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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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beim Treppensteigen ihre Hilfe. Als sie wieder an den Apparat kam, war sie kurz angebunden.
    »Natalie, mein Schatz, ich muss los. Ich liebe dich. Du bist wie eine Tochter für mich. Aber ich frage dich: Warum tust du dir das an? Weißt du? Warum machst du dir das Leben unnötig schwer?«
    Gleich nach der Scheidung, als Natalie noch nicht klar war, wie wenig Geld ihr letzten Endes bleiben würde, hatte sie fünfzig Dollar bezahlt, um an einem sogenannten Karriereförderungsseminar teilzunehmen. Für ihr Geld hatte sie einen Lunch, inklusive Salat und Nachspeise, eine laminierte Liste erfolgsfördernder Mantras und stundenlang Ratschläge bekommen, die im Großen und Ganzen alle auf den Lieblingssatz des Seminarleiters hinausliefen: Tu, was du gern tust, und das Geld kommt von allein.
    Die anderen Frauen im Publikum wirkten ermutigt. Natalie schien die Einzige zu sein, die wusste, dass diese Formel nicht unbedingt immer aufging.
    All die Jahre, als die Mädchen klein waren, hatte sie getan, was sie gern tat. Sie war mit Leib und Seele Mutter gewesen. Sie hatte ihre kleinen Töchter an jedem Tag der Woche getröstet, angezogen, gebadet und erzogen, weil sie glaubte, sie könne das alles liebevoller tun als irgendjemand sonst auf der Welt. Und sie hatte all das geliebt - wenigstens fast alles: die Spaziergänge im Park, die Wintertage im Haus, Schneemänner bauen und Sockenpuppen basteln. Wenn die Mädchen in der Grundschule Ausflüge machten, meldete sie sich freiwillig, um Wasserballons zu verteilen oder Frisbees zu holen. Ihre Töchter schienen dann so froh zu sein, sie dabeizuhaben, dass sie die anderen Kinder bemitleidete, deren Eltern nicht dabei waren - entweder weil sie nicht konnten oder weil sie nicht wollten. Sie war glücklich, dass weder das eine noch das andere auf sie zutraf. In diesem Punkt - wie auch in vielen anderen Dingen - hatte ihre Schwiegermutter recht gehabt.
    Später, in den Jahren, als beide Hilfe brauchten, verbrachte sie viel Zeit mit Leni und auch ihrer eigenen Mutter. Natalie hätte nicht gesagt, dass sie die Zeit liebte - nicht so, wie sie die Jahre mit ihren Kindern geliebt hatte -, aber sie war dankbar, dass sie für die beiden da sein konnte. Niemand sonst hätte sich so liebevoll um diese beiden alten Frauen gekümmert. Die Angestellten im Heim übernahmen das Heben und Tragen, und dafür war sie auch dankbar, aber nur sie saß zwei Wochen am Bett ihrer Mutter, als es zu Ende ging. Für so etwas konnte man niemanden anstellen. Und sie war auch bei Leni, als ihr Ende kam, und das war gut, denn welche bezahlte Pflegerin hätte so viele Stunden hintereinander gewacht und sich genug gesorgt, um die Krankenschwester zu suchen und sie daran zu erinnern, dass Mrs. von Holten wirklich mehr Morphin bräuchte, jetzt gleich, BITTE?
    Wenn das nicht Liebe war, was dann?
    Und doch, was war aus ihr geworden?
    Es war schwer zu sagen, was Leni - wenn sie noch am Leben gewesen wäre - gesagt hätte, wenn sie Natalie an diesem Tisch mit ihrem koffeinfreien Kaffee und ihren Stellenangeboten gesehen hätte. Vielleicht hätte sie Mitleid gehabt. In den letzten Jahren ihres Lebens stand Natalie ihr näher als ihr eigener Sohn. Und sie schien zu spüren, dass etwas nicht in Ordnung war. Das Ausmaß ihrer Demenz variierte von Tag zu Tag. Manchmal fragte sie immer wieder, ob Natalie glücklich war, ob Dan ein guter Ehemann war und ob ihre Ehe noch intakt war.
    »Ja«, antwortete Natalie dann immer, denn warum sollte sie die alte Frau unnötig beunruhigen? Und warum sich selbst beunruhigen? War sie glücklich? Im Allgemeinen ja. Sie fühlte sich wohl. War Dan ein guter Ehemann? Im Grunde ja. Es hing davon ab, welchen Maßstab man ansetzte. War ihre Ehe immer noch intakt? Ja. Eigentlich war sie wie ein Zug, der einen leichten Abhang hinunterrollte. Er brauchte nicht viel Energie, fuhr einfach weiter. Es musste etwas geschehen, um ihn zum Anhalten zu bringen.
    Und dann eines Tages, mitten in diesem schmerzhaften Jahr nach dem Tod ihrer Mutter, kam sie vom Supermarkt heim und fragte Dan, ob er sie als eigenständige Person wahrnahm. Sie war sich nicht sicher, was sie dazu brachte - was genau sie aufgerüttelt hatte. Der Tod ihrer Mutter hatte sie ruhelos gemacht, bereit, Dinge in dem Moment auszusprechen, in dem sie ihr durch den Kopf gingen. Und als sie an diesem Tag vom Supermarkt nach Hause fuhr, war Natalie bewusst geworden, dass Dan ihr gar nicht richtig zuhörte, wenn sie mit ihm redete. Er erzählte ihr

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