einrichtungshaus oder anderswo andreht, aus irgendeiner obskuren indischen Werkstatt, wo man jeden Tag fünf davon anfertigt. Eine absolute Rarität. Sie ist fünftausend wert … und ich überlasse sie Ihnen für zweitausendfünfhundert. Weil Weihnachten ist.«
    Er hatte sich nicht einen Millimeter bewegt. Nicht um hundert Euro. Nicht um zehn Euro. Um gar nichts.
    Ich begann zu transpirieren. Es würde eine Herausforderung werden, das war mir in diesem Moment klar. Wer immer das Gerücht in die Welt gesetzt hatte, dass alle Orientalen gern handeln und feilschen – Sindar Salamander strafte ihn Lügen.
    Ich könnte nicht einmal behaupten, dass es dem Herrn der kostbarsten und schönsten Decke, die je unter dem Halbmond von feinfingrigen Mädchen mit rosigem Teint gewebt und bestickt worden war, ein sonderliches Vergnügen bereitete, mich in die Enge zu treiben, bis zu jenem Point of no return , wo es schließlich nur noch Take it or leave it heißt. Ich glaubte ihm sogar, dass die Decke den von ihm angegebenen Wert hatte – das echte Gold war unübersehbar, es funkelte irisierend. Und womöglich einen Wert, der den genannten Preis noch überstieg.
    Meine Strategie verfing nicht, sie schmolz dahin wie eine Schneeflocke in einem Glühweinglas. Ich hatte keinerlei Trümpfe in der Hand. Ich sagte bittend siebenhundert, flehentlich neunhundert, verzweifelt eintausend. Ich kämpfte mich unter unsäglichem Weh bis zu eintausendzweihundertfünfzig vor. Die Antwort war jedes Mal gleich: ein stets höfliches, nachsichtiges, um Verständnis werbendes Kopfschütteln. Irgendwie lief das hier ganz und gar nicht wie auf einem Basar in Isfahan oder Istanbul. Nein, ganz und gar nicht. Irgendwie lief das völlig schief.
    Mit heiserer, brüchiger Stimme sagte ich schließlich: »Eintausendfünfhundert!« Mein Herz schlug so heftig, dass ich es im Hals spüren konnte.
    Es war nichts zu machen.
    Sindar Salamander blieb bei zweitausendfünfhundert.
    Ich schob ihm meine Kreditkarte hin.
    Er nahm sie. Er nahm all mein Geld. Er nahm meinen Stolz, meine Ehre, meine Würde. Zusammen mit einem dienstbaren Verkaufsgehilfen holte er die Decke von der Wand, faltete sie zusammen, schlug sie in schönes, knisterndes Papier ein, band noch eine goldene Schleife drumherum. Er reichte sie mir mit einem wehmütigen Blick, als hätte ich ihn des Schönsten beraubt, was er je besessen.
    Ich sagte tief berührt: »Danke! Vielen, vielen Dank!«
    Und dann geschah, was geschehen musste. Das Paket war ziemlich schwer, allein die Hunderte von kleinen Spiegeln mussten ein paar Kilos wiegen, vom schweren Stoff ganz zu schweigen. Nein, das Ding würde ich jetzt nicht nach Hause schleppen. Ich würde mir den Luxus meines bewährten Kleintransporters gönnen. Der Herr der Lasten musste wieder her. Mein Freund Sebastian.
    Ich zog Neureuthers Karte aus der Brieftasche, dankte meinem Engel, dass ich sie eingesteckt hatte. Ich zückte mein Mobiltelefon, rief den Titanen an. Natürlich war er in der Nähe, am Taxistand Odeonsplatz. Natürlich kam er sofort angefahren. Natürlich trug er mir die Decke nach oben in die Wohnung, er balancierte das Paket

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