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Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Titel: Weinzirl 04 - Gottesfurcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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als
verheiratete Albrecht in Seeshaupt. Er bekam die Adresse. Auch eine Telefonnummer.
Eine Bandansage ließ ihn wissen, dass Familie Albrecht bis einschließlich 3.
Januar in Urlaub sei. Er teilte Baier seine Ergebnisse mit. Der wirkte
unzufrieden und brummiger als je zuvor. Das Ergebnis der Fingerabdrücke ließ
auf sich warten, Hareither war noch nicht wieder aufgetaucht, um eventuell zu
erklären, wo er gewesen war, als Matzke so grausam sterben musste.
    »Weinzirl, haben Sie
mal überlegt, dass der vierte Mann unser nächstes Opfer sein kann?«, fragte
Baier.
    Das hatte Gerhard
wohl, er hatte es nur verdrängt.
    »Müssen den finden,
unbedingt. Und wenn der auch noch schnitzt?«
    Sie stellten sich
vor die Skizze am Flipchart und ergänzten eine vierte Spalte.
    ? Laberbauer
    ? geb. 40 in Berg ?
    wohnhaft ?
    Beruf ?
    lebt hoffentlich, wo ?
    Tier ?
    Schnitzschule, dort
nicht verzeichnet? Trotzdem Verbindung?
    »Wenn wir gar keinen
Zusammenhang mit Ogau finden, dann führt unsere heiße Schnitzerspur womöglich
ins Leere«, dachte Gerhard laut und durchbohrte das Flipchart fast mit Blicken.
    »Womöglich ist
dieser Viergesang der Schlüssel.«
    »Und da meuchelt
einer fast fünfzig Jahre später die sympathischen ehemaligen Hauser
Gaudiburschen? Böse Menschen haben keine Lieder. Herrschaft Zeiten, Weinzirl.
So oder so, wir müssen den Mann finden. Den vierten Mann.«
    »Ja, das sollten
wir! Denn wenn wir mal davon ausgehen, dass der vierte Mann der letzte in
dieser Mordserie sein soll, dann sollten wir uns schon mal wappnen. Und weder
schwache Nerven noch schwache Mägen haben.«
    »Glauben Sie immer
noch an die aufsteigende Serie?«
    »Ja, was heißt schon
glauben«, sagte Gerhard, der heute irgendwie in aufgelockerter Stimmung war.
Plötzlich hatte er eine Idee, und als ob Baier Gedanken lesen könnte, sagte
dieser:
    »Fahren Sie mal zu
dieser Kassandra. Denn auch wenn ich das Raunacht-Gequatsche hasse, vielleicht
kann sie uns den nächsten Mordplatz vorhersagen.« Er lachte.
    »Witzig! Daran hab
ich auch gedacht.«
    »Ja klar, Weinzirl,
Sie sind auch so ein verquerer Knochen wie ich. Nur jünger. Gut so!«

12
    Frau Kassandras –
ja, wie sagte man da eigentlich? Praxis? Kanzlei? Büro? – lag in einem
renovierten Bauernhaus am Ortsrand von Raisting, die Parabolantennen glänzten
in der Sonne.
    Frau Kassandra
öffnete ihm die Tür. Über ihre dunkle Haarpracht hatte sie wohl Goldglitter
gestreut, sie trug ein merkwürdiges langes Gewand aus etwas, das man – Gerhard
glaubte sich zu erinnern – Panne-Samt nannte. Der Aufzug war auch echt Panne,
und im Gegensatz zu seiner wohl proportionierten Mittelalterfee war Frau
Kassandra beinig wie ein Wurzelstock.
    »Marakala«,
schmetterte sie. Als sie Gerhard erkannte, hielt sie inne. »Ach Sie sind es!
Warten Sie mal.« Und anstatt den schwarzen Vorhang zu ihrer »Praxis« zu lüften,
schob sie Gerhard durch eine andere Tür in eine Küche, in der ein Kachelofen
bullerte.
    Frau Kassandra
machte keine Anstalten, ihm einen Sitzplatz anzubieten. Sie bedachte ihn mit
einem vernichtenden Blick, schnaubte: »Moment!« und verschwand durch eine
andere Tür.
    Gerhard ließ den
Blick schweifen. Eckbank, Ikearegale, Vorhänge in einem Hundertwasserdesign,
Kissen dazu. Plinius der Ältere lag auf der Kachelofenbank und schlief, daneben
Hintern an Hintern ein rotes Katzentier, das doppelt so groß war wie Plinius.
Gemütlich war es hier, aber gar nicht kassandraesk. Auf dem Herd stand ein Topf
mit angepappten Spaghetti und daneben eine halbe Packung mit fertigen
Speckwürfelchen.
    »Ich dachte, Sie
halten es eher mit Vegetarischem und Kräutern, die Sie nur bei Vollmond brocken
und dann vor der Verkleinerung der Cheops-Pyramide besprechen?«, sagte Gerhard,
als sie wieder hereinkam. Sie hatte ihre Locken zu einem Pferdeschwanz
zusammengezwängt, trug eine Jeans, die unterstrich, wie schlank sie war, und
hatte ein türkisfarbenen Chenille-Pulli an. Nichts Selbstgestricktes.
    »Ich liebe Speck und
Presssack!«
    Gerhard sah sie
skeptisch an.
    »Ich nehme einfach
nicht zu. Ich hab es an der Schilddrüse. Andere wären begeistert. Ich wäre
lieber runder, und ich hasse meine Haare. Ich habe sie immer gehasst. Ich
wollte feine, glatte Haare haben!«
    »Nun ja, es verleiht
Ihnen aber doch in ihrem Job etwas Theatralisches«, sagte Gerhard lächelnd und
bedachte sie nun doch mit seinem reizenden Lächeln, das er zwar eher bei
älteren Damen anwandte, aber in Ermangelung sonstiger

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