Weihnachtszauber 02
Franzosen britische Geheimnisse verraten, würden sie am Galgen enden. Atemlos hingen Sophy und Lydia an seinen Lippen.
Als sie in Portlemouth von Bord gingen, zeigte er auf eine Kutsche, die in einiger Entfernung auf der anderen Straßenseite wartete. „Es wäre mir ein Vergnügen, Sie alle nach Hause zu bringen.“
Überrascht und entzückt lächelten Lydia und Sophy einander an. Seit Jahren waren sie nicht mehr in einer Kutsche gefahren – und noch nie in einem so eleganten Wagen.
„Das ist sehr freundlich von Ihnen, Sir.“ Obwohl ihr Puls raste, gelang es Francesca, ruhig und gefasst zu erscheinen. „Aber wir möchten Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten.“
„Für mich sind es keine Unannehmlichkeiten“, entgegnete er in seiner lässigen, gedehnten Sprechweise. „Und da Lannacombe ziemlich weit entfernt liegt, werde ich Ihre Ablehnung meines Angebots nicht akzeptieren.“
„Nur drei Meilen ...“
„Haben Sie eine richtige Chaise?“, fragte Sophy, und Lydia stieß sie warnend an.
„Mit vier Pferden und einem Kutscher“, antwortete Lord Holberton. „Warm und gut gefedert.“
„Oh ...“, hauchte Sophy.
Er ist nur hier, um Tom zu sehen, sagte sich Francesca. Doch das beeindruckte weder die flatternden Schmetterlinge in ihrem Magen noch ihren Puls, der erneut viel zu schnell pochte.
Plötzlich rollte ein großer Regentropfen über ihre Wange, zwei weitere fielen auf ihren Hut. Sekunden später goss es in Strömen. Die anderen Passagiere, die von Salcombe hierher gereist waren, ergriffen ihr Gepäck und begannen zu laufen, während die Fähre die Flussmündung erneut überquerte.
„Habe ich erwähnt, dass es in meiner Kutsche trocken ist?“, fragte Lord Holberton.
„Danke, Mylord, Ihre Einladung ist hochwillkommen“, sagte Francesca so würdevoll wie möglich.
In aller Eile überquerten sie die Straße, stiegen in den eleganten Wagen, und der Kutscher spornte die vier Pferde an. Jack Holberton und Tom saßen den drei Schwestern gegenüber.
Während der Fahrt wanderte der Blick Seiner Lordschaft immer wieder zu Francesca.
Und da wusste sie, dass Tom sich irrte – Jack Holberton hatte sie beide keineswegs vergessen.
Die Kutschenfahrt erfreute Lydia und Sophy so sehr, dass Francesca glücklich für die beiden war. Inzwischen hatte der Schauer nachgelassen, zwischen den dichten Wolken drang ein Lichtstrahl hervor, der direkt aus dem Himmel zu stammen schien, und malte einen Regenbogen in die graue Dämmerung. An diesem Nachmittag entstand eine ganz besondere Atmosphäre. Klar und lebhaft leuchteten das Braun der Felder und das Grün des Grases. An manchen Stellen bedeckten immer noch welke Herbstblätter den Boden, der feuchte Duft winterlicher Kälte erfüllte die Luft.
Viel zu schnell nahm die Fahrt ein Ende, und die Kutsche hielt vor dem kleinen Cottage in Lannacombe.
„Werden Mama und Anne nicht staunen?“, fragte Lydia.
„Sicher trauen sie ihren Augen nicht“, meinte Sophy, bevor sie, gefolgt von Tom, aus dem Wagen kletterten.
Als Letzte stieg Francesca aus. „Vielen Dank, Sir.“ Immer noch beschämt wegen ihres Verhaltens auf dem Weihnachtsmarkt, schaute sie zu Lord Holberton auf und wusste nicht, was sie sonst noch sagen sollte. Die Augen, die ihren Blick erwiderten, waren nicht schwarz, wie sie es an Bord der „Swift“ vermutet hatte. Stattdessen schimmerten sie in samtigem Braun, und sie spürte die gleiche Verbundenheit wie damals auf dem Boot. Irgendwie gewann sie den Eindruck, diese wenigen Sekunden würden sich zu einer Ewigkeit dehnen.
Und dann brach Lydias Stimme den Bann. „Kann Seine Lordschaft auf eine Tasse Tee hereinkommen, Fran? Darüber würden Mama und Anne sich sicher freuen.“
Schweigend musterte er Francesca, und es gab nur eine einzige Antwort. „Ja, natürlich, wenn es seine Zeit erlaubt ...“
„Danke, das wäre wundervoll“, erklärte er lächelnd.
Jack benahm sich überaus höflich, während er mit Mrs Linden und Francescas dritter Schwester Anne bekannt gemacht wurde. Doch die hagere Gestalt der älteren Frau und die ungesunde Blässe entgingen ihm nicht.
„Sir, Sie sind hochwillkommen in unserem Heim. Möchten Sie eine Erfrischung?
Vielleicht eine Tasse Tee?“ Mrs Lindens Husten erschütterte ihren ganzen zarten Körper.
Sichtlich bedrückt, lauschte Francesca dem Krächzen und Keuchen, und eine eisige Hand schien ihr Herz zusammenzukrampfen – ein beklemmendes Gefühl. „Danke, Madam.“
„Lass mich den Tee holen,
Weitere Kostenlose Bücher