Weil Du an die Liebe glaubst
und fühlte sich, als habe er einen Schlag in den Magen bekommen.
In den Schatten am Ende des Ganges umarmte Colin Melbourne seine Frau. Sein Mund war gierig, und er hatte seine Hand hoch unter ihren Rock geschoben. Catherine war flach an die Wand gepreßt, unsichtbar bis auf ihr dunkles Haar und die blassen Falten ihres Kleides. Während Michael wie gelähmt zuschaute, knöpfte Colin seine Hose auf und drang dann in sie. Sie wimmerte vor Lust.
Michael hatte plötzlich Schwierigkeiten, genügend Luft in seine Lungen zu saugen. Zweifellos mußte man die Melbournes darum beneiden, daß sie nach langjähriger Ehe eine so leidenschaftliche Beziehung hatten, aber sie zusammen zu sehen, verursachte bei ihm Übelkeit. Gott sei Dank waren sie so sehr miteinander beschäftigt, daß sie seine Anwesenheit nicht bemerkten.
Er zog sich zurück, als eine weibliche Stimme kicherte. »Ah, mon capitaine, mon beau Anglais…«
Er erstarrte auf der Stelle, drehte sich dann um.
Colins Stirn war gegen die Wand gepreßt, so daß das Gesicht seiner Partnerin zu sehen war. Die Frau war nicht seine Gattin, sondern eines der belgischen Dienstmädchen, eine dunkelhaarige Dirne, ungefähr von Catherines Größe. Sie hatte ihren Kopf zurückgeworfen, und ihr Mund war offen. Ihre großen, ungleichmäßigen Zähne waren entblößt.
Michaels Gefühl von Übelkeit wurde von einer Flut purer Wut verdrängt. Wie konnte dieser dreckige Bastard seine Frau so betrügen und demütigen, und dies unter ihrem eigenen Dach? Er verdiente es, ausgepeitscht zu werden.
Es kostete Michael seine ganze Beherrschung, sich abzuwenden. Das Blut hämmerte in seinen Schläfen, als er zwei Stufen gleichzeitig nehmend, die Treppe hochstieg. Er hatte auf sein Zimmer gehen wollen, sah aber einen Lichtschimmer unter der Tür von Kenneth. Er klopfte an und ging unaufgefordert hinein.
Sein Freund blickte von einem Brief auf, den er schrieb. »Was ist passiert? Du siehst aus, als hättest du einen Mord gesehen.«
»So fühle ich mich.« Michael warf seinen Tschako so heftig auf das Bett, daß der Federbusch fast abbrach. »Colin Melbourne vergnügt sich unten in der Eingangshalle mit einem der Dienstmädchen.
Gott, hat der Mann denn keinen Anstand?«
»Nicht viel«, sagte Kenneth ruhig. »Ich habe gehört, daß er alles besteigt, was einen Rock trägt. Gewöhnlich ist er ziemlich diskret, aber wenn eine Dirne willig ist, sagt er nicht nein, nicht einmal in seinem eigenen Haus.«
»Wie kann er?« knurrte Michael. »Wie kann überhaupt ein Mann, der eine Frau wie Catherine hat, woandershin schauen?«
»Ich möchte mich nicht erdreisten, Mutmaßungen anzustellen. Aber warum bist du so schockiert?
Die Gesellschaft ist voll von Männern, welche die Moral von Katern haben, und von Frauen, die nicht besser sind.«
Michael durchschritt das Zimmer noch immer erregt, obwohl er wußte, daß Kenneth recht hatte.
»Weiß Catherine, was ihr Mann treibt?«
»Ich wäre sehr überrascht, wenn sie es nicht wüßte. Sie ist eine intelligente Frau, und sie kennt die Welt. In diesem Fall wohl weit besser als du.
Wenn du daran denkst, ihr zu sagen, was du gesehen hast, tu’s nicht. Sie würde dir dafür nicht danken.«
»Du hast vermutlich recht«, sagte Michael widerwillig. »Aber Catherine verdient Besseres, als einen dummen Flegel, der hinter Frauen her ist.«
»Was immer seine Schwächen sein mögen, Melbourne schafft es, seine Frau zu befriedigen.
Es geht dich nichts an, wenn er ein Regiment von Huren hat, Michael.« Kenneth zog seine Brauen zusammen. »Vielleicht sollte ich das wiederholen.
Es geht dich nichts an.«
Michael starrte aus dem Fenster in die Nacht.
Wieder hatte Kenneth recht. Kein Fremder konnte eine Ehe wirklich verstehen, und er hatte kein Recht, sich einzumischen, nicht einmal aus wohlgemeinten Gründen. Gott wußte, daß seine guten Absichten ihn zuvor schon einmal in die Hölle geführt hatten.
Aber dieses Mal war es anders. War es das, oder demonstrierte er nur sein gefährliches Talent für Selbstbetrug? Der heilige Michael zieht aus, um alle mörderischen Drachen zu erschlagen.
Hinter ihm sagte Kenneth leise: »Sie ist verheiratet, Michael.«
»Glaubst du, das sei mir nicht jeden Augenblick bewußt?« sagte er kurz. Er atmete mehrmals tief ein, bevor er sich seinem Freund zuwandte.
»Keine Sorge, ich werde keinen Finger an sie oder ihn legen, was das anbelangt. Ich wünsche einfach nur um ihretwillen, daß ihr Gatte so anständig und ehrenwert
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