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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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dachten, das gibt sich mit der Zeit.« Er seufzte. »Je älter er wurde, desto
unleidlicher wurde er; mürrisch und stinkfaul. Ich versuchte, freundlich mit
ihm zu reden, aber er kam mir unverschämt, und manchmal mußte ich aus dem
Zimmer gehen, um ihm keine zu knallen.« Er zögerte, suchte zweifellos zum
tausendsten Mal nach irgendeiner Schuld bei sich, wo keine war.
    »Er wollte nicht arbeiten. Anscheinend fand er, daß
die Welt ihm seine Brötchen schuldet. Er ging fort und weigerte sich, zu sagen,
wo er gewesen war, und er hat keinen Finger gerührt, um seiner Mutter im
Haushalt zu helfen. Über seinen Bruder und seine Schwester, die Goldkinder
sind, hat er immer nur gespottet. Ich bot ihm den Flugpreis für Australien an
und noch etwas Taschengeld, und er sagte, er würde hinfahren. Wissen Sie, ich
habe gehofft, daß sie ihm da drüben ein bißchen Verstand einbleuen.« Sein
hochgewachsener Körper bewegte sich wie in einem Schauder. »Ich hatte ja keine
Ahnung, daß er etwas Kriminelles getan hat. Er war eine Nervensäge … Hat
er nicht gewußt, daß er mir den Betrieb ruiniert? War es ihm egal? Hat er es
gewollt?«
    Der Sohn schien mir unverbesserlich, und der
übrigen Familie Charter zuliebe hoffte ich, daß er nie mehr nach Hause kommen
würde, aber so sauber spielt das Leben selten.
    »Vielleicht rettet Mr. McGregor Ihren
Betrieb«, sagte ich, und er platzte in einem seiner merkurischen
Stimmungsumschwünge laut heraus und klopfte mir auf die Schulter. »Einen
Politiker haben Sie mir da angebracht, Mr. McGregor. Ja, Sportsfreund,
vielleicht – vielleicht tut er das für das gesunde Honorar, das ich ihm
bezahle.«
    Gerard lächelte nachsichtig, und wir gingen weiter
durch die lange Wartungshalle und zu einer Tür am anderen Ende hinaus. Dort
befand sich, wie Charter gesagt hatte, eine große Waschanlage im
Tankstellenformat, doch er bog gleich ab und führte uns zur Längsseite des
Gebäudes, wo die Flotte der Tankwagen aufgereiht stand.
    »Einige sind unterwegs«, sagte Charter. »Und ich
muß jetzt für jeden gesondert eine riesige Versicherung abschließen, was
unseren Profit auffrißt. Meine Fahrer sitzen daheim vorm Fernseher, und meine
Kunden gehen woanders hin. Wir können keinen Alkohol mehr befördern, der Zoll
läßt uns nicht. Es ist ungesetzlich, die Firma weiterzubetreiben, wenn sie die
Arbeitskräfte und sonstige Schulden nicht bezahlen kann; und unsere Reserven
reichen schätzungsweise noch zwei Wochen, wenn wir Glück haben. Danach könnte
es passieren, daß wir innerhalb von fünf Minuten zumachen müssen, wenn die Bank
die Tankwagen einzieht, und das wird sie tun. Die Hälfte dieser Tankwagen ist
immer auf Kredit gekauft, und wenn wir die Kredite nicht abtragen können, sind
wir draußen.« Er ließ zärtlich die Hand über eines der glitzernden Monster gleiten.
»Es täte mir verdammt leid, das steht fest.«
    Zu dritt wanderten wir nüchtern an der imposanten
Reihe entlang, bis wir wieder am Eingang waren und bei Gerards Auto.
    »Zwei Wochen, Mr. McGregor«, sagte Kenneth
Charter. Er schüttelte uns kräftig die Hände. »Kaum eine reelle Chance, was
meinen Sie?«
    »Wir werden uns bemühen«, versicherte ihm Gerard
mit Börsenmaklerstimme, und wir stiegen in seinen Wagen und fuhren weg.
    »Irgendein Gedanke?« fragte er mich sofort, noch
ehe wir das Grundstück des Betriebs verlassen hatten.
    »Hauptsächlich den«, sagte ich, »wieso Sie mich überhaupt
brauchen?«
    »Ihrer Kenntnisse wegen, wie schon gesagt. Und weil
die Leute mit Ihnen reden.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Kenneth Charter hat Ihnen viel mehr über seinen
Sohn erzählt als mir. Flora sagt, sie redet mit Ihnen, weil Sie zuhören. Sie
meint, daß Sie Dinge hören, die nicht ausgesprochen werden. Das fiel mir am
meisten auf. Es ist eine äußerst brauchbare Fähigkeit für einen Detektiv.«
    »Ich bin kein …«
    »Nein. Sonst noch Gedanken?«
    »Hm …«, sagte ich. »Haben Sie mal das ganze
Notizbuch von dem Sohn zu sehen bekommen?«
    »Ja. Charter wollte aus irgendeinem Grund nicht,
daß ich es mitnehme, also habe ich seinen Fotokopierer benutzt und jede Seite
abgelichtet, die beschrieben war. Er sagte ja, daß nur Telefonnummern und ein
paar Notizen über zu erledigende Sachen drinstehen. Wir haben die
Telefonnummern in den letzten Tagen alle überprüft, aber anscheinend sind sie
harmlos. Freunde und Bekannte, ein städtisches Kino, ein Billardclub und ein
Friseur. Kein Anhaltspunkt, woher der Sohn Zarac

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