Weihnachtszauber 02
seinen Dienst im Speiseraum versah. Und schließlich würde Rodgers die Nachricht in Lady Eastons Ohr raunen.
Schweigend warteten sie, bis das Mädchen verschiedene Speisen und das Teegeschirr auf dem Tablett arrangiert hatte und hinausgegangen war. Dann spürte Guy wieder Isabellas Blick.
„Würden Sie den Tee einschenken?“, bat er und sank in den Sessel ihr gegenüber.
Gehorsam ergriff sie die Kanne. „Diese Mahlzeit, für nur zwei Personen, würde Hannah als Verschwendung bezeichnen“, erklärte sie und musterte all die Köstlichkeiten.
„Wie geht es ihr?“
„Wahrscheinlich denkt sie, ich müsste in die Irrenanstalt eingeliefert werden.“
Isabella reicht ihm die Tasse, die sie gefüllt hatte.
„Weil sie nicht daran gewöhnt ist, dass Sie – Ihre Launen in die Tat umsetzen?“
Während sie sich selber Tee einschenkte, schaute sie irritiert auf.
„Vorsicht!“, warnte er, weil das heiße Getränk über den Rand der Tasse schwappte.
„Am besten trinke ich meinen Tee aus der Untertasse, so wie Ned“, seufzte sie und lächelte.
Guy stellte seine eigene Tasse ab, hob ihre hoch und drückte eine Leinenserviette auf die Bescherung. Nachdem das Tuch die Flüssigkeit aufgesaugt hatte, legte er es an den Rand des Silbertabletts und hielt Isabella ihren Tee hin.
„Völlig ruiniert.“ Über den Rand der Tasse hinweg schaute sie ihn an und nahm ihren ersten Schluck.
„Die Serviette? Die werden sie sicher waschen.“
„Ihre Dienstboten?“
„Ja.“ Ein neuer Versuch, seine Schuldgefühle zu wecken, die seinen Status betrafen?
„Wenn nicht, kenne ich eine sehr gute Behandlungsmethode für Leinen. Vielleicht sollte Ihre Mutter mir deshalb schreiben.“ In ihren Augen funkelte neue Belustigung, die sie hastig verbarg, indem sie die Wimpern senkte.
„Das werde ich ihr sagen.“
Während sie ihren Tee tranken, entstand ein kurzes, fast verständnisinniges Schweigen.
„Dieser Tee schmeckt ausgezeichnet“, bemerkte Isabella schließlich.
„Danke. Auch das werde ich meiner Mutter mitteilen.“
Noch ein Schluck. Noch ein Blick in Guys Gesicht.
„In Wirklichkeit ...“, begann sie und verstummte.
„In Wirklichkeit?“
„Nicht so wichtig.“ Kaum merklich schüttelte sie den Kopf. „Niemals hatte ich erwartet, wir würden zusammen Tee trinken.“
„Warum nicht? Wir sind doch Freunde, Mrs Stowe, oder?“
„Das glaube ich nicht, Lord Easton.“
„Und ich war so fest davon überzeugt. Tut mir leid, dass es nicht so ist.“
„Mir auch.“ Lächelnd stellte sie ihre Tasse mit der Untertasse auf das Tablett und ergriff ihren Hut. „Danke für den Tee, der meine Lebensgeister geweckt hat. Nun fühle ich mich viel besser. Wären Sie so freundlich und würden Sie jemanden bitten, er soll meine Kutsche vorfahren lassen?“
Als sie sich erhob, stand Guy ebenfalls auf. Über der unberührten Mahlzeit schauten sie sich an.
„Wollen Sie sofort die Rückreise antreten, Mrs Stowe? Unmöglich ...“
„Je früher, desto besser. Das weiß ich jetzt.“
„Wenn Sie darauf beharren, werden Sie sich erkälten.“
„Dann können Sie an meine Seite eilen und mir beistehen“, schlug sie vor und ging zum Kaminsims, um ihre Handschuhe zu holen. Fast ärgerlich schlüpfte sie hinein und drehte sich um. „‚Für Dummheiten muss man bezahlen, meistens mit der kostbarsten Münze, die man besitzt‘, pflegte meine Mutter zu sagen. Bis jetzt wusste ich nicht, wie sie das meinte.“
„Bella ...“
„In meinem Dorf wurde behauptet, Sie seien blind. Ohne mich zu vergewissern, ob das tatsächlich stimmt, fuhr ich quer durch die Grafschaft, um ...“ Zögernd unterbrach sie sich. „Keine Ahnung, was ich vorhatte. Nur eins weiß ich – irgendwie hatte ich das Gefühl, ich müsste zu Ihnen kommen.“ Sie lachte. „Und bei meiner Ankunft treffe ich Sie kerngesund an und störe das Weihnachtsdinner mit Ihrer Familie.“
„Bella ...“
„Und all das ...“ Mit einer vagen Geste umriss sie das Zimmer, das Teetablett und Guy. „ Nichts hat sich geändert.“
„Nichts“, bestätigte er leise. „Würden Sie es vorziehen, es wäre anders?“
Die Frage gab ihr zu denken, und sie runzelte die Stirn.
„Nein“, flüsterte sie schließlich. „Natürlich nicht.“
„Wenn ich blind wäre – würde das einen Unterschied machen? Würde es Ihre Gefühle für mich ändern?“
„Nein.“
„Erst als Sie das annahmen, kamen Sie hierher.“
„Nun, ich dachte ... Keine Ahnung, was ich dachte.
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