Weil sie sich liebten (German Edition)
Imbiss. Er versteckte die leere Weinflasche, öffnete den Kühlschrank und
nahm zwei Stück Käse heraus. Er packte sie aus und legte sie auf ein
Frühstücksbrett. Als er gerade ein Glas Oliven öffnete, kam Meg zur Tür herein.
Sie zog ihren Mantel aus und ließ ihn einfach zu Boden fallen;
stellte ihre Aktentasche darauf nieder; schleuderte die Schuhe von den Füßen.
»Ich brauche dringend etwas zu trinken«, sagte sie.
»Rot oder weiß?«
»Weiß ist okay.« Sie musterte das karge Mahl auf der Anrichte. »Ist
wenigstens gutes Brot da?«, fragte sie, schon mit Vorwurf in der Stimme. Wenn
einer von ihnen spät nach Hause kam, wurde zwar kein mehrgängiges Abendessen
erwartet, aber ein anständiger Imbiss, vielleicht nach Art eines französischen
Picknicks, war gewiss nicht zu viel verlangt.
Mike hoffte von Herzen, dass Brot da war. Er fand einen steinharten
Viertellaib in einer Schublade, schnitt mit Mühe eine Scheibe ab und schob sie
in den Toaster. Er holte eine Flasche
Pinot Grigio aus dem Kühlschrank und öffnete sie in der Hoffnung, ein Glas guten
Weins würde Meg besänftigen. Er schenkte ihr ein großes Glas ein.
»Oho, sind wir aber großzügig heute Abend«, spottete sie.
»Du siehst ganz erledigt aus. War wohl schwierig, die Besprechung?«
»Endlos lang, kaum auszuhalten und völlig unnötig«, antwortete sie.
Forschend sah sie ihren Mann an. »Du siehst auch nicht gerade glänzend aus«,
fügte sie hinzu und neigte den Kopf zur Seite. »Du hast getrunken, hm?«
Mike nickte langsam. »Stimmt.«
»Wo?«
»Ich bin mit Coggeshall was trinken gegangen.«
»Du kannst Coggeshall doch nicht ausstehen«, entgegnete sie.
»Deswegen musste ich ja so viel trinken.«
»Was wollte er?«
»Frag mich was Leichteres«, sagte Mike. »Vorgeblich ging es um
gewisse Kollegen, die die Anforderungen nicht erfüllen. Nicht um dich.«
»Hm, ich glaube, Larry bewegt sich auf dünnem Eis«, sagte sie.
Mike nickte stumm und urteilte einen Mann ab, dem er kaum je einen Gedanken
gegönnt hatte. Er war betrunken. Oder beinahe. Aber so betrunken er war, diese
elektrischen Impulse, dieses erregte innere Flattern hatte er nicht abstellen
können.
Meg musterte erneut das magere Mahl. »Das ist alles?« fragte sie.
»Ich bin selbst gerade erst gekommen«, erklärte Mike. »Ich mache uns
einen Salat.«
»Nein, jetzt nicht«, entgegnete sie. »Ich möchte mit dir reden.«
Mike bekam einen kleinen Schrecken. »Worüber?«
»Setz dich«, sagte Meg kurz. Sie setzte sich auf einen Stuhl am
Küchentisch. Mike blieb an die Anrichte gelehnt stehen.
»Ich möchte ein Kind«, erklärte Meg mit der ihr eigenen Direktheit.
»Du kannst Kinder doch nicht ausstehen«, versetzte Mike zu schnell.
»In der Masse nicht. Einzeln schon.«
Mike verstand genau, tat aber so, als müsste er erst überlegen, und
runzelte die Stirn.
»Ich bin dreiundvierzig«, sagte sie. »Ich habe keine Zeit mehr zu
verlieren.«
Sie schien entschlossen zu sein. Würde sie verlangen, dass er ihr
gleich hier in der Küche zu Diensten war? Oder nachher im Schlafzimmer? Der
kleine Schrecken, der Mike durchzuckt hatte, setzte sich fest.
»Du hast dir doch bestimmt auch deine Gedanken gemacht«, sagte sie,
gereizt wegen seines Schweigens.
»Ich dachte, wir hätten uns gegen Kinder entschieden«, erwiderte er.
»Das war vor fünf Jahren.« Sie hielt ihr Weinglas hoch, um sich
nachschenken zu lassen. Er merkte plötzlich, dass er nicht betrunken genug war.
Er goss Meg noch einmal großzügig ein und sich selbst ebenfalls.
»Kann ich Bedenkzeit haben?«, fragte er. »Nur ein paar Tage.«
»So etwas weiß man instinktiv«, sagte sie. »Du brauchst bestimmt
keine paar Tage. Und wie du sehr wohl weißt, läuft meine biologische Uhr immer
schneller.«
»Louise hat ihr erstes Kind mit fünfundvierzig bekommen«, wies er
Meg auf eine Kollegin hin.
»Und ich weiß noch, dass ich damals dachte, eine Sünde, wenn der Junge zwanzig ist, ist sie
schon fünfundsechzig.«
»Und du bist dreiundsechzig, wenn dein Kind zwanzig wird«, rechnete
er laut und bereute die Lieblosigkeit sogleich.
»Ich sehe bestimmt mit dreiundsechzig auch noch gut aus«, sagte sie.
Und da hatte sie recht. Man musste es ihr lassen, sie war in
blendender körperlicher Verfassung.
»Wieso hast du es dir plötzlich anderes überlegt?«, erkundigte er
sich vorsichtig.
»Ich habe keine Lust mehr, dauernd anderer Leute Kinder zu erziehen.
Die Zeit würde ich lieber unseren eigenen Kindern
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