Weinrache
verfolgen. Nicht mit Arthur, entschied Norma. Diane allerdings traute sie alles zu. Bevor sie Fischer kennen lernte, hatte Diane eine Armada von Beziehungen verschlissen. Arthur und Norma gaben der neuen Liebe damals keine 12 Monate, doch es kam anders. Vier oder fünf Jahre lag das zurück. Vor drei Jahren hatten Moritz und Diane geheiratet. Eine Hochzeit mit allem Schick und Pomp und Arthur als Trauzeugen. Ausschließlich Moritz zuliebe, wie er betonte. Diane sei eine Wölfin im Schafspelz, deren verlogene Harmlosigkeit vom hübschen Anblick überblendet würde. Diane hatte ihre Abneigung genauso wenig verborgen und Arthur als Spießigkeit in Person bezeichnet. Im Lauf der Jahre war es zwischen beiden zu einer Art unvereinbarten Waffenstillstand gekommen. Kurz vor der Kolumbienreise jedoch musste irgendetwas vorgefallen sein. Arthur hatte wieder angefangen, in übler Weise über Diane herzuziehen. Norma erinnerte sich deutlich, dass Diane sogar auf dem Hinflug ein Thema war. Ein Ablenkungsmanöver? War Arthurs Schlechtmacherei nichts anderes als eine Show für die gutgläubige Norma?
Ein lautes Miau unterbrach ihre Grübeleien. Auf der Fensterbank zeigte sich der blaugraue Kater. Mit einem Maunzen folgte er ihrem Rufen und trabte durch die Tür. Noch ein Streifen um ihre Waden, dann sprang er auf das Regal und rollte sich auf dem Handtuch zusammen, das sie ihm als Bett spendiert hatte.
Das Telefon rief sie an den Schreibtisch zurück. Die Dame aus der Reinigung teilte mit, der Anzug könne abgeholt werden. So schnell! Norma bedankte sich und versprach, nach der Mittagspause vorbeizukommen. Sie setzte ihre Hoffnungen darauf, Sundermann vielleicht doch eine Beobachtung zu entlocken. Arthur musste ihm begegnet sein. Zu Fuß am Straßenrand, wo Sundermann ihn hätte sehen müssen. Oder unauffällig in einem anderen Wagen.
Arthur, immer wieder Arthur. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis.
Kurz entschlossen tippte sie eine Nummer in das Telefon, das sie noch in der Hand hielt. Wolfert meldete sich sofort.
Sie wolle gern an das Gespräch von gestern anknüpfen, erklärte sie.
»Mach es bitte kurz! In 10 Minuten trifft sich die Soko Weinfest.«
Sie versprach, ihn nicht lange aufzuhalten. »Gibt es gesicherte Hinweise darauf, dass Arthur und Diane eine Beziehung hatten?«
»Du sprichst von einer Liebesbeziehung?«, vergewisserte sich Wolfert, korrekt wie immer.
»Bitte, Dirk! Was weißt du darüber?«
»Norma, dir ist bekannt, dass ich darüber keine Auskunft geben …«
»Bitte, Dirk!«, wiederholte sie, dieses Mal mit mehr Nachdruck. »Vergiss einmal für eine einzige Minute deinen Beamtenstatus!«
Sie meinte, über die Leitung Schritte zu hören, dann ein Klappen, als hätte er die Tür ins Schloss geworfen. »Aber kein Wort, auch nicht zu Luigi!«
Als sie versprach, zu schweigen wie ein Grab, ließ er sich zu einer Andeutung herab. »Einen konkreten Beweis haben wir nicht.«
»Aber konkrete Gerüchte?«
Wolfert wiegelte ab. »Nur eine Aussage. Ein Mädchen aus dem Architekturbüro behauptet, deinen Mann und die Fischer in Frankfurt gesehen zu haben. Es sei eindeutig gewesen, sagt das Mädchen.«
Überzeugt klang Wolfert trotzdem nicht.
»Warum zweifelst du an der Aussage?«
»Sie saß auf der ›Zeil‹ in einem Eiscafé, als angeblich die Fischer und dein Mann vorbei gekommen sind. Arm in Arm, in verliebter Haltung, wie das Mädchen sich ausdrückte.« Wolfert seufzte.
»Herrje, Dirk! Lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!«
»Ohne Brille ist das Mädchen blind wie ein Lurch. Und sie hat deswegen in der Eisdiele gesessen, weil ihr ein Brillenglas herausgebrochen war. Während sie das Eis löffelte, reparierte der Optiker die Brille. Es könnte ein anderer Mann oder eine andere Frau oder ein völlig anderes Paar gewesen sein.«
»Und weitere Hinweise habt ihr nicht?«
»Den übrigen Angestellten in Fischers Büro ist nichts aufgefallen. Und dir ja offenbar auch nicht.«
»Nun, Arthur und ich leben getrennt, wie du weißt. Er ist mir über seine Beziehungen keine Rechenschaft mehr schuldig.«
Sie dankte Wolfert, wusste sie doch, wie schwer es ihm fiel, gegen Vorschriften zu verstoßen. Auch wenn das Vergehen in diesem Fall, nach Normas Empfinden, nicht der Rede wert war.
Zum Schluss wartete er mit einer weiteren Überraschung auf. »Norma, wenn du willst, wenn du mal Zeit hast, könnten wir essen gehen. Ich lade dich ein. Sobald der Fall Fischer gelöst ist, meine ich.«
Er wartete
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