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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Morgen lang gehört. Aber wer, bitteschön, ist gegen so eine Tragödie
versichert? Natürlich hatten wir keine Versicherung, nicht speziell für die
Party. Und erst die armen jungen Leute, denen der Pferdetransporter gehört.
Sally … das ist die Frau … hat mir am Telefon heute morgen hundertmal
hysterisch erklärt, daß Peter nie, nie, nie die Handbremse vergißt und immer,
immer, immer den Gang drinläßt und daß sie ruiniert sind, wenn die Versicherungsgesellschaften
nachweisen können, daß es Fahrlässigkeit war. Die Ärmsten. Die Ärmsten.« Sie
warf mir einen Blick zu. »Er hatte nicht abgeschlossen, wissen Sie. Ich fragte
sie danach. Das hat sie aufgeregt, fürchte ich. Sie sagte, man schließt doch
nicht ab, wenn man bei Freunden ist.«
    Ich dachte säuerlich an meinen gestohlenen
Champagner und hielt den Mund.
    »Sie sagte, sie wären nur mit dem Transporter
gekommen, weil sie gerade ein neu erstandenes Jagdpferd abgeholt hatten und auf
dem Heimweg waren. Das Jagdpferd ist sogar noch hier, in einer von den freien
Boxen auf der Hinterseite. Sally meinte, sie will es nie mehr sehen. Sie war
völlig außer sich. Es ist so furchtbar, alles.«
    Flora begleitete mich, als ich den Karton mit den
Gläsern hinaus zum Lieferwagen brachte, doch es widerstrebte ihr, mich gehen zu
lassen. »Wir haben die Liste für Jack noch nicht«, sagte sie; also kehrten wir
in die Küche zurück und schrieben sie.
    »Wenn Ihnen morgen auch noch mulmig ist, komme ich
wieder zur Stallkontrolle«, sagte ich. »Um ehrlich zu sein, es hat mir Spaß
gemacht.«
    »Sie sind ein Schatz, Tony«, erwiderte sie. »Es
wäre toll.«
    Und noch einmal kam sie hinaus zum Lieferwagen, um
sich zu verabschieden.
    »Die Polizei ist hier den ganzen Morgen um den Transporter
herumgeschwirrt«, sagte sie und blickte zu dem stummen grünen Monster hinüber.
»Die haben ihn rundum mit Puder bestäubt und ihre Köpfe geschüttelt.«
    »Wahrscheinlich nach Fingerabdrücken gesucht«, sagte ich.
    »Anzunehmen. Was immer sie auch gefunden haben, gefallen
hat es ihnen nicht. Aber Sie wissen, wie die sind, mir haben sie kein Wort
erzählt.«
    »Haben Sie hinterher mal nachgesehen?« fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf, als wäre ihr die Idee noch
nicht gekommen, steuerte aber sofort über das Gras auf den Pferdetransporter
zu. Ich folgte ihr, und wir gingen im Rechteck um ihn herum. Was wir sahen, war
eine Menge grau-rosa Staub voller Schmierflecken.
    »Hunderte von Leuten müssen ihn angefaßt haben«,
meinte Flora resigniert.
    Einschließlich der Leute mit dem Kran, dachte ich,
sowie der Leute, die das Pferd trainiert hatten, und einer beliebigen Anzahl
von Leuten schon vorher.
    Spontan öffnete ich die Beifahrertür, die noch
immer nicht verschlossen war, und kletterte in das Führerhaus.
    »Meinen Sie, Sie dürfen das?« fragte Flora
ängstlich.
    »Man hat Sie doch nicht aufgefordert,
davonzubleiben?«
    »Nein … bis jetzt nicht.«
    »Dann seien Sie unbesorgt.«
    Ich schaute mich um. Auch in der Fahrkabine war ziemlich
viel Staub und waren jede Menge Fingerabdrücke, nur waren sie im Inneren
weniger verschmiert. Ich betrachtete sie neugierig, doch ohne Erwartungen. Ich
hatte das einfach noch nie in Natur gesehen, nur schon wer weiß wie oft im
Film.
    Etwas an vielen dieser Fingerabdrücke wirkte unversehens
auf mich wie ein Schock.
    Sie waren winzig.
    Winzig kleine Fingerspuren überall auf der
Vinylbespannung beider Vordersitze. Winzig kleine Fingerspuren rings um das
Lenkrad, auf der Gangschaltung und auf der Bremse. Winzig …
    Ich kletterte aus der Fahrkabine und sagte es
Flora, und ich erzählte ihr auch, wie der Untersuchungsbeamte Wilson
aufgehorcht hatte, als ich einen kleinen Jungen mit einem Hund erwähnte.
    »Wollen Sie damit sagen«, fragte sie entsetzt, »…
daß ein Kind solch ein Grauen angerichtet hat?«
    »Ja, ich denke schon. Sie wissen ja, wie die
spielen. Autos bewundern sie. Sie klettern mir andauernd in den Lieferwagen,
wenn ich Sachen bringe. Kleine Ungeheuer, wenn man nicht achtgibt. Ich könnte
mir denken, daß dieses Kind die Bremse und den Gang gelöst hat. Als es dann mit
dem Hund davongerannt war, mußte der Transporter, wenn er auch nur auf der
geringsten Schräge stand, irgendwann durch sein Gewicht ins Rollen kommen.«
    »Du liebe Zeit.« Sie sah verstört aus. »Wessen
Kind?«
    Ich beschrieb den Jungen, so gut ich konnte, aber
sie sagte mir, daß sie nicht alle Kinder vom Sehen kannte, die sich obendrein
so

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