Weihnachtsglanz und Liebeszauber
Mitsamt der Lichterkette.«
10. Dezember
M ann, das war ja vielleicht ein Adventssonntag gewesen! Nix mit vorweihnachtlicher Stimmung, nix mit besinnlicher Ruhe! Stattdessen Hektik total.
Nachdem Benno gesagt hatte: »Ich versteh die Welt nicht mehr! Die Girlande über der Stalltür ist verschwunden!« starrten wir ihn erst mal fassungslos an. Mein Pa fand als Erster die Sprache wieder.
»Glaub ich nicht! Benno, du hast dir den Schlaf noch nicht aus den Augen gewischt!«
»Chef!« Benno war tief beleidigt.
Alle folgten wir ihm, selbst Jash und Sepi, nur Hektor jaulte heiser und blieb liegen.
Zwar war es noch immer nicht richtig hell, aber Benno hatte recht: Die Girlande mit der Lichterkette fehlte. Nur ein paar abgerissene Tannenzweigchen lagen auf dem Boden.
Benno öffnete die Stalltür. »Da! Der Dieb hat sogar gewusst, wo die Leiter steht. Und war dann zu faul, um sie wieder an ihren Platz zu stellen.«
»Wer tut denn so was?«, fragte meine Mutter. »Eine Girlande kostet nicht die Welt; man kann sie sogar selbst binden. Und eine Lichterkette findet man in jedem Baumarkt. Also wirklich …«
»Chef, das ist eine Sache für die Polizei. Zuerst die Decke und die Handschuhe, jetzt die Girlande. Was kommt als Nächstes? Vielleicht ein Pferd?«
Mein Pa schwieg und starrte auf die Haken, an denen gestern noch die schöne Girlande hing. »Ich frage mich, weshalb die Hunde nicht angeschlagen haben. Hektor kann zwar noch nicht wieder bellen, aber Jash entgeht nichts. Das bedeutet –« Er drehte sich zu uns um, »dass der Hund den Dieb kannte.«
Rese war weiß wie die Milch auf dem Frühstückstisch. Ich wusste, was sie dachte. Ich wusste aber auch, dass sie nichts sagen würde. Nicht konnte; sie hatte ja Angst.
Jedenfalls – für mich war der Fall sonnenklar. »Jash würde nicht bellen, wenn’s einer von uns gewesen wäre. Oder –«, ich zögerte, »einer von den Reitschülern. Oder Clemens. Clemens ist sauer auf dich, Pa. Das weiß ich.«
»Du weißt das, Ally? Und wie steht es mit dir, Therese? Weißt du es auch?«
Wenn Rese Therese genannt wurde, war die Sache ernst.
» W … was, Papi?«, stammelte sie. Das schlechte Gewissen sah man ihr von Weitem an.
»Aha.« Mein Pa machte ein finsteres Gesicht. »Du vermutest also auch, dass einer deiner feinen Freunde der Dieb war.«
Rese hob nur die Schultern.
»Die Diebstähle müssen ein Ende haben«, beharrte Benno. »Ich sag’s noch mal: Was ist, wenn der Dieb noch frecher wird und einem Pferd etwas antut? Oder sogar eines aus der Box entführt?«
»Jetzt mach mal halblang«, fuhr ihn meine Ma an. »Eine Decke, ein Paar Handschuhe und eine Lichterkette sind keine besonders wertvollen Gegenstände. Ein Pferd spielt in einer ganz anderen Liga. Ich glaube nicht, dass unsere Pferde in Gefahr sind.«
»Ne«, stimmte Nick ihr zu. »Ganz bestimmt nicht.«
»Bist du dir da so sicher, Kleiner?«, fuhr Benno ihn an.
»Klar«, antwortete Nick. Mein Bruder ließ sich nicht so leicht einschüchtern. »Weil nämlich – ein Pferd macht Lärm. Die Hufe klappern auf dem gefrorenen Boden, und vielleicht wiehert es. Ne, ein Pferd wird garantiert nicht geklaut.« Er sagte das so sicher, dass wir ihn ganz erstaunt ansahen.
»Weißt du etwas, was wir wissen sollten?«, erkundigte sich meine Ma misstrauisch.
»Iiich? Nö!« Er stopfte die Hände in die Hosentaschen. »Es wäre was ganz anderes, wenn ein Pferd ’ ne Kuh wäre.«
»Wie bitte?«
»Ist doch klar: Kühe kann man melken. Die Milch kann man trinken, man kann Quark daraus machen und Jogis und so. Pferde sind total nutzlose Tiere, was Nahrungsmittel angeht. Außer man schlachtet sie und macht Salami aus ihrem Fleisch. Aber wir reiten unsere Pferde.«
Weil wir ihm völlig verdutzt zuhörten, setzte er flugs hinzu: »Darüber haben wir in der Schule gesprochen. Tiere in Haus und Hof lautete das Thema, glaube ich.«
»Was ist jetzt, Chef? Soll ich die Polizei verständigen?«, erkundigte sich Benno.
»Das hat noch Zeit«, meinte meine Ma energisch. »Wir frühstücken erst mal, dann sehen wir weiter. Einverstanden, Benno?«
»Also ich weiß nicht …« Er kratzte sich am Kopf. »Die Diebstähle fingen an, nachdem der Junge den Hund überfahren und Hofverbot bekommen hat. Das gibt einem doch zu denken, oder?«
Mein Vater schüttelte den Kopf. »Jash, komm mal her!«
Unser Dackel bellte erwartungsvoll und legte sich auf den Rücken. »Du willst gestreichelt werden, obwohl du uns nicht vorm Dieb gewarnt
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