Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
Telefon im Vorzimmer. Ihre Freundinnen haben dafür gesorgt, dass sie sich umgezogen hat. Einfacher schwarzer Rock, schwarzer Pullover.
„Ich muss absagen. Persönliche Gründe. Was? Nein, glauben Sie mir, es geht nicht.“ Sie hört zu, was die Stimme am anderen Ende sagt, holt Luft, zögert: „Mein Mann … ist umgekommen.“
Wir sehen uns an und ich habe das Gefühl, gleich wird sie zu weinen beginnen, aber sie legt bloß auf und schluckt und sagt: „Wie sollte ich morgen Abend zur Weinstraßensitzung gehen?“
„Wie oft ist … Ihr Mann joggen gegangen? War es immer dieselbe Strecke?“
Der Hauch eines Lächelns, die Augen bleiben traurig. „Drei-, viermal die Woche, immer dieselbe Strecke, immer sehr zeitig in der Früh, damit niemand sagen kann, der joggt, statt zu arbeiten. Es hat sowieso welche gegeben, die sich den Mund über ihn zerrissen haben.“
„Der Hund hat ihn begleitet?“
„Ja, immer. Auf Hans hört er zumindest einigermaßen. Und dort draußen beim Wald ist um die Zeit niemand unterwegs, außerdem tut Reblaus dem Wild nichts. Das wissen wir inzwischen.“
„Das durchgeschnittene Computerkabel zum Steuerungssystem, haben Sie eine Ahnung, wer das gewesen sein könnte? Hat Hans etwas herausgefunden?“
„Sie meinen …“ Eva Berthold verstummt.
„Keine Ahnung.“ Ich weiß nur, ich muss etwas sagen, sonst ersticke ich an dem Kloß im Hals.
„Er hat sich sehr darüber geärgert, hat an den Aichinger, den Nachbarn, gedacht, aber der kann doch nicht … “
„Hat es in den letzten Tagen irgendeinen Konflikt gegeben? Einen heftigen Streit? Seine Arbeiter …“
Die Winzerin schüttelt heftig den Kopf. „Sie mögen … sie haben ihn sehr gemocht, beinahe verehrt. Vaclav hat daheim auch ein paar Weingärten, er hat viel von Hans gelernt. Dass Hans manchmal etwas laut geworden ist, hat mit seinem Temperament zu tun. Das wissen alle, man nimmt es ihm nicht übel. Nahm …“ Sie sieht mich an. „Ich kann’s nicht glauben. Sie müssen herausfinden, was geschehen ist, Sie haben ihn kennen gelernt. Sie können das.“
Ich muss sie fragen. „Sie halten es … für Mord?“
Aussprechen kann Eva Berthold es nicht, aber sie nickt.
Die beiden uniformierten Polizeibeamten versuchen aus Ana irgendetwas herauszubekommen, aber sie schluchzt nur: „Weiß nix, weiß nix, ist in Früh weg, der Chef.“ Dann folgt ein slowakischer Schwall von Klagen.
Der Ältere der beiden fixiert mich: „Wer sind eigentlich Sie?“
„Eine Freundin des Hauses. Und Sie?“
Er bläst sich auf. „Hach, Gendarmerie Mistelbach.“
„Wissen Sie, dass letzten Freitag das Computerkabel im Weinkeller gekappt wurde?“
Jetzt habe ich die volle Aufmerksamkeit der beiden. Martina bringt sie zum Keller, sagt, sie wolle auch etwas tun, sie sei kein Kind mehr. Um Eva kümmern sich ihre Freundinnen, ich möchte vor der Polizei mit den Nachbarn reden. Weitertun. Ich öffne die kleine Tür im Tor, zwei Fotografen liegen auf der Lauer, wollen herein. Ich gehe wieder in den Hof, bitte Vaclav, hinter mir abzuschließen. Versuch Nummer zwei. Ich reagiere nicht auf das Blitzlicht, gehe die Straße entlang. Was wollen sie auch mit Fotos von mir? Ich öffne das Tor zum Hof der Nachbarn.
„Lassen Sie uns in Ruh’!“, kommt es aggressiv aus der halb geöffneten Haustüre, dann wird sie heftig zugezogen. Aichinger persönlich, er, der mir letzte Woche noch nahe gelegt hat, den Wein lieber bei ihm zu kaufen. Er denkt, ich bin eine Reporterin, geht es mir durch den Kopf. Mira, du bist eine Reporterin. Aber keine, die so wie die anderen hinter dieser Story her ist. Bin ich nicht? „Der Tod des Starwinzers.“ Nein. Ich will nicht die Sensation, ich will … die Wahrheit. Warum? Sie macht ihn nicht mehr lebendig. Wütend gehe ich auf die Tür zu, klopfe laut, schreie zurück: „Glauben Sie, man weiß nicht von Ihrem Neid auf Berthold?“
Die Türe öffnet sich langsam, ein rotes Gesicht. „Neid? Dass ich nicht lache. Ich verklag’ den, der sowas …“ Jetzt erst dämmert ihm, dass er mein Gesicht kennt.
„Ihr Winzerkollege war eben besser als Sie.“ Vielleicht hilft es, den Choleriker zu provozieren.
„Ein Kollege war das?“ Er spuckt mir tatsächlich vor die Füße. „Das war kein Weinbauer mehr, das war ein Geschäftemacher. Von uns wär’ keiner beim Joggen …“
„Woher wissen Sie, dass er joggen war?“
„Glauben Sie, das spricht sich nicht herum? Aber ich sag’ nichts mehr.“
„Das Computerkabel im
Weitere Kostenlose Bücher