Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
wieder!“
Ich wache auf, Oskar atmet zufrieden und regelmäßig, ich klappe die Augen wieder zu. Mira, du hast zu viel Rollotto gegessen und zu viel Wein getrunken. Nichts Schlimmeres soll passieren.
[ M AI ]
Und dann gibt es doch noch so etwas wie eine Pressekonferenz zum Fall Hans Berthold. Ich bekomme das Ganze nur durch Zufall mit, ich bin an meinem neuen schnellen Computer, um den mich alle in der Redaktion beneiden, durch die Termine der Austria Presse Agentur gesurft.
Ich habe keinen Schimmer, wie ich meine Reportage über das Wiener Jetset und die, die gerne dazugehören würden, anlegen soll. Falls ich gedacht habe, ich könnte mir meine Themen von nun an frei wählen, so war ich falsch gewickelt. Ich kann Vorschläge machen, mehr aber auch nicht. Die Story über das Hilton ist fertig, jene über die Zuwanderer aus Bosnien und ihre Einbürgerung ist abgelehnt worden. „Haben Sie nicht diese bosnische Putzfrau?“, hat der Chefredakteur in der Sitzung hämisch gefragt. „Ist sie bei Ihnen eigentlich legal beschäftigt?“
Sehr witzig. Ich bekam zu hören, dass dieses Thema viel zu deprimierend sei für den Mai, vor allem bei diesem miesen Wetter. Man brauche etwas Leichtes, etwas, das auf den Sommer hinweise, positiven Lesestoff statt Gutmenschentum.
„Sie spionieren ihnen nach, das ist keine üble Story, niemand hat noch darüber geschrieben“, versuchte ich zu bekräftigen.
„Wie viele Menschen werden sich deswegen unser Magazin kaufen?“, war die Reaktion.
Von Droch war wie immer bei solchen Auseinandersetzungen keine Hilfe zu erwarten. Er benimmt sich in den Redaktionskonferenzen mit zuverlässiger Regelmäßigkeit so, als gingen sie ihn nichts an, als wäre er gar nicht da. Aber er braucht ja auch nicht zu fragen, was er tun darf. Der Chefredakteur würde sich hüten, ihm zu widersprechen. Ich war so blöd, den Chefredakteur zu fragen: „Was haben Sie gegen gute Menschen? Sind Ihnen böse lieber?“
Der Chefredakteur hat mich bloß spöttisch angesehen und gesagt: „Sie steigern jedenfalls die Auflage.“
Die meisten meiner idiotischen Kollegen haben auch noch gelacht.
Mein Antrag auf stundenweise Arbeitsgenehmigung für Vesna läuft übrigens, vielleicht läuft er sich allerdings in der Bürokratie auch tot. Der Notar, ein ganz reizender Typ um die siebzig, einer, zu dem mir der seltsame Begriff „feinsinnig“ einfällt, hat auch einen Antrag gestellt. Das Skurrilste an der Aktion: Der zuständige Beamte hat Vesnas Daten angesehen und gemeint: „Warum stellt sie kein Ansuchen auf Einbürgerung? Sie ist seit mehr als zehn Jahren legal im Land.“
Ich bin gespannt, ob sich die Dienststellen untereinander absprechen.
Jedenfalls denke ich über meine Jetsetter und über Zuwandererinnen nach und surfe dabei lustlos durchs Netz, als ich auf einen Niederösterreich-Termin stoße:
„Pressekonferenz über das Pilotprojekt bundesländerübergreifender polizeilicher Zusammenarbeit zur Aufklärung von Gewaltverbrechen.“ Anwesend neben dem niederösterreichischen Sicherheitsdirektor: der Leiter der Wiener Mordkommission 1, Zuckerbrot, mit dem ich schon in ein paar anderen Fällen zu tun hatte. Ein guter Beamter, aber eben nicht besonders davon angetan, dass ich ihm in seine Arbeit pfusche – wie er das nennt. Droch ist mit Zuckerbrot seit Jahrzehnten befreundet, einmal die Woche essen sie gemeinsam zu Abend, vielleicht weiß er, was hinter diesem monströsen Pressekonferenztitel steckt.
Droch telefoniert, ist eindeutig verärgert. „Nein, Herr Abgeordneter, es hat keinen Sinn, und wenn Sie mich hundertmal anrufen. Mir ist Ihre Initiative wurscht, egal, interessiert mich nicht.“ Und dann: „Wenn Sie meinen, kein Problem, reden Sie mit dem Chefredakteur. Und mit dem Herausgeber. Meine Seiten sind keine Werbeveranstaltung. Basta. Ich suche mir meine Themen selbst. Wiederhören.“
Er legt auf, sieht mich an und schüttelt den Kopf. „Die werden immer penetranter.“
„Rennen eben auch um ihr Leiberl.“
„Du wirst so tolerant, mein Gutmensch“, spöttelt er.
„Pffff“, fauche ich, „lass mich damit bloß in Ruhe. Ich habe eine andere Frage: Zuckerbrot soll offenbar zur Ermittlung in Gewaltverbrechen an Niederösterreich ausgeliehen werden. stimmt das?“
„Meine Treffen mit Zuckerbrot sind privat, das weißt du.“
„Meine Frage ist auch privat. Ich kümmere mich nicht mehr um den Berthold-Fall, sondern ums Jetset – wie verordnet.“
„Wer’s glaubt … Der Wein
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