Weil wir glücklich waren - Roman
seinem Haus führte. Ihr Orientierungssinn war schon immer gut gewesen. »Verstehen Sie? Schieben Sie es auf Fehleinschätzungen aller Beteiligter. Das Leben ist nicht gerecht, Jimmy. Manchmal muss man einfach ein paar Verluste einstecken und weitermachen.«
Ich hielt den Atem an und beobachtete den Regen, die Pfützen, die in den Schlaglöchern blubberten.
»Wow. Diese Einstellung ist ja so was von Zen, Mom.« Seine Worte waren abgehackt. »Toll. Jetzt kennen wir Ihre Meinung. Wie wär's damit: Ich lade ein paar Freunde in Ihr Haus ein. Mal sehen, wie Sie damit fertig werden.« Er beugte sich vor. Ich spürte, wie eine seiner Hände meine Rückenlehne packte. »Ich kann herausfinden, wo Sie wohnen.«
Sie sah in den Rückspiegel und lächelte. »Da müssen Sie aber ganz schön auf Draht sein.«
Er begriff natürlich nicht, was sie meinte - trotz all der Möbelstücke und Kartons im Wagen.
»Seien Sie sich nicht zu sicher«, sagte er. »Ich kenne eine Menge Leute. Leute, für die Türen und Gegensprechanlagen kein Problem sind. Innerhalb eines Tages kann ich herausfinden, wo Sie wohnen.«
Sie bog um eine Ecke und warf mir einen Blick zu, immer noch grinsend, mit weit aufgerissenen Augen und hochgezogenen Augenbrauen. »Okay. Fein. Wenn Sie es wissen, sagen Sie mir Bescheid.« Einen langen Moment herrschte Schweigen. Und so unglaublich es auch war, ich fing an, albern zu lachen.
»Ach, ihr findet das komisch?«
Ich hörte auf. Meine Mutter spähte mit leicht schief gelegtem Kopf in den Rückspiegel, als würde sie tatsächlich über die Frage nachdenken. »Das nicht«, sagte sie. »Das eigentlich nicht. Es ist nicht komisch. Aber einiges andere schon.«
Ich saß ganz still, wartete ab und versuchte, mich zu erinnern, was ich in dem Selbstverteidigungskurs auf der Highschool gelernt hatte. Falls Jimmy auf mich losging und um meinen Sitz griff oder falls er auf sie losging, würde ich meinen Schlüssel vom Wohnheim zwischen meine Finger klemmen und damit so hart zuschlagen, wie ich konnte. Ich würde direkt auf den Bolzen in seiner Nase zielen - oder vielmehr auf die wunde, gerötete Haut darum herum. Ich würde Bowzer auf die Fußmatte legen, zwischen meine Füße, und meine Ellbogen wie eine Lanze gebrauchen.
»Das ist gequirlte Scheiße. Wissen Sie das?« Sein Knie bohrte sich wieder direkt hinter meinem Rückgrat in den Sitz. »Mir reicht's. Ich habe versucht, nett zu sein, aber jetzt reicht's. Mein Auto ist am Freitag fertig. Bis dahin nehme ich mir einfach ein Taxi.« Er beugte sich vor und schaute mich an. »Und du wirst es bezahlen. Du. Nicht ich.«
»Sie hat kein Geld.« Meine Mutter beugte sich vor und wischte mit dem Rücken ihres Handschuhs die beschlagene Windschutzscheibe frei. Sie hatte die Lüftung voll aufgedreht, aber bei all dem Gerede und Bowzers ständigem Keuchen waren sämtliche Fenster feucht angelaufen. »Sehen Sie?« Sie zeigte hinter sich, auf den hinteren Teil ihres Wagens. »Ich habe auch kein Geld. Man kann kein Blut aus einem Stein quetschen, Jimmy. Ich weiß nicht, ob es fair ist oder nicht, aber so ist es nun mal.«
Er brüllte noch mehr und rutschte unruhig auf dem Sitz hin und her. Meine Mutter beobachtete ihn aufmerksam im Rückspiegel, als wäre er eine Tüte mit Lebensmitteln, die umzukippen drohte. Aber wir waren fast da, fuhren schon am Golfplatz vorbei. Regen klatschte auf das matschige Gras, und die sanft geschwungenen Grasflächen waren menschenleer. Haylie starrte unverwandt aus dem Seitenfenster. Und Bowzer - geschützt durch seine alten Ohren und seine Senilität, glücklich in seiner Ahnungslosigkeit - lag ruhig auf meinem Schoß.
Wir fuhren in die Auffahrt. Noch bevor der Wagen stehen blieb, fing Jimmy an, an der Tür zu zerren.
»Ich will raus«, fluchte er. »Ich will aus diesem stinkenden Scheißwagen raus!«
»Einen Moment.« Meine Mutter drehte sich um. »Rufen Sie meine Tochter nicht mehr an. Sie kann Ihnen nicht helfen. Sie hat kein Auto.«
Er versuchte immer noch, gewaltsam das Schloss zu entriegeln, indem er mit der Hand darauf schlug. Ich drehte mich halb nach hinten. Haylie saß völlig regungslos da und starrte immer noch aus dem Seitenfenster.
»Ich behalte Ihr Handy«, drohte er. »Ich gebe es nicht zurück.«
Er klang armselig. Er klang wie ein kleiner Junge. Vielleicht hatte er schon die ganze Zeit so geklungen, aber ich hörte es jetzt erst. Ich drehte mich komplett zu ihm um. »Du klaust das Handy meiner Mutter?«
»Scheiße, dreh dich
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