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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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es, und genau da sitzen sie in der Klemme. Die Versicherungsgesellschaft
findet, obwohl sie ihre Prämien in beiden früheren Fallen drastisch erhöht hat,
daß es jetzt wirklich reicht. Sie traut der Sache nicht und hält die Zahlung
zurück. Sie will außerdem künftig keine Deckung mehr übernehmen. Charter muß
womöglich das Geld selbst aufbringen, was kaum zu verkraften wäre, aber noch
schwerer wiegt, daß sie ohne Versicherung nicht handlungsfähig sind. Obendrein
droht die Zollbehörde, ihnen die Lizenz für den Transport unverzollter
Güter zu entziehen, und allein damit würde schon ein großer Teil ihrer Aufträge
platzen.« Wieder machte er eine deutliche Pause. »Die Zollfahnder untersuchen
zwar den jüngsten Diebstahl, aber hauptsächlich, weil sie den Zoll haben
möchten, und auch die Polizei ermittelt, aber eben routinemäßig. Charter ist
der Meinung, das genügt nicht, weil damit in keiner Weise die Aufrechterhaltung
ihrer Lizenz oder das Wiederaufleben ihrer Versicherung gewährleistet ist. Sie
sind wirklich zutiefst beunruhigt und haben uns deshalb um Hilfe ersucht.«
    Wir rasten mittlerweile über die M 40. Erneut
dehnte sich das Schweigen, bis Gerard schließlich sagte: »Irgendwelche Fragen?«
    »Nun … Dutzende, irgendwie.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, wieso war es immer der Scotch, der gestohlen
wurde, und nie der Gin? Zum Beispiel, war es immer derselbe Fahrer und war es
immer derselbe Tankwagen? Zum Beispiel, was geschah mit dem Fahrer, was hat er
gesagt? Zum Beispiel, wo sind die Tankwagen wiederaufgetaucht? Zum Beispiel,
wie haben Sie das Ganze mit Zarac in Verbindung gebracht?«
    Er grinste regelrecht und zeigte die Zähne vor
Vergnügen.
    »Sonst noch etwas?« fragte er.
    »Zum Beispiel, wo fuhr der Scotch los und wo sollte
er hin, und wie viele Gauner haben Sie an beiden Orten ausfindig gemacht, aber
auch zum Beispiel, traut Kenneth Charter seinem Büropersonal, und wieso waren
seine Sicherheitsvorkehrungen beim dritten Mal nicht unbesiegbar?«
    Ich brach ab, und er sagte ohne Sarkasmus: »Das
soll fürs erste genügen. Die Antworten, die ich Ihnen geben kann, wären, daß es
nicht immer derselbe Fahrer war, aber immer derselbe Tankwagen. Der Tankzug
tauchte jedesmal herrenlos an Fernfahrerraststätten in Schottland auf, aber
jeweils mit soviel überzähligen Meilen auf der Uhr, daß er von London bis
Cardiff und wieder zurück hätte kutschiert worden sein können.«
    Erneute Pause, dann sagte er: »Die Fahrer erinnern
sich nicht, was mit ihnen passiert ist.«
    Ich stutzte. »Erinnern sich nicht?«
    »Nein. Sie erinnern sich ans Abfahren. Sie erinnern
sich, bis an die englische Grenze gekommen zu sein, wo sie alle an einer
Fernstraßentankstelle zum Pinkeln anhielten. Sie hielten bei zwei verschiedenen
Tankstellen an. Sonst können sie sich an nichts mehr erinnern, außer daß sie in
einem Graben aufgewacht sind. Niemals derselbe Graben.« Er lächelte. »Nach dem
zweiten Diebstahl machte Kenneth Charter es zur Vorschrift, daß auf dieser Tour
niemand in Raststätten essen oder trinken durfte. Die Fahrer hatten das Nötige
im Wagen mitzunehmen. Trotzdem mußten sie ja wegen der natürlichen Bedürfnisse
anhalten. Die Polizei sagt, die Diebe müßten dem Tankzug gefolgt sein und auf
den Moment gewartet haben. Wenn der Fahrer dann aus dem Führerhaus war, legten
sie einen offenen Gaskanister rein … vielleicht Lachgas, das geruchlos ist
und rasch wirkt … es wird von den Zahnärzten benutzt … und wenn der
Fahrer wieder einstieg, war er bewußtlos, ehe er noch losfahren konnte.«
    »Wie oft war diese Tour angesetzt?« fragte ich.
    »Normalerweise zweimal wöchentlich.«
    »Immer der gleiche Tankwagen?«
    »Nein«, sagte er befriedigt. »Charter hat vier
Tankzüge für trinkbare Flüssigkeiten reserviert. Einer davon. Die drei anderen
machten die Tour genauso oft, wurden aber nicht angerührt. Es mag ein Zufall
sein, vielleicht auch nicht.«
    »Wann ist die letzte Fracht gestohlen worden?«
fragte ich.
    »Diesen Mittwoch vor drei Wochen.«
    »Und vorher?«
    »Eine im April, eine im Juni.«
    »Das sind drei in sechs Monaten«, sagte ich
überrascht.
    »Ja, genau.«
    »Kein Wunder, daß die Versicherung auf die
Barrikaden geht.«
    »Mm.« Er fuhr eine Zeitlang schweigend und sagte
dann: »Der Scotch war jedesmal für das gleiche Ziel bestimmt, eine Abfüllanlage
in Watford, nördlich von London. Allerdings kam er nicht immer von der gleichen
Brennerei oder aus dem gleichen

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