Weil Du an die Liebe glaubst
habe ihm weit Schlimmeres Unrecht angetan als er je mir.«
Er musterte ihr gequält wirkendes Gesicht. »Das ist schwer zu glauben. Tatsächlich sogar unmöglich.«
»Ich weiß, daß alle Colin Vorwürfe machten und mich wegen seiner Frauengeschichten bemitleideten, aber ich war diejenige, die unsere Ehe zu einer Farce machte«, sagte sie mit leiser Stimme. »Er verhielt sich sehr nachsichtig.«
»Ich bin offensichtlich schwer von Begriff. Erkläre mir, was du meinst.«
»Das… das kann ich nicht.« Sie blickte auf ihren Schoß, unfähig, seinen Blick zu erwidern.
Verärgert schritt er durch den Raum. »Um Himmels willen, Catherine, sieh mich an. Findest du nicht, daß ich eine Erklärung verdiene?«
»Doch«, flüsterte sie, »aber… aber ich kann es nicht ertragen, über meine Ehe zu sprechen, nicht einmal zu dir.«
Von Catherine Informationen zu bekommen, war so, als versuche man, Eichenwurzeln aus dem Boden zu ziehen. Es war Zeit für eine andere Taktik. Er legte seine Hand um ihren Nacken und beugte sich, um sie zu küssen, hoffte, daß Verlangen bewirken könnte, was Worte nicht vermochten.
Für einen Augenblick reagierte sie mit verzweifeltem Sehnen. Dann wandte sie sich ab, und Tränen liefen über ihr Gesicht. »Ich kann nicht das sein, was du in mir siehst! Kannst du das nicht einfach akzeptieren?«
In einem fernen Winkel seines Verstandes begann er dunkel zu erahnen, worum es gehen könnte.
»Nein, ich fürchte ich kann das nicht einfach akzeptieren, Catherine. Ich wollte dich, seit wir uns das erste Mal begegneten. Gott weiß, daß ich versucht habe, mich dagegen zu wehren und eine andere zu finden. Aber ich kann es nicht. Wenn ich den Rest meines Lebens unglücklich verbringe, weil ich dich nicht haben kann, wird es zumindest leichter sein, wenn ich verstehe warum.«
Die Freudlosigkeit in ihrem Blick zeigte, wie sehr sie von seinen Worten getroffen war. Er vermutete, daß ihr Widerstand brach, und sagte:
»Das Problem war Sex, nicht wahr?«
Ihre Augen weiteten sich entsetzt. »Woher weißt du das?«
»Es gab Hinweise in dem, was du sagtest.« Er kniete sich vor den Sessel, so daß er sie nicht mehr überragte, und nahm ihre Hände in seine beiden. Ihre Finger waren kalt und bebten. »Und es erklärt, warum du dich zu gedemütigt fühlst, um darüber zu reden. Sag mir, warum du eine Ehe für unvorstellbar hältst. Ich bezweifle, daß du etwas sagen kannst, was mich schockieren wird.«
Sie kauerte sich in einer Ecke des Sessels zusammen, zerbrechlich wie ein Kind, ihre Hände auf ihre Magengrube gepreßt. »Eheliche Intimität ist… ist entsetzlich schmerzhaft für mich«, sagte sie in gequältem Flüsterton. »Es ist verdammt unfair. Ich finde Männer attraktiv. Ich empfinde Verlangen wie jede normale Frau. Aber die Ehe zu vollziehen ist dennoch qualvoll.«
Und das Gefühl zu haben, daß sie abnormal war, mußte noch schlimmer sein als der körperliche Schmerz. Er fragte: »Hast du dich je an einen Arzt gewandt?«
Sie lächelte bitter. »Ich hatte daran gedacht, aber was wissen Ärzte denn davon, wie Frauen gemacht sind? Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, von einem Fremden betatscht zu werden, um als Gegenleistung für dieses zweifelhafte Vergnügen gesagt zu bekommen, was ich bereits weiß: daß ich hoffnungslos deformiert bin.«
»Aber du hast doch ein Kind geboren, also kannst du nicht völlig abnormal sein«, sagte er nachdenklich. »Hat der Schmerz nach Amys Geburt nachgelassen?«
Sie wandte den Blick ab. »Ich wurde sehr bald nach unserer Heirat schwanger und habe das als Vorwand benutzt, um Colin mein Bett zu verbieten. Ich… ich war für ihn nie wieder eine Frau.«
»Zwölf Jahre lang habt ihr ohne eheliche Beziehungen zusammengelebt?« rief Michael aus, unfähig, seine Überraschung zu verbergen.
Sie rieb sich müde ihre Schläfen. »Colin verdiente es weit mehr als ich, als Heiliger bezeichnet zu werden. Wir lernten uns kennen, als ich sechzehn war und er einundzwanzig. Es war für uns beide die erste Liebe, sehr romantisch und nicht sehr tiefgehend. Colin wäre bald von einem anderen hübschen Gesicht fasziniert gewesen, und ich hätte ein paar Wochen lang geweint und hätte dann mein Leben ein wenig weiser fortgesetzt.«
Sie atmete seufzend ein. »Aber meine Eltern starben in dem Feuer und ließen mich allein auf der Welt. Colin hielt ritterlich um meine Hand an, und ich willigte ein, ohne weiter darüber nachzudenken. Ich hatte geglaubt, ich würde die…
die
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