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Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Titel: Weinzirl 04 - Gottesfurcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Schnitzerei bestimmt
keine Boombranche war, hätte der Mann doch etwas verbindlicher sein können.
    Gerhard präsentierte
seinen Ausweis. »Ich möchte nichts kaufen. Ich möchte wissen, wo Sie am 26.
zwischen elf Uhr und vierzehn Uhr waren.«
    »Müssens grad jetzt
kommen?« Stuckenzeller bedachte Gerhard mit einem entnervten und verächtlichen
Blick. Er stöhnte, wischte sich die Hände an einem karierten Schnupftuch ab und
hockte sich auf einen Holzklotz. Gerhard bot er keinen Sitzplatz an.
    »Also, wo waren Sie
gestern? Ich meine: zur Mittagszeit. Einige Tage vorher haben Sie Georg Kölbl
bedroht.«
    »Bedroht, kommens!«
    »Frau Heringer und
Frau Kölbl haben das bestätigt. Sie hätten Herrn Kölbl wegen des Mobilfunkmasts
bedroht.«
    »Blede Kacheln! Weil
das auch eine Sauerei ist. Diese Masten verstrahlen unsere Kinder.«
    »Herr Stuckenzeller,
es tut mir Leid, dass ihre Frau an Knochenkrebs gestorben ist, aber vermengen
Sie da nicht zweierlei Dinge?«
    »Lassens meine Frau
aus dem Spiel.« Er war aufgesprungen und fuchtelte mit einem Schnitzmesser vor
Gerhards Gesicht herum.
    »Stuckenzeller!«
Gerhard brüllte plötzlich wie ein Berserker und griff sich zur Hüfte. Nicht
dass er eine Waffe dabei gehabt hätte, er hatte fast nie eine dabei, aber
Stuckenzeller war damit einzuschüchtern. Der sank tatsächlich wieder auf den
Holzklotz.
    Gerhard begann von
neuem. »Es gibt, soweit ich weiß, keine gesicherten Erkenntnisse, ob
Mobilfunkmasten gesundheitsschädlich sind.«
    »Natürlich gibt’s
die, ich habe einen ganzen Ordner voll davon.«
    »Ja, und die
Befürworter haben auch einen Ordner voll, der die Unbedenklichkeit erklärt.
Herr Stuckenzeller, das kennen Sie doch: Traue keiner Statistik, die du nicht
selber gefälscht hast. Und traue keiner Untersuchung, die du nicht selber in
Auftrag gegeben hast.«
    »Außerdem
verschandeln diese langen Lulatsche das Dorfbild«, begehrte Stuckenzeller auf.
»So dicht am Ort, ich bitte Sie. Der Mast muss weg.«
    »Herr Stuckenzeller,
das Dorfbild von Unterammergau interessiert mich nicht. Mich interessiert, wo
Sie waren.«
    Er hatte einige
Holzspäne aufgehoben und popelte damit herum.
    »Also?«
    »Am Friedhof, am
Grab meiner Frau.«
    »Am Friedhof! Keine
fünfhundert Meter Luftlinie von jener Stelle entfernt, wo Ihr Intimfeind Kölbl
gefunden wurde?«
    »Na und?«
    »Na und? Sind Sie
noch ganz bei Trost? Hat Sie jemand gesehen?«
    Er schüttelte den
Kopf. »An Weihnachten gehen die Leute nicht auf Friedhöfe.« Er überlegte: »Oder
doch, der Hubert Hareither hat mich gesehen, der ist mit seinem Hund spazieren
gegangen.«
    »Und der Hareither
ist wer?«
    »Ein Kollege!«
    »Haben Sie jemanden
gesehen?«
    Wieder
Kopfschütteln.
    »Wollen Sie mir
vielleicht Fingerabdrücke nehmen oder mit so einem Wattestaberl bei mir im Maul
rumfummeln?«, fauchte er plötzlich und riss den Mund auf. Mit den gebleckten
Zähnen und Augen, die Feuer sprühten.
    Wollen gerne, dachte
Gerhard, aber er hatte leider kein Material zum Vergleich. An Kölbl war nichts
gefunden worden, und wieso sollte Stuckenzeller Johann Draxl im Eibenwald
getroffen haben? Trotzdem gab er Stuckenzeller zu verstehen, dass er eine Dame
vom Erkennungsdienst vorbeischicken würde. Außerdem würde er Melanie schicken,
die war so resolut, dass sie sogar Stuckenzeller bändigen konnte.
    »Hoffentlich ists
hübsch!«, sagte Stuckenzeller nur.
    In dem Moment
intonierte sein Handy den Gefangenenchor aus Nabucco.
    Stuckenzeller
klemmte sich das Handy ans Ohr. »Ja, bei mir sind die auch«, und er warf einen
flammenden Blick auf Gerhard.
    »Sie telefonieren
mit dem Handy?«, fragte Gerhard. Die Ironie in seiner Stimme dürfte dem
Schnitzer nicht entgangen sein.
    »Hauens ab. Raus!
Das geht Sie alles nichts an.«
    »Leichen gehen mich
was an, Stuckenzeller. Leider!« Gerhard warf die Tür zu. Er konnte auch
theatralisch sein.
    Er telefonierte mit
Baier, der sich Dr. von Brösig, den Rechtsanwalt der Initiative, noch mal
vorgeknöpft hatte. »Eine Mischung aus König Ludwig und Don Johnson. Zudem
stockschwul, und er bleibt bei seinem Alibi. Wortgetreu dasselbe wie gestern.
Hat mir auch bereitwillig Informationen zu den Mitgliedern der
Anti-Strahlen-Initiative gegeben. Zitiere: Wir sind alle Bürger, denen das
Gemeinwohl am Herzen liegt. Aber keine Mörder. Wir haben uns dem Gewaltverzicht
verschrieben. Dieser Widerling, dieser gschleckte!«
    »Und jetzt?«, fragte
Gerhard. »Wollen wir die restlichen fünfzehn Mitglieder

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