Weil wir glücklich waren - Roman
Haylie?« Meine Mutter blickte kurz über die Schulter.
Natürlich erhielt sie keine Antwort. Ich ging davon aus, dass meine Mutter nicht absichtlich gemein sein wollte. Wahrscheinlich hatte sie einfach wirklich vergessen, dass Haylie ihren Vornamen geändert hatte. Ich wandte leicht den Kopf, gerade weit genug, um Haylies Gesicht zu sehen. Sie trug knallroten Lippenstift, der ihre blassen Wangen betonte und zu ihrem Regenmantel passte. Aber sie fröstelte und starrte aus dem Fenster, die Arme fest vor der Brust verschränkt.
»Scheiße, wer ist Haylie?«, fragte Jimmy.
Sie schaute erst ihn, dann mich an und dann wieder aus dem Fenster. Es hätte mir wahrscheinlich eine Genugtuung sein sollen, aber sie sah so elend aus, dass mir der Anblick nur peinlich war.
»Haylie?« Meine Mutter drehte den Rückspiegel in ihre Richtung. »Entschuldige, hast du mich gehört? Ich habe gefragt, wie es deiner Mutter geht.«
Ich sah meine Mutter an und schüttelte den Kopf. »Simone«, erinnerte ich sie. »Sie heißt jetzt Simone.«
»Oh! Stimmt, entschuldige. Simone? Wie geht es deiner Mutter denn so? Ich habe nicht mehr mit ihr geredet, seit ...«, die Augen leicht gesenkt schaute sie über die Schultern, »... seit sie umgezogen ist. Aber ich habe oft an sie gedacht. Und an deinen kleinen Bruder. Wie alt ist er jetzt, vierzehn? Wo geht er zur Schule?«
»Es geht ihnen gut«, antwortete Haylie. Sie klapperte mit den Zähnen.
Meine Mutter wartete.
Haylie räusperte sich. »Er ist in Oregon«, sagte sie schließlich. »Er lebt bei meiner Tante.«
Jetzt stellte meine Mutter keine Fragen mehr. Sie schien genauso wie ich begriffen zu haben, dass es Haylies Mutter wahrscheinlich nicht besonders gut ging, wenn Haylies jüngerer Bruder bei Verwandten lebte. Es war erst ungefähr fünf Jahre her, dass Haylies Bruder, als Roboter verkleidet, an Halloween vor unserer Tür gestanden hatte, um Süßigkeiten zu fordern. Haylies Vater, damals noch nicht wegen Veruntreuung angeklagt, hatte mit einer Videokamera auf dem Bürgersteig gestanden. Keiner von ihnen - auch Haylie und ihre Mutter nicht - hätte ahnen können, wie sehr sich bald alles für sie verändern sollte.
»Noch mal.« Jimmy klang müde und gereizt. »Wer ist Haylie, verdammte Scheiße?«
»Entschuldigung«, sagte meine Mutter und warf ihm einen kurzen Blick zu. »Aber Sie sollten besser auf Ihre Sprache achten.«
Ich hielt den Atem an. Wenn er - eingesperrt auf dem Rücksitz, mit Kindersicherung und allem - wütend wurde und um sich schlug, würde ich es wahrscheinlich abbekommen. Theoretisch konnte er über den Sitz greifen und mir einen Schlag auf den Kopf geben oder fest an meinem Sicherheitsgurt reißen. Ich fragte mich, ob meine Mutter an eine dieser Möglichkeiten gedacht hatte.
»Danke für die Lektion, Mrs. Alte Schachtel. Aber an Ihrer Stelle würde ich mir eher Sorgen darum machen, dass Ihr egoistisches Miststück von Tochter keinen Respekt vor dem Eigentum anderer Leute hat.«
Wir blieben an einer Ampel stehen. Meine Mutter drehte sich um und schaute ihn wieder an.
»Hier«, sagte sie ruhig und nahm beide Hände, um Bowzer hochzuheben und über den Schaltknüppel auf meinen Schoß zu legen. Vielleicht strengte es sie einfach nur an, mit seinem Gewicht auf ihrem Arm Auto zu fahren, aber ich denke, sie wollte den Hund aus Jimmys Blickfeld haben, der sie von hinten mit seinem Blick fixierte.
Die Ampel sprang um. Bowzer rutschte zurück, als wir anfuhren. Ich legte beide Arme um ihn, den rechten unter sein Kinn. Mir war klar, dass ich Hundehaare auf meinem Mantel haben würde. Außerdem roch er so schlecht, dass ich durch den Mund einatmen musste. Aber er war taub und nahm Jimmy überhaupt nicht zur Kenntnis, und ich fühlte mich durch seine Nähe und seine langen, zufriedenen Seufzer getröstet.
»Sie hatte wegen des Eissturms einen Unfall.« Meine Mutter schaute in den Rückspiegel. »So was kommt vor.«
»Hm.« Ich konnte an Jimmys Stimme hören, dass er sich weiter nach hinten lehnte. »Und eine Party zu veranstalten und mein Haus zu verwüsten? Kommt so was auch einfach vor? Ich sehe schon, woher sie ihre Moralvorstellungen hat. Es ist scheißviel verschwunden, okay? Zum Beispiel CDs im Wert von dreihundert Dollar. Kommt das auch einfach so vor?«
Meine Mutter sah zu mir. Ich war unter die Kopflehne gerutscht, deshalb traute ich mich, leicht den Kopf zu schütteln.
»Damit werden Sie wohl fertig werden müssen.« Sie bog auf die Hauptstraße, die zu
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