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Weiß (German Edition)

Weiß (German Edition)

Titel: Weiß (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harper Ames
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ja Glückskatzen genannt. Ein Begriff, der sich in meine persönlichen Erfahrungen nur schwer einfügen lässt.
    In Weiß gab es aber nicht nur viele Katzen, sondern auch viele Katzenliebhaber, welche hier allesamt voll auf ihre Kosten kamen. Ganz im Gegensatz zu mir, denn ich konnte diese Flohtaxis noch nie leiden. Diese Antipathie erwies sich als wenig vorteilhaft für mich, denn die Katzen in Weiß waren keine Hauskatzen. Sie hielten sich nicht den ganzen Tag über in den Häusern ihrer Herrchen versteckt, sodass man sie maximal auf dem Fensterbrett eines Fensters zwischen vertrockneten Orchideen und der verstaubten Osterdekoration vom letzten Jahr sehen konnte. Nein, die Katzen in Weiß lebten allesamt auf den Straßen! Gott weiß, wie die Viecher es schafften, genügend Nahrung zu finden, damit sie sich, ihre Kinder und all ihre Freunde durchbringen konnten. Denn sie waren, verdammt nochmal, viele. Wahre Hundertschaften an vierbeinigen, schlitzäugigen Katzentieren mit verfilztem Fell und schlechtem Atem.
    Ich persönlich hege ja den Verdacht, dass die Einwohner von Weiß sie gefüttert haben. Wahrscheinlich taten sie dies aus Mitleid und Dummheit, denn jedem normal denkenden Mensch müsste doch klar sein, dass die Gesamtsituation durch ein derartiges Verhalten nur noch verschlimmert wurde. Durch das Füttern hältst du die Tiere gerade so viel am Leben, dass sie nicht verrecken, aber trotzdem gibst du ihnen zu wenig, als dass es ihnen gut gehen könnte. Die meisten dieser Katzen hatten wirklich ein elendes Leben!
    Morgens, wenn die Sonne sich dunstig zu ihrer unbarmherzigen Herrschaft erhob, und sich die feuchte Luft in wabernden Schwaden in den Wald und den Sumpf verzog, konnte man sie das erste Mal sehen. Dann krochen sie langsam aus den Ritzen, den Schuppen und zwischen den Mülltonnen hervor, wo sie die Nacht verbracht hatten. Was in den kühlen Stunden noch ein sicherer Zufluchtsort gewesen war, verwandelte sich in der sengenden Sonne des Tages nämlich in einen von saurem Fäkaliengestank verseuchten Glutofen. So mussten sich die räudigen Biester schon bei dem ersten Hauch von Sonne aus ihren Verstecken quälen und sich ein Quartier für den Tag suchen, wobei dieses vorzugsweise im Schatten gelegen sein sollte. Wer einen solchen Platz erwischte, rührte sich für den Rest des Tages nicht mehr von der Stelle. Wer keinen erwischte, fiel nach langwieriger, kräftezehrender Suche einfach um und hoffte wohl, dass er den Tag überstehen würde. Selbst die grünlich schimmernden Schmeißfliegen konnten nach dem endgültigen Sonnenaufgang kaum noch eine Katze zu einer Bewegung veranlassen.
    Erst wenn der brennende Gasball wieder hinter dem Horizont verschwunden war, kam langsam Leben in die Truppe. Dann schüttelten sie sich die Fliegeneier aus den zerbissenen Ohren und machten sich müde schwankend und stolpernd auf die Suche nach etwas zu trinken.
    Wenn Du Dir das alles durch den Kopf gehen lässt, wäre ein kurzer, schmerzloser Tod für die meisten dieser Kr eaturen wirklich besser gewesen.

Acht
    Er stieß das kleine Gartentürchen mit einer solchen Wucht auf, dass die rostigen Scharniere protestierend quietschten.
    Obwohl er jetzt nur noch wenige Meter von dem alten Mann entfernt war, war Lewins Laune immer noch erstaunlich gut. Er fühlte das Leben in seinem Körper pulsieren und der Gedanke an Lydia und ihre langen, dunklen Haaren brachte ihn dazu, sich unglaublich leicht zu fühlen. Heute würde er sich von dem Alten nichts gefallen lassen. Heute konnte der hässliche Kerl seine Laune nicht ruinieren, denn heute würde er ihm zeigen, wie es in Zukunft zu laufen hatte.
    Wenn man sich nicht wehrt, wird sich auch nichts ändern – da hatte Lydia wirklich verdammt recht!
    Lewin öffnete die Wohnungstür und ging zuerst nach rechts ins Badezimmer, um sich dort gründlich die Hände zu waschen. Der Gedanke, dass die Bakterien oder Viren, die diese fette Katze zerfressen hatten, sich auf seinem Körper festsetzten, bereitete ihm Sorgen. Selbst wenn sie ihm vielleicht gar nicht gefährlich werden konnten. Schließlich gab es Krankheiten, die nur Tiere befielen. Aber Vorsicht war in dem Fall vermutlich besser als Nachsicht.
    Nachdem die Haut an seinen Händen rot und heiß war, machte er sich auf den Weg in die Küche, um das Essen für den Alten vorzubereiten. Grauer Haferbrei, wie jeden Tag. Das einzige, was der Greis überhaupt noch verdauen konnte. Als er die graue Pampe langsam auf den Teller tropfen ließ,

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