Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid
handelt es sich?«
Die Antwort auf diese Frage war schwer. Wie sollte sie ihm klarmachen, dass sie sich den Tod ihrer eigenen Stieftochter wünschte? Die Frau reckte entschlossen das Kinn und sah dem Killer tief in die Augen. »Sie heißt Sarah Sandmann und ist die Tochter meines Mannes. Sie macht mir seit elf Jahren das Leben zur Hölle und jetzt hat sie mich auch noch mit einem Küchenmesser bedroht!«
»Bedroht?!«, fragte Gunter irritiert.
»Ja, sie hasst mich und neigt zu unkontrollierten Wutausbrüchen. Manchmal habe ich den Verdacht, dass sie psychisch gestört ist. Vielleicht ist ja der frühe Tod ihrer Mutter daran schuld.« Die Frau schnäuzte demonstrativ in ein Tempo. Dann nahm sie fünf der zehn Geldscheine aus der Tasche und drückte sie Gunter in die Hand. »Der Rest folgt, wenn du sie getötet hast.«
»Und wo soll ich die Sache am besten erledigen?«
Das war der weitaus schwierigere Teil des Plans. »Du müsstest sie mit irgendetwas locken, das mit Tieren zu tun hat. Oder mit Musik, mit Tanzen…«
Gunter dachte nach. »Okay, ich lass mir was einfallen. Hast du ein Foto?«
Die Frau nickte und gab ihm ein Bild von Sarah. Dann deutete sie auf den Granatanhänger. »Den bringst du mir mit, als Beweis dafür, dass Sarah nicht mehr lebt. Von diesem Schmuck würde sie sich niemals freiwillig trennen. Sobald ich ihn habe, bekommst du das restliche Geld.«
Ein zufriedenes Lächeln umspielte ihre Lippen, als die Frau auf die Straße trat. Sie war so gut gelaunt, dass sie sogar einem Bettler Geld in den leeren Pappbecher warf und einer Nutte in rosafarbenem Overall und türkisen Moonboots zunickte. Dieses Schicksal war ihr zum Glück erspart geblieben, denn im letzten Augenblick, bevor sich die Schlinge endgültig um ihren Hals zugezogen hatte, hatte sie Philipp kennengelernt.
Mit einem mitleidigen Blick ging sie zum Taxistand. Es war Zeit, diesem Ort für immer den Rücken zu kehren!
12
SMS an Sarah
Lust auf ’ne kleine Party? Heute Abend um neun in der Karoline. Wäre geil, wenn du kommst!
JD
Ich juchzte vor Freude laut auf, als ich die SMS von Johnny D las. Damit waren der Samstagabend und meine Laune definitiv gerettet. Außerdem blieb es mir so erspart, mich selbst bei ihm zu melden und zu fragen, ob ich vorbeikommen durfte. Schließlich wäre es megapeinlich gewesen, erst Paolo zu erzählen, ich hätte ein Date und dann neben Bella auf dem Sofa zu hocken und Wetten dass? zu schauen.
Ob Felix auch da sein würde? Ich wagte gar nicht, diesen Gedanken zu Ende zu denken, denn sonst wäre ich nur enttäuscht, wenn er nicht käme. Außerdem wollte ich auf keinen Fall zu der Sorte Mädels gehören, deren ganzes Denken ausschließlich um den Typen kreiste, in den sie sich gerade verknallt hatten.
Verknallt? Beschämt fragte ich mich, ob man sich innerhalb weniger Wochen für zwei Typen interessieren konnte. Schließlich war es gerade mal eine Woche her, dass Paolo bei mir gefensterlt hatte.
Ich beschloss, diese komplizierten Überlegungen zu vertagen und stattdessen im Hier und Jetzt zu leben. Und in diesem Hier und Jetzt brauchte ich definitiv etwas zum Anziehen. Meine Outfits waren für Nobodytown und die Schule ganz okay, aber für eine Party in der Karoline? Mal sehen – wie viel Geld hatte ich eigentlich auf meinem Sparbuch?
Die Antwort auf diese Frage erwies sich als kompliziert, denn in Sachen Papierkram war ich eher schlampig veranlagt. Dad bekam jedes Mal einen mittelschweren Anfall, wenn er mich bat zu überprüfen, wie lange mein Personalausweis noch gültig war, oder nach meinem Impfpass fragte. Nach langem Suchen fiel mir dann ein, dass sich mein Ausweis – thematisch passend – meist in irgendwelchen Reiseführern befand und der Impfpass in dem Lexikon , in dem ich immer nachsah, wenn ein Arzt Dad oder mir ein Medikament verschrieb. Schließlich wollte ich mir nicht irgendetwas in den Mund stecken, von dem ich nicht wusste, was es war. Bella schüttelte darüber nur den Kopf und futterte sich weiter durch alle Schönheitspillen, die in den Frauenmagazinen angepriesen wurden, und ließ sich Botox, Kollagen und Hyaluronsäure spritzen, obwohl eine Patientin sogar nach einer solchen Behandlung erblindet war.
Doch zurück zum Sparbuch. Wann hatte ich es zum letzten Mal in der Hand gehabt? Mal sehen… Ach ja, wegen Dads vierzigstem Geburtstag! Bella und ich hatten ihm ein Mountainbike geschenkt, das jetzt weitgehend ungenutzt im Carport neben Bellas Flitzer stand. Ich wühlte mich
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