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Weinen in der Dunkelheit

Weinen in der Dunkelheit

Titel: Weinen in der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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war.
    Erika saß am anderen Tischende, wir wollten aber zusammensitzen. Leider tauschte kein Mädchen mit uns. Auf meiner Tischkarte stand der Name des Soldaten »Willi Laurenz«. Ich nahm die Karte und stellte sie weit von mir an die äußerste Tischkante.
    Wie es der Zufall wollte, wurde diese Karte Erika zum Verhängnis. Ein großer, rotblonder Soldat suchte seine Tischkarte, es war Willi Laurenz, ihm gegenüber saß Erika. Nach kurzer Zeit hörte man aus dieser Ecke lautes, lustiges Lachen, er mußte eine Stimmungskanone sein. Erika schien mich nicht zu vermissen.
    Noch immer wollte keine den Platz mit mir tauschen.
    Meine Stimmung sank bis fast auf den Nullpunkt. Mein anderer Tischpartner, ein kleiner, dünner, langweiliger Offizier, interessierte mich nicht.
    Erst nach dem Essen, als die Musik spielte und die ersten tanzten, wechselte ich endlich meinen Platz. Willi und Erika verstanden sich prima, und ich fand meine gute Laune wieder, als ich bei ihnen saß. Die Soldaten wirkten fast noch wie Schuljungen, ich schätzte sie auf höchstens neunzehn bis einundzwanzig Jahre. Dank des Alkohols fühlten sich bald alle in Hochstimmung, und der Abend wurde immer ausgelassener. Ich trank keinen Wein und sah den anderen zu. Aufforderungen zum Tanz lehnte ich aus Prinzip ab. Bald sagten die Angetrunkenen nur noch »Zicke« zu mir, daraus machte ich mir aber nichts. Immer, wenn einer kam, hieß es:
    »Ach, laß doch die Zicke!«
    Viele reizte es nun erst recht, einen Versuch bei mir zu wagen. Wetten wurden abgeschlossen, wer es wohl schaffte, mit mir zu tanzen. Beinahe wäre ich schwach geworden, weil ich, ohne es zu wollen, plötzlich im Mittelpunkt stand. Die Rettung für mich war ein Vorgesetzter der Soldaten, er lud mich zur Bar ein. Nun hatten die Soldaten nur noch Pfiffe für mich übrig.
    Neugierig fragte er mich an der Bar, warum ich nicht tanzte. Als ich ihm erklärte, daß ich mich gezwungenermaßen hier befände, tat er erstaunt.
    »Aber wir haben euch doch eingeladen und dachten nach der Zusage, ihr seid einverstanden«, sagte er.
    »Wir sind gar nicht gefragt worden und haben es heute erst erfahren«, antwortete ich.
    Das Thema schien ihm peinlich zu sein, und er beendete es schnell mit den Worten:
    »Na ja, schön ist es nicht, aber es ist doch noch recht lustig geworden, oder?«
    »Ja, ja«, sagte ich und ließ ihn allein weitertrinken.
    Wo war Erika? Nirgendwo konnte ich sie entdek-ken, weder am Tisch noch auf der Tanzfläche, von Willi auch keine Spur. Ich ging sie suchen und fand sie draußen vor der Tür. Küssen war dafür schon kein Ausdruck mehr, was Willi mit ihr machte. Er knutschte sie regelrecht zu Boden.
    »Mensch, Erika, spinnst du, denkst du denn nicht an deinen Freund?«
    Sie lachte nur und sagte:
    »Ist doch nur heute, ich sehe ihn ja doch nie wieder.«
    Ich ging in den Saal zurück, setzte mich in eine Ecke und wartete auf das Ende dieser Fete. Erika hatte auf dem Heimweg echte Probleme mit dem Laufen, sie war total betrunken. Andere Mädchen auch, aber das ging mich nichts an. So gut ich konnte, stützte ich sie bis zur Schule, und wie ein nasser Sack ließ sie sich auf ihre Luftmatratze fallen. Dabei schlug sie mit dem Kopf so unglücklich gegen die Wand, daß sie sofort eine dicke Beule bekam. Von alledem merkte sie nichts, sie schlief sofort ein.
    Am nächsten Morgen sah sie nicht nur fürchterlich aus, sondern sie fühlte sich auch so. Auf der Stirn leuchtete die Beule in allen Regenbogenfarben. Den Hals umschloß eine Kette von Knutschflecken, gegen die kein Make-up mehr half. Dazu war ihr entsetzlich übel, und sie erbrach sich immer wieder. Sie hatte zwar selbst Schuld an ihrem Zustand, aber ich konnte sie nicht einfach allein lassen.
    Mit einer Decke unterm Arm gingen wir zum Strand.
    Wir schafften es nicht bis zu unserer Ecke, so elend war ihr. Nachdem sie sich einigermaßen erholt hatte, redeten wir über den Abend. Das schlechte Gewissen ihrem Freund gegenüber plagte sie sehr.
    »Na, von mir wird er nichts erfahren«, sagte ich, »und überhaupt, weißt du denn so genau, was er in der Ferne macht?«
    Da sah ich oben auf dem Hügel einen Soldaten stehen.
    »Erika, was würdest du machen, wenn Willi plötzlich hier aufkreuzen würde?«
    »Nichts, ich will ihn nie Wiedersehen.«
    »Na, dann schau mal nach oben, dort steht er nämlich.«
    Vor Schreck sprang sie sofort auf und rief:
    »Was soll ich denn jetzt machen?«
    »Laß ihn stehen.«
    Aber sie brachte es nicht fertig und lief

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