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Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Titel: Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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bildschöne Tote abgeben, das wusste der Mann schon jetzt. Er würde sie noch eine Weile in seinen Armen wiegen und ihr ein Lied vorsingen, bevor er ihren Körper wegschaffte. Ein Schlaflied, damit sie sanft ins Reich der ewigen Träume hinübergleiten konnte.
    Doch bevor es so weit war, musste er den passenden Moment abwarten. Der Mann ließ den Daumen über die scharfe Klinge des Messers in seiner Hosentasche gleiten. Eine gezielte Bewegung und das Mädchen würde aufhören zu tanzen und für immer schweigen. Sie würde nie wieder in der Lage sein, seine über alles geliebte Lucy zu bedrohen. Hier inmitten der Nachtschwärmer würde es niemandem auffallen, wenn das Mädchen in sich zusammensackte. Niemand würde sie schreien hören. Und bevor noch irgendjemand das Blut bemerken könnte, das ihrer Wunde entströmte, hätte der Mann sie schon aus dem Club geschafft. Man würde denken, das Mädchen sei betrunken oder wäre in der stickigen Luft umgekippt. Ihren toten Körper würde der Mann unauffällig in die Elbe gleiten lassen, die geeignete Stelle hatte er bereits gestern bestimmt. Bis sie gefunden und identifiziert wurde, würde einige Zeit vergehen. Er durfte nur nicht vergessen, ihr zuvor den herzförmigen Granatanhänger abzunehmen, den Lucy als Beweis für ihren Tod gefordert hatte. Doch der Mann war ein Profi. Er hielt sich an die Vorgaben.
    Dann war es so weit: Der DJ spielte Songs, die den Begleitern des Mädchens offenbar nicht gefielen. Zwei von ihnen gingen an den Tresen, um Getränke zu holen, der dritte Richtung Toilette. Das Mädchen hingegen tanzte immer noch – wie in Trance. Wie schön sie war, wie anmutig in ihren Bewegungen. Wie selig das Lächeln, das ihre Lippen umspielte. Es war eine Sünde, das fühlte der Mann ganz genau. Es war Sünde, ein so junges und unbeschwertes Leben auszulöschen.
    Der Mann bemühte sich, gegen seine aufkommenden Zweifel anzukämpfen. Er musste sich darauf konzentrieren, seine Gefühle in Schach zu halten. Sobald Emotionen ins Spiel kamen, war er gefährdet. Gefühle gefährdeten die Präzision, die ihn zu einem Profi seines Metiers machten.
    Plötzlich lief ein Song, der ihm einst viel bedeutet und den er lange nicht mehr gehört hatte:

    Ständig voran, Schritt um Schritt
Es gibt keine Straße zurück,
was jetzt gerade ist, wird nie mehr ungeschehen.
Die Zeit läuft schnell davon, was passiert ist, ist passiert,
was jetzt ist, wird nie mehr so geschehen.
Es gibt keine Straße zurück,
einen Satz zu viel aus Wut gesagt,
einen Schritt zu weit nach vorn gewagt,
und schon ist alles vorbei.
Vorbei, vorbei, vorbei.
    So schön diese Liedzeilen auch waren, er würde sich nicht von ihnen zurückhalten lassen. Er hatte es Bella versprochen.
    Und Gunter hielt seine Versprechen!

15
    Ich fühlte mich so frei wie lange nicht mehr. Nicht nur weil endlich Ferien waren, sondern weil ich den Plan gefasst hatte, mein Leben künftig neu zu gestalten. Hier, auf der Tanzfläche des Golden Pudel Clubs, kam es mir vor, als könne mir nichts und niemand etwas anhaben. Weder die spießigen Lebensumstände in Langenhorn noch Bella, die von Tag zu Tag krötiger wurde.
    Ich würde die Sommerferien nutzen, um im Tierlieb Geld zu verdienen, und Dad bei passender Gelegenheit darum bitten, von zu Hause ausziehen zu dürfen. Mit seiner Genehmigung wäre das hoffentlich kein Problem.
    Mein Körper schwebte über den abgetretenen Bretterboden, meine Gedanken flogen durch den Raum und wurden eins mit der Musik. Ich konnte es kaum abwarten, Nobodytown und Bella für immer den Rücken zu kehren. Dazu passte der Song von Wolfsmond wirklich hervorragend.
    Doch plötzlich raubte mir etwas die Luft zum Atmen. Etwas kaltes Metallisches bohrte sich unsanft in meine Magengrube. Ich hob den Kopf und blickte in das Gesicht des Tattoo-Mannes aus der Schanze. Er beugte sich über mich und presste den Gegenstand weiter an meinen Bauch.
    Ich hielt die Luft an, mir wurde schwindelig und übel. Todesangst erfasste mich. Mein Albtraum von neulich Nacht würde brutale Wirklichkeit werden!
    Der Mann raunte mir zu, mit ihm zum Ausgang zu kommen und mich nicht zu wehren. Andernfalls hätte mein letztes Stündlein geschlagen.
    Das Blut rauschte in meinen Ohren, in meinem Kopf hämmerte ein Presslufthammer, der voller Wucht gegen meine Schläfen donnerte. Auf meinem neuen weißen Top hatte sich mittlerweile ein feines rotes Rinnsal gebildet. Ich konnte nicht mehr denken, mich kaum bewegen. Sämtliche Reflexe schienen

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