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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Zentrale, empfing eine blecherne
Antwort und erklärte dem Barmann, die Polizei würde hiermit zumindest für
diesen Tag den Verkauf jeglicher Alkoholika im Silver Moondance untersagen,
da Stichproben am Lager vorgenommen werden sollten.
    »Sie spinnen wohl!« schrie der Barmann, und wütend
an mich gewandt: »Schnüffler.«
    Sein lautes Rufen lockte zwei Kollegen herbei in
Gestalt eines Mannes im dunklen Anzug, der jung und unfähig wirkte, und eines
Mädchens in kurzer flotter Kellnerinnenkluft, mit langen braunen Beinen unter
einem scharlachroten Kasack, im Haar ein rotes Stirnband.
    Ridger schätzte die Gegenseite ab und sah sich in
völlig gesicherter Position. Der unfähige Angestellte teilte mit, er sei der
stellvertretende Manager, was ihm erstaunt-verächtliche Blicke von seiten der
Kellnerin und des Barmanns eintrug. Stellvertreter des Stellvertreters, reimte
ich mir zusammen. Ridger wiederholte energisch, daß vor Abschluß der
Untersuchungen kein Alkohol ausgeschenkt werden dürfte, und die drei erwiderten
einmütig, sie wüßten von nichts, es sei am besten, wir sprächen mit … ehm …
sprächen mit …
    »Dem Management?« tippte ich an.
    Sie nickten stumm.
    »Tun wir das«, sagte ich. »Wo ist der Manager?«
    Der Stellvertreter des stellvertretenden Managers
antwortete schließlich, der Manager befände sich im Urlaub und der
stellvertretende Manager sei krank. Das Hauptbüro wolle sobald wie möglich
jemand schicken, um die Leitung zu übernehmen.
    »Hauptbüro?« fragte ich. »Hat denn das Lokal nicht
Larry Trent gehört?«
    »Ehm …« sagte der Stellvertreter unglücklich.
»Ich weiß es wirklich nicht. Mr. Trent hat nie was anderes behauptet, das
heißt, ich dachte, es gehört ihm. Aber als ich heute morgen herkam, klingelte
das Telefon, und einer vom Hauptbüro war dran. So hat er sich jedenfalls
gemeldet. Er wollte den Manager sprechen, und als ich die Situation erklärte,
sagte er, er schickt sofort jemand vorbei.«
    »Wer war gestern abend zuständig?« wollte Ridger
wissen.
    »Bitte? Ach … sonntagabends haben wir
geschlossen.«
    »Und gestern mittag?«
    »Der stellvertretende Manager war da, aber mit
einer Grippe. Er fuhr nach Hause und legte sich ins Bett, sobald wir
dichtgemacht hatten. Und bis zur Öffnungszeit war natürlich noch Mr. Trent
hier, um sich davon zu überzeugen, daß alles lief, bevor er zu
Mr. Hawthorns Party fuhr.«
    Alle drei wirkten demoralisiert, aber zugleich
etwas aufmüpfig, da sie in dem Polizeibeamten ihren natürlichen Feind sahen. Ihr
Verhalten besserte sich kaum, als Ridgers Verstärkung anrückte: zwei Konstabler
in Uniform, die Klebeband und Etiketten zum Versiegeln sämtlicher Flaschen
mitbrachten.
    Zaghaft schlug ich Ridger vor, seinen Verdacht auf
die Weine auszudehnen.
    »Wein?« fragte er stirnrunzelnd. »Ja, wenn Ihnen
daran liegt, aber der Schnaps genügt uns schon.«
    »Trotzdem«, murmelte ich, und Ridger forderte den
Stellvertreter auf, mir zu zeigen, wo sie den Wein lagerten, und zusammen mit
mir und einem der Konstabler alle Flaschen, die ich haben wollte, in die Bar zu
bringen. Der Stellvertreter legte mir in dem Bewußtsein, daß Hilfsbereitschaft
seiner weißen Weste gut anstehen würde, keine Hindernisse in den Weg, und zu
gegebener Zeit, nach mehrmaliger Durchsicht der Weinkarte, kehrten der
Stellvertreter, der Konstabler und ich mit zwei großen Körben voller Flaschen
in die Bar zurück.
    Da die Schnäpse inzwischen komplett versiegelt
waren, herrschte bei unserer Rückkehr Windstille im Silver Moondance Saloon. Ich lud die Flaschen auf zwei Tische ab, sechs Weiße auf den einen, sechs
Rote auf den anderen, und holte meinen Lieblingskorkenzieher aus der Jackentasche.
    »He«, verwahrte sich der Barmann, »das können Sie
nicht.«
    »Jede Flasche, die ich öffne, wird bezahlt werden«,
sagte ich nüchtern. »Was wollen Sie mehr?«
    Der Barmann zuckte die Achseln. »Geben Sie mir
zwölf Gläser«, sagte ich, »und einen von diesen Zinnkrügen«, was er denn auch
tat. Ich öffnete die sechs Flaschen verschiedener Weißweine und goß unter dem
interessierten Blick von sechs Augenpaaren ein wenig vom ersten in ein Glas. Niersteiner, besagte das Etikett – und Niersteiner war es auch. Ich spie den
probierten Schluck in die Zinnkanne, sehr zum Abscheu des Publikums.
    »Ja, soll er sich vielleicht betrinken?« fragte
Ridger, als bei ihm der Groschen fiel. »Das Urteil eines bezechten
Weinschmeckers würde nicht gelten.«
    Ich probierte

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