Weil ich Layken liebe
danach ausgiebig meiner Frisur. Irgendwann tritt sie einen Schritt zurück und betrachtet ihr Werk.
»Fertig!«, sagt sie zufrieden und dreht mich zum Spiegel.
Ich stehe mit offenem Mund da und kann kaum glauben, was ich sehe. Eddie hat es geschafft, mich innerhalb von wenigen Minuten in eine richtige Schönheit zu verwandeln. Sie hat mir einen lockeren französischen Zopf geflochten, der mir über eine Schulter fällt, während mein Gesicht von weichen Wellen umspielt wird. Der schimmernde braune Lidschatten bringt das Grün meiner Augen zum Leuchten und meine Lippen sind voll und rot, ohne übertrieben geschminkt zu wirken. Ich sehe aus wie meine Mutter.
»Wow! Du hast richtig Talent, Eddie.«
Sie zuckt mit den Schultern. »Ich hatte genügend kleine Schwestern, an denen ich üben konnte.«
Als wir wieder an unseren Tisch zurückgehen, bleibe ich wie angewurzelt stehen. Eddie, die meine Hand hält, sieht sich erstaunt nach mir um und blickt dann zum Tisch, an dem Javi steht und … Will.
»Oh. Sieht aus, als hätten wir Gesellschaft bekommen.« Sie zwinkert mir zu und will weitergehen, aber ich halte sie fest. Meine Beine fühlen sich an, als seien sie plötzlich tonnenschwer.
»Hör zu, Eddie, es ist nicht so, wie du vielleicht denkst.«
Sie sieht mich ernst an und greift dann nach meiner anderen Hand. »Ich denke gar nichts, Layken. Obwohl ich nicht leugnen kann, dass ich eine gewisse … Spannung zwischen euch bemerkt habe.«
»Ist das so auffällig?«
»Ich glaube nicht, dass jemand anderes etwas gemerkt hat, und ich werde garantiert mit niemandem darüber sprechen«, sagt sie und zieht mich weiter.
Als wir am Tisch ankommen, sind alle Augen auf mich gerichtet. Am liebsten würde ich weglaufen.
»Hey, Chica.« Javi zwinkert mir zu. »Du siehst verdammt heiß aus.«
Gavin wirft ihm einen wütenden Blick zu und grinst mich dann an. »Hat Eddie dich in den Fingern gehabt?« Er legt einen Arm um ihre Taille und zieht sie auf seinen Schoß. Nick deutet auf den freien Stuhl ihm gegenüber und ich setze mich dankbar. Als ich Will einen verstohlenen Blick zuwerfe, sehe ich, dass er lächelt, und werde sofort rot. Er findet mich hübsch.
»Okay, wir haben noch vier Kandidaten in der ersten Runde.Unser nächster Slammer heißt Eddie«, verkündet der Moderator und sieht sich im Saal um. »Wo steckt er?«
Eddie steht auf und hebt die Hand. »Hier! Und er ist eine Sie !«
»Oh, sorry. Mein Fehler. Dürfte ich Sie auf die Bühne bitten, Miss?«
Eddie drückt Gavin einen schnellen Kuss auf die Lippen und läuft dann selbstbewusst lächelnd die Stufen zur Bühne hoch. Javi lässt sich auf den Stuhl links von mir fallen, sodass nur noch der rechts von mir frei ist. Will zögert einen Moment, bevor er einen Schritt auf mich zugeht und sich schließlich setzt.
»Wie heißt dein Stück, Eddie?«, fragt der Moderator.
Sie beugt sich zum Mikrofon vor und sagt mit fester Stimme: »Rosa Luftballon.«
Sobald der Moderator in den Hintergrund der Bühne getreten ist, hört Eddie auf zu lächeln und scheint sich ganz in sich selbst zurückzuziehen.
Ich hieß Olivia King.
Und damals war ich fünf Jahre alt.
Meine Mutter hatte mir einen Luftballon gekauft.
Ich weiß noch genau, wie sie damit zur Tür reinkam.
Der Ballon wurde von einer rosa Schnur gehalten,
die sie um mein Handgelenk knotete, während sie vor mir kniete.
»Schau mal, Livie«, sagte sie. »Ich hab dir was mitgebracht.«
Sie nannte mich Livie.
Ich weiß noch genau, wie ich mich gefreut habe.
Mein erster Luftballon! Die gab es auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt zu kaufen und ich hätte nie zu träumen gewagt, dass ich eines Tages auch mal einen geschenkt bekommen würde.
Wie die anderen Kinder.
Von meiner Mutter.
Meinen ganz eigenen rosa Luftballon.
Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war! Wie glücklich!
Meine Mutter hatte mir etwas mitgebracht!
Sie hatte mir noch nie etwas mitgebracht!
Ich spielte stundenlang mit meinem neuen Luftballon und er tanzte und wippte und schwebte über mir.
Und während ich ihn hinter mir her durchs Haus zog, überlegte ich, was ich ihm alles zeigen könnte.
Das Wohnzimmer, die Wäschekammer, den Wandschrank, die Küche, das Bad. Ich brachte ihn von Zimmer zu Zimmer. Mein neuer bester Freund sollte alles sehen.
Auch das Zimmer meiner Mutter …
… obwohl ich da eigentlich nicht reindurfte, wenn die Tür zu war.
Ich weiß noch, wie ich mir die Ohren zuhielt, als sie mich anbrüllte und sich die Nase
Weitere Kostenlose Bücher