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Weinprobe

Weinprobe

Titel: Weinprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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Montag, das war ausgefüllt, aber nur
mit dem Ausgangs-, nicht dem Bestimmungsort. Wenn jemand die Retourladung
Scotch hätte stehlen wollen, hätte er dem Tankzug von Bergers Ginbrennerei ab
folgen müssen, um festzustellen, wohin er fuhr.«
    Ich runzelte die Stirn, weil mir die Theorie
überspannt vorkam, doch Gerard nickte, als wäre eine derartige Hingabe an die
Kunst des Diebstahls ganz alltäglich.
    »Zweifellos auch so geschehen«, sagte Gerard. »Aber
die Frage bleibt, wem hat Zarac die Nachricht zugespielt? Er war nicht selbst
an dem Unternehmen beteiligt. Dafür ist er nicht lang genug vom Silver
Moondance weggewesen, und am Dienstag und Mittwoch war er mittags definitiv
auf seinem Posten, ebenso abends bis nach Mitternacht. Wir haben es überprüft.«
    Meine Gedanken schweiften von dem Problem ab, das
ich nicht direkt als mein ureigenstes betrachtete (und ohnehin als unlösbar),
und ich merkte, wie die wenigen roten Schilder auf der Tafel meine
Aufmerksamkeit anzogen. Alle Angaben auf ihnen waren kräftig durchgestrichen
worden, genauso übrigens auch auf den grauen Schildern. Kenneth Charter folgte
meinem Blick, und seine buschigen schottischen Augenbrauen hoben sich.
    »Der Wein«, sagte ich fast entschuldigend. »Sagten
Sie nicht, Rot steht für Wein?«
    »Doch, allerdings. Diese Lieferungen mußten alle
gestrichen werden. Normalerweise holen wir ihn in Frankreich und bringen ihn
direkt zu den Importeuren hier in der Nähe, die ihn selbst abfüllen. Früher
haben wir viel mehr Wein transportiert, aber jetzt wird mehr davon in
Frankreich abgefüllt. Die Hälfte der Abfüllereien hier muß sich nach neuen
Aufträgen umtun. Schwere Zeiten, Sportsfreund. Schließungen, ohne eigene
Schuld. Fortschritt und Veränderung. Passiert ja immer. Lernen Sie Ihr ganzes
Leben, Langbögen herzustellen, und irgendwer erfindet Schießgewehre.«
    Er brachte die Tafel wieder hinter der Landkarte in
Verschluß und wischte sich die Hände an den Hosenbeinen ab, als wollte er die
Falschheit seines Sohnes damit auslöschen.
    »Noch sind die Tankzüge nicht verloren«, sagte er.
»Möchten Sie sie mal sehen?«
    Ich bat darum, da sie ganz offensichtlich sein
Stolz waren, und wir verließen das Büro, dessen Tür er sorgfältig hinter uns
absperrte. Er führte uns nicht nach draußen, sondern über einen zu beiden
Seiten von Bürotüren gesäumten Gang und durch eine massive, ebenfalls
verschlossene Tür am anderen Ende. Diese Tür führte direkt in eine große Halle,
die für die Wartung und Reinigung der silbernen Flotte bestimmt war. Man sah
das ganze Drumherum eines Autohofes; Schmiergrube, Hebeböcke, Bänke mit
Schraubstöcken, Schweißbrenner, ein Gestell mit wuchtigen neuen Reifen.
Außerdem, von der Decke hängend, Ketten und weitere Hebevorrichtungen. Zwei
Tankwagen standen in der Halle, umsorgt von Männern in braunen Overalls, die
ihrem Benehmen nach schon wußten, daß Charter am Sonntag nachmittag in der Nähe
war, und die Gerard und mir flüchtige, wenig interessierte Blicke zuwarfen.
    »Da drüben«, sagte Charter, mit dem Finger deutend,
»hinter der Trennwand, säubern wir die Tanks, die Pumpen, Ventile und
Schläuche. Das Äußere läuft draußen durch die Waschanlage.«
    Er ging die Halle entlang in der Erwartung, daß wir
ihm folgten.
    Die Mechaniker nannten ihn »Ken« und sagten ihm, es
gäbe Probleme mit einer Achse, und ich betrachtete interessiert den
nächststehenden Tankwagen, der mir in der Werkstatt riesengroß erschien.
    Der Tank selbst war im Querschnitt oval und ruhte
fest auf dem Chassis, vermutlich mit tiefliegendem Schwerpunkt, um die Gefahr
des Umkippens gering zu halten. An der Rückseite war eine kurze Trittleiter
befestigt, so daß man auf das Dach klettern konnte, wo Klappen und Ladevorrichtungen
zu erkennen waren. Das silberne Metall war unlackiert und gab keine Auskunft
über die Firmenzugehörigkeit, nur das Wort Feuergefährlich stand in
kleinen roten Buchstaben nach hinten zu.
    Der Anstrich des Führerhauses, ein bräunliches
Dunkelrot, verriet ebenfalls weder Name noch Adresse und Telefonnummer. Der Tankwagen
war anonym, und das galt, wie ich später sah, für die gesamte Flotte. Kenneth
Charters Sicherheitsvorkehrungen hatten sie jahrelang vor aller Raubgier
geschützt, nur nicht vor dem Verräter zu Hause.
    »Warum hat er das getan?« sagte Charter über meine
Schulter hinweg, und ich schüttelte ahnungslos den Kopf.
    »Als kleiner Junge war er immer eifersüchtig, aber
wir

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