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Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Weinzirl 04 - Gottesfurcht

Titel: Weinzirl 04 - Gottesfurcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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hier ein
Gesprächsthema sind!«, hatte sie lächelnd gesagt.
    »Ich?« Karl war
überrascht gewesen.
    »Natürlich. Sie
können Menschen manipulieren, Sie verstecken sich hinter der Kontrolle. Sie
wirken auf Frauen verführerisch, weil Sie diese absolute Gewissheit Ihrer
selbst verströmen. Es gibt hier Frauen, die haben versucht, bei Ihnen Eindruck
zu schinden. Haben Sie das nie bemerkt?«
    Karl hatte den Kopf
geschüttelt. Sie hatte gelächelt. »Erzählen Sie mir irgendwann einmal, welche
Narben Sie davongetragen haben?«
    Er nickte, er wusste
nicht, warum er das tat. Sie heirateten 1971, 1979 gingen sie nach Tunesien in
das dortige Werk, 1982 nach Marokko. Es war in Marokko, als Karl seine
Geschichte erzählte. Der Frau, mit der er nun seit elf Jahren verheiratet war.
Der Frau, die er nicht liebte, die er aber verteidigt hätte mit Blut und Waffen
und mit seinen Händen. Sie war sein Freund, sein einziger. Sie hatte seine
Geschichte angehört, als sie auf der Terrasse gesessen hatten, heißen
Pfefferminztee in den kleinen Tassen. Sie hatte ihn auf die Stirn geküsst und
gesagt: »Lassen wir sie ruhen.«
    Sie kamen 1985 aus
Marokko zurück, Karl arbeitete noch bis 1995 in Immenstadt, bis er
frühverrentet wurde. Die Filleböcks lebten ein kleines stilles Leben, und das
war so viel mehr, als sich Karl je erträumt hatte. Karl begann dann auch eine
ehrenamtliche Tätigkeit in der Hofmühle als Museumsführer und später im
Bergbauernmuseum in Diepolz. Dort blühte er auf. Seine Gesten wurden größer,
seine Augen hatten den Glanz der Jugend, wenn er erzählte von all dem, was er
wusste über die Natur und ihre verborgenen Geheimnisse. Die Kinder liebten ihn.
Sie selbst hatten keine Kinder. Karl hätte nie welche gewollt, weil Eltern sich
ihren Kinder zumuteten. Das wollte er nicht. Maria hatte er nie gefragt, aber
sie hatte auch nie den Wunsch geäußert.
    *
    Gerhard
setzte Baier ins Bild, der nur noch den Kopf schüttelte. Immer nur den Kopf
schüttelte. Baier fuhr und musste sich voll konzentrieren, weil die
Straßenverhältnisse mit Schneematsch und überfrierender Nässe nicht gerade zum
Rasen einluden. Sie schwiegen die gesamte Strecke, die einzigen Laute im
Wageninneren kamen von der quäkend-scharrenden Stimme des Polizeifunks. Sie
brauchten genau eine Stunde und zweiundvierzig Minuten, bis sie in Zaumberg
waren. Es wurde eine kurze und leise Vorstellung zwischen Baier und Evi. Dann
gingen sie alle aufs Haus zu. Baier läutete. Gerhard, Baier und Evi standen
aufgefächert vor der Tür, weitere Beamte sicherten das Haus, als Frau Filleböck
öffnete. Sie hatte Teig an den Fingern, trug eine Schürze und hatte die Stirn
gerunzelt.
    »Was ist denn hier
los?« Sie wirkte ruhig, höchstens gestört in ihrer Tätigkeit.
    »Kriminalpolizei.
Ist Ihr Mann da?«
    Sie wischte die
Hände an der Schürze ab, und Gerhard beobachtete sie sehr genau.
    »Nein.« Sie sah
nicht wirklich überrascht aus. »Er ist oben im Museum. Kommen Sie rein.«
    Sie führte die drei
Ermittler in einen großzügigen Raum mit Dielenboden, auf dem bunte
marokkanische Teppiche lagen und in dem einige exotische Dekorationsstücke in
schönster Eintracht mit Bierkrügen und Trockenblumen lebten. Sie setzten sich
auf bunte Sessel.
    Die Frau war nicht
der Typ, der Schonung bedurfte. Sie hatte kluge, wache Augen, und auch die
alten Aknenarben machten sie nicht unansehnlich, eher interessant.
    »Ihr Mann steht
unter Mordverdacht!«, fiel Baier mit der Tür ins Haus. »Wo war er am 21., am
26. und an Neujahr?«
    »Das soll ich mir
alles gemerkt haben und wissen?« Noch immer war ihre Stimme neutral.
    »Sie sollten bitte
versuchen, sich daran zu erinnern«, sagte Evi.
    »Mein Mann ist viel
unterwegs, er hat ein Faible für Orte der Kraft. Er arbeitet an einem Buch
darüber. Ich nehme an, er hat dafür recherchiert.«
    »Im Eibenwald bei
Weilheim? Am Döttenbichl und in Peißenberg, alles in der Nähe der ehemaligen
Heimat ihres Mannes?«, fragte Baier knurrend.
    »Mein Mann hat keine
Heimat«, sagte Frau Filleböck leise.
    »Kennen Sie die
Vergangenheit Ihres Mannes? Dass er für den Mord an Magda Alsbeck im Gefängnis
saß? Hat er sie überhaupt umgebracht? Hat er seinen Vater ins Silo gestürzt und
den Pfarrer ermordet?«
    Gerhard setzte auf
den Überraschungsangriff, doch wieder kam nur ein distanziert-freundliches »Das
sind recht viele Fragen auf einmal«. Sie hatte sich auf die Lehne eines
Ledersessels gesetzt.
    »Als mein Mann ins
Allgäu kam,

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