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Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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schwer, zweimal drehen die Reifen auf den Feldwegen zwischen den Weingärten durch, schlimmstenfalls müssen sie mich eben mit dem Traktor herausziehen, denke ich. Sonnenschein wechselt mit Wolken, in diesem Jahr ist man schon dankbar, wenn es nicht ununterbrochen regnet. Ich sehe einen Traktor, der sich die Rebzeile heraufarbeitet. Er kommt näher, Eva sitzt im Führerhaus, hinten ist ein Gerät befestigt, blanke Metallzähne, die den Boden zwischen den Rebzeilen umgraben, das Gras einackern. Eva entdeckt mich, stellt den Motor ab, klettert von dem Monstrum.
    „In den letzten Jahren war ich selten mit dem Traktor im Weingarten unterwegs“, sagt sie, „aber jetzt muss es sein. Und es macht mir Spaß, gebe ich zu. Wenn es wahr ist, bekommen wir in ein, zwei Wochen zusätzliche Leute. Dann kümmere ich mich wieder um die Administration, jetzt bleibt vieles liegen. Gras und Rebstöcke treiben wie verrückt. Wir kommen kaum nach mit dem Fräsen. Und“, sie sieht auf die sprießenden Rebzweige, „ausgebrockt muss auch schon bald werden. Zu viele Triebe dürfen nicht am Stock bleiben. Die Blätter, die von unten herauf wachsen, muss man auch entfernen. O’rauwern nennen wir das.“
    „Was ist eigentlich mit der Lebensversicherung?“, falle ich mit der Tür ins Haus. Ich will mich nicht schon wieder ablenken, von der Arbeit im Weingarten faszinieren lassen. Am Ball bleiben, Mira, auch wenn du Witwe Berthold magst.
    Sie sieht mich groß an. „Gibt es Neuigkeiten?“
    „Sie wurde noch nicht ausbezahlt?“
    Sie schüttelt den Kopf. „Unser Versicherungsmann ist ein sehr netter Kerl, er ist aus dem Ort. Aber seine Vorgesetzten … Sie scheinen ihm Schwierigkeiten zu machen.“
    „Es wird überprüft, ob es Selbstmord gewesen sein kann, oder?“
    „Das ist so absurd“, murmelt sie. „Hans und Selbstmord … Wenn etwas nicht zusammenpasst, dann das. Außerdem: Ich kenne unsere Jagdgewehre.“
    „Er hätte sich eines besorgen können.“
    „Und danach noch in den Wald legen? Es ist einfach verrückt. Das Geld würde mir weiterhelfen.“
    „Warum hast du bisher nichts davon gesagt?“
    „Warum über ungelegte Eier gackern? Außerdem: Die Bank will nicht nur Geld, sie will auch die Sicherheit, dass ich längerfristig regelmäßig zahlen kann. Sie kann trotz der zweihundertfünfzigtausend Euro den Kredit sofort fällig stellen.“
    „Wo finde ich Wächter?“
    „Wen?“
    „Na, Wächter, der euch den Weingarten verpachten wollte, der bisher von Aichinger bewirtschaftet worden ist.“
    Eva deutet nach links, den Hügel hinauf. Fünf Rebzeilen, schnurgerade und gut in Schuss, das sehe sogar ich, Südlage, dazwischen ein paar Bäume, wahrscheinlich Weingartenpfirsiche. „Das ist er. Ried Ziriberg. Mit Aichinger kann man einfach nicht in Frieden leben. Die Fläche grenzt links und rechts an Rebflächen von uns an, Wächter wollte den Weingarten uns geben, wir hätten auch ordentlich gezahlt, um einiges mehr, als Aichinger jetzt zahlt.“
    „Aichinger will seine Spitzenlage nicht aufgeben.“
    „Dann hätte er einen anderen Vertrag machen müssen.“
    „Ist es richtig, dass viele Verträge auf dem Papier nur über einige Jahre gehen, in Wirklichkeit aber für viel länger gedacht sind?“
    „Das stimmt schon. Außer es ändert sich eben etwas. Kurzfristige Verträge werden gemacht, damit man schnell reagieren kann. Das Schriftliche zählt, mündliche Zusatzvereinbarungen … da kann danach viel behauptet werden.“
    In mir taucht das Bild zweier kerniger Bauern in Lederhosen auf, die auf einer Bergkuppe stehen. Sie schütteln einander die Hand. „Bei meiner Ehr’“, sagen sie ernst. Ich glaube, ich habe es in der Fernsehwerbung gesehen. „Handschlagqualität?“, frage ich nach.
    „Natürlich. Aber wenn’s nicht schriftlich gemacht wird, kann leicht ein Streit herauskommen. Sieht man ja.“
    Ich finde Wächter in einem kleinen Haus an der Hauptstraße, die Fassade müsste dringend erneuert werden. Zum Glück liegt Treberndorf so abseits, dass hier die wenigsten Familien den Boom der Alufenster in den Achtzigerjahren mitgemacht haben. Doch die schönen kleinen Fenster mit dem typischen Kreuz sind verwittert. Ich gehe durchs Tor, schmale Einfahrt, hier würde Eva mit ihrem großen Traktor nicht durchkommen, rufe: „Herr Wächter? Hallo! Grüß Gott!“ Wien mit seinen Klingelanlagen hat schon etwas für sich.
    Ich höre den Ton eines Fernsehers, viel zu laut, sehe durch das Fenster zum Hof einen alten Mann

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