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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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zu verlassen. Wenn er so missbilligend fauchte, ließ man ihn besser auf seinem Platz. Lutz folgte ihr nach draußen. Mit wenigen Schritten hatten sie die Rheingaustraße erreicht. Sie nutzten eine Lücke im Verkehr und standen gleich darauf vor dem Anleger der Fähre, die zu einer Badeinsel übersetzte. Auf einer Mauer saß eine Frau, eine lebensgroße Plastik. Mit roten Sandalen, einer roten Tasche unter dem Arm, schaute sie auf den Strom hinaus. Auf den zweiten Blick wunderte sich der Betrachter über die blaue Krone und die rote Nase. Norma wusste, Lutz mochte die ›Froschkönigin‹. An diesem Morgen jedoch ging er achtlos an ihr vorüber.
    Der regenarme Sommer hielt den Wasserspiegel niedrig. Der Rhein floss mit einer trügerischen Trägheit dahin, die den Kindern zum Verhängnis werden konnte, die eine Rampe am Ufer nutzten und sich bis zu den Oberschenkeln ins graubraune Wasser trauten. Keiner der Erwachsenen, die sich auf der Promenade aufhielten, kümmerte sich um die Kinder und deren gewagtes Spiel. Der Rhein war berüchtigt für seine tückischen Strömungen. Den sichersten Ort zum Schwimmen bot der Badestrand auf der Rettbergsaue gegenüber. Norma mochte den Rhein und liebte den Rheingau, aber vom Ufer aus. Sie war eine leidliche Schwimmerin, badete aber selten zum Vergnügen. Ihre Abneigung gegen Wassersport hatte sie in lebhaften Diskussionen gegenüber Lutz verteidigen müssen, der ein ebenso leidenschaftlicher Schwimmer wie hervorragender Streiter und um kein Thema verlegen war. Norma liebte diese Auseinandersetzungen; ein fairer Wettstreit der Argumente, den beide genossen. Beim Anblick der spielenden Kinder waren sie sich einig. Allerdings überließ er es ihr, den jungen Wasserfreunden die Gefahr zu erklären. Murrend machten sich die Kinder davon.
    »Einmal Polizistin, immer Polizistin?«, fragte Lutz mit einem angedeuteten Lächeln.
    »Vielleicht. Wollen wir uns setzen?«
    Sie deutete auf eine Bank im Schatten einer Platane. Lutz nahm neben ihr Platz. Norma sah auf den Fluss hinaus. Ein Frachter kämpfte sich gegen den Strom vo-ran. Der Bug schnitt tief in die Wellen hinein. Wie von Geisterhand gelenkt, so erschien ihr das Schiff. Kein Mensch war an Bord zu entdecken.
    Lutz räusperte sich. »Hast du von Arthurs Reise gewusst? Ihr ward doch am Freitagabend zusammen. Habt ihr nicht über seine Pläne gesprochen?«
    Sie hatte Lutz erzählt, dass sie mit Arthur nach Limburg gefahren sei, aber den Streit nicht erwähnt. Er ging davon aus, sein Sohn sei wohlbehalten in der Taunusstraße aus dem Auto gestiegen. Sie kam sich schäbig vor. Eine Lügnerin. Doch die Wahrheit würde Lutz zusätzlich beunruhigen.
    Die Tür vom Steuerhaus wurde aufgestoßen. Ein Mann trat auf das Deck hinaus. Norma hatte den Eindruck, er würde unmittelbar zu ihr herübersehen.
    Sie wandte sich Lutz zu. »Davon hat Arthur mir nichts gesagt. Wohin wollte er?«
    Das wusste auch Lutz nicht. Josef hatte ihm nur erzählt, dass Arthur demnächst für zwei Wochen fort wollte. Mehr war auch Josef nicht bekannt. »Vielleicht ist er früher gefahren. Ganz spontan!«
    Norma nickte zustimmend. »Eine Art Ausbruch aus dem Leben. Warum denn nicht?«
    Lutz war anzumerken, dass ihm diese Erklärung willkommen war. Aber die Zweifel blieben. »Dieser Mord an Moritz Fischer. Befürchtest du, auch Arthur könnte … etwas zugestoßen sein? Womöglich haben sich beide auf ein gefährliches Geschäft eingelassen.«
    »Fischer ist zu allerlei Bösartigkeiten fähig. Bruno hat er offenbar hinterrücks hereingelegt.«
    Lutz hörte mit steigender Besorgnis zu, als sie erzählte, was sie von Arthur über den Wechsel im Restaurant erfahren hatte. »Nehmen wir an, Fischer plante auch eine Gemeinheit gegen Arthur. Mein Gott, das hieße im Umkehrschluss, Arthur könnte Fischer getötet haben, um dessen Plänen vorzubeugen. Er wurde zum Mörder, um sich zu schützen, und ist danach untergetaucht.«
    Er schien von seiner eigenen Schlussfolgerung bestürzt.
    Norma widersprach ihm aufgebracht. »Das kannst du nicht glauben! Arthur ist kein Mörder!«
    Er sprang auf. »Norma, ich weiß, der Verdacht ist haltlos. Aber die Polizei ist vielleicht auf genau diese Idee gekommen. Schließlich fahndet man schon nach Arthur!«
    Norma legte ihm die Hand auf den Arm. »Beruhige dich, Lutz. Im Augenblick will man ihn nur aus einem Grund sprechen: um mehr Einzelheiten über Fischer zu erfahren. Setz dich wieder hin!«
    Zögernd folgte er ihrer Bitte. »Es bleibt eine

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