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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Wendung hatte keiner gerechnet. Wir fingen schallend an zu lachen,
    Hans war Schüler und einen Kopf kleiner als Suppi, und der hatte Angst vor ihm. Neugierig fragten wir Hans, weshalb Suppi Schiß vor ihm hatte.
    »Ich hab' ihn in der Hand«, sagte er. »Wenn ich auspacke, dann kann er einpacken.«
    Noch nie hatte ich Hans so wütend gesehen, nie wurden wir von einem Erzieher angefaßt. Suppi hatte mit seinem Griff nach Hans Arm die Grenze überschritten, und wir konnten Hans verstehen. Wir standen noch eine Stunde draußen und hörten ihm zu.
    Nicht weit von Berlin entfernt hatte unser Heim ein großes Wassergrundstück. Dort konnten übers Wochenende zwei Gruppen oder eine Klasse in einem großen Haus schlafen. Das Haus bestand aus zwei riesigen Schlafräumen mit Doppelstockbetten und einem kleineren Raum als Küche, in dem man auch essen konnte. Hinter dem Haus stand ein großer Schuppen für die Faltboote. Zum Waschen reichte die Pumpe im Garten. Kochen mußten die Erzieher, dazu sammelten wir im Wald Reisig und Kienäpfel, anders ließ sich der eiserne Ofen nicht heizen. Es war schon ein tolles Erlebnis, nach Priros zu fahren, aber oft klappte es nicht, da meist Anmeldungen von mehreren Gruppen vorlagen.
    In Priros lagen wir faul in der Sonne, badeten oder paddelten mit den Booten über den See. Die Erzieher waren weniger streng und hatten mehr Zeit für uns, sie saßen mit uns auf den Betten und erzählten vor dem Schlafen eigene Erlebnisse. Wir hatten dann das
    Gefühl, daß sie zu uns gehörten und nicht nur Erzieher waren.
    Am Wochenende fuhr Suppi mit den Jungs allein nach Priros. Abends beim Waschen verlangte Suppi, die Jungs sollten einzeln herauskommen und nicht alle auf einmal.
    Hans ging ahnungslos in das Waschhäuschen, das in der Zwischenzeit gebaut worden war. Er zog sich aus. Als er nackt vor dem Waschbecken stand, betrat Suppi den Raum, öffnete seine Hose, holte sein Ding heraus, und Hans mußte ihm einen runterholen. Suppi suchte sich nur bestimmte Jungen aus. Er setzte sie mit Strafandrohungen unter Druck und verging sich regelmäßig an ihnen. Als die Fahrten nach Priros seltener wurden, ging er im Heim mit unter die Dusche der Jungen. Aus Scham und Angst traute sich keiner, etwas zu sagen.
    Hans war beim Erzählen ins Heulen gekommen. Es war ein Heulen vor Wut. Er tat uns schrecklich leid, und wir waren hilflos und zornig.
    Was wir von ihm hörten, zerstörte den letzten Rest von Vertrauen zu den Erwachsenen in mir. Wir drängten ihn, zum Hausleiterbüro zu gehen und alles zu erzählen.
    Die Hausleiterin hörte sich seinen Bericht an, danach mußte Hans die anderen fünf Jungen holen. Alle sagten dasselbe, nur hatte jeder seine eigene Version, aber geschlechtlich haben sie alle mit Suppi verkehrt.
    Bis die Polizei kam, mußten die Jungs im Büro bleiben. Suppi wurde noch am gleichen Abend abgeholt.
    Danach ging es in den Jungengruppen drunter und drüber. Verhöre begannen, Kommissionen kamen und gingen, das dauerte bis zur Verurteilung. Suppi wurde zu vier Jahren Bautzen (Zuchthaus) verurteilt.
    Bei den Untersuchungen wurde festgestellt, daß Suppi früher Nazi gewesen war. Die Erzieher waren bemüht, alles geheimzuhalten, aber trotzdem wußten es bald alle.
    Diese Erfahrungen gingen nicht spurlos an uns vorüber; Vertrauen und Achtung den Erwachsenen gegenüber schwanden immer mehr. Suppi war Pionier- und Gruppenleiter, ich kannte ihn seit meinem sechsten Lebensjahr, er selbst hatte mich in die Pionierorganisation aufgenommen. Für mich war er nicht nur ein Pädagoge, er gehörte ganz selbstverständlich zum Heim und zu meinem Leben. Seine Frau und Tochter wohnten bei uns, wir spielten oft mit der Tochter; aber danach wollte keine mehr etwas mit ihr zu tun haben. Wir mieden sie wie die Pest. Wir fragten nicht nach Schuld, unser Haß richtete sich gegen die ganze Familie, bis sie auszog.
Bei den Bäckersleuten
    Eines Nachmittags wurde mir von der Erzieherin mitgeteilt, ich solle sofort zur Fürsorgerin kommen. Ich mußte ihr wohl in den Jahren sehr ans Herz gewachsen sein, denn sie redete wieder von Pflegeeltern, aber ich wollte keine Pflegeeltern mehr haben. Vielleicht machte sie sich wirklich Sorgen um meine Zukunft, aber in mir sträubte sich alles dagegen. Ich war froh, nach fast sechs Jahren mit Pflegeeltern nur wieder für mich zu sein. In den letzten Jahren hatten mich meine Pflegeeltern Wochenende für Wochenende geholt, einschließlich des Urlaubs und der Feiertage, aber ich

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