Weil wir glücklich waren - Roman
Messer wie in Knastfilmen?«
»Das ist nicht witzig. Er ist gruselig.«
»Er flucht gern, das habe ich schon mitbekommen. Am Telefon hat er schlimme Wörter benutzt.« Sie hielt Bowzer fest, als sie das Lenkrad drehte. »Soll mir das etwa Angst machen? Seine große Klappe?« Sie schüttelte den Kopf und schürzte die Lippen. »Ich habe absolut genug von Leuten, die so reden.« Am Ende einer Autoschlange blieben wir stehen. »Und wer ist diese Simone? Seine Freundin? Eine Gangsterbraut, hm?«
»Es ist Haylie. Simone ist Haylie Butterfield. Erinnerst du dich? Ich habe dir erzählt, dass sie ihren Vornamen in Simone geändert hat. Sie ist Jimmys Freundin - und sie ist jetzt auch eine von den Bösen.«
Meine Mutter drückte Bowzers Kopf nach unten, um mein Gesicht sehen zu können. »Die kleine Haylie Butterfield? Das Mädchen, mit dem du früher gespielt hast?« Sie hielt ihre Hand direkt unter ihre Schulter - wie ich annahm, um zu zeigen, wie groß die kleine Haylie Butterfield ungefähr gewesen war, als meine Mutter noch mit ihr zu tun gehabt hatte.
Ich nickte.
»Sie war in deiner Pfadfindergruppe!«
Sie wirkte erschüttert. Obwohl Bowzer immer noch auf ihrem Arm lag, fuhr sie gut, aber ihr Kiefer war angespannt und ihre Augen waren weit aufgerissen. Als Haylie und ich in die vierte Klasse gingen, war meine Mutter unsere Gruppenführerin gewesen. Die Treffen fanden normalerweise in unserem Keller statt. Die Fensterluken ließen genug Tageslicht herein, trotzdem ließ meine Mutter alle fünfzehn Kinder in die Küche, damit wir uns unsere Abzeichen für Sicheres Kochen verdienen konnten. Natürlich hatte meine Mutter ihre Pflichten als Gruppenführerin sehr ernst genommen. Sie organisierte Keksverkäufe, Erste-Hilfe-Kurse und den Besuch auf einer Farm, wo Blindenhunde ausgebildet wurden, und sie lernte sieben verschiedene Arten, Knoten zu binden, damit sie es uns beibringen konnte. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass sie sich die Lieder am Lagerfeuer - mit ihren eingängigen Texten über Loyalität und Freundlichkeit - so sehr zu Herzen genommen hatte, dass sie Haylie Butterfields Missachtung der Pfadfinderwerte noch Jahre später derart aus der Fassung brachte.
Wir waren beim Gemeinschaftszentrum angekommen. Sie lenkte den Wagen in eine Lieferzone, direkt an den Bürgersteig. Ich holte mein Handy heraus, wählte aber nicht.
»Mom«, sagte ich so sanft wie möglich. Meine Kehle war wie zugeschnürt. »Ich will nicht, dass du ihnen begegnest. Du kannst genauso gut mit Bowzer im Gemeinschaftszentrum warten, während ich sie nach Hause fahre. Mom, das habe ich angestellt. Ich hab's vermasselt. Ehrlich, du hilfst mir schon genug, wenn du mir den Van borgst.«
Sie schien mir zuzuhören, aber als ich fertig war, schüttelte sie bloß den Kopf. »Jeder macht mal Fehler«, sagte sie. »Er schikaniert dich. Das ist nicht in Ordnung.«
»Ich glaube nur, dass du im Moment nicht in der besten Verfassung bist.« Wieder versuchte ich, sanft zu sprechen, weil ich ihre Gefühle nicht verletzen wollte. »Ich weiß nicht, ob du eine große Hilfe sein kannst bei ... bei allem, was du sonst noch am Hals hast.«
Sie wandte den Blick ab und blinzelte hastig, sodass ich dachte, sie würde gleich weinen. Aber sie holte nur tief Luft und starrte auf die Windschutzscheibe, wo sich die Scheibenwischer hin- und herbewegten.
»Da bin ich anderer Meinung«, entgegnete sie. »Ich finde, dass es ein ausgezeichneter Zeitpunkt ist, um dir zu helfen. Weil du falschliegst. Ich habe im Moment nichts anderes zu tun. Nichts Wichtiges. Nichts Gutes.« Sie schaute Bowzer an und strich mit einer Hand über seinen Rücken. »Ich weiß, dass du Mist gebaut hast. Und ich weiß, dass du nicht schuldlos bist. Aber ich will nicht, dass irgendjemand so mit dir spricht.«
Ich nickte langsam, den Blick auf sie geheftet. Sie sah mich an und zuckte die Achseln. Obwohl ihre Worte deprimierend waren, machte eine gewisse Härte, die ich in ihren Augen entdeckte, mir ein wenig Mut.
Jimmy schien unschlüssig zu sein, ob er hinten einsteigen sollte. Meine Mutter hatte bereits auf den kleinen Knopf am Lenkrad gedrückt, um die seitliche Schiebetür zu entriegeln und zu öffnen. Aber er stand einfach da, im Regen, eine kleinere Version seiner selbst in meinem Seitenspiegel, seine Schultertasche auf dem Kopf. Er schien Bedenken wegen all dem Zeug zu haben, das hinten lag: die Lampen, der Beutel mit Hundefutter, die Pappkartons ... Haylie, die ein paar Schritte
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