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Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Titel: Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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aßen, wonach ihnen gerade der Sinn stand, folgte Sebastians Speiseplan einer festen Regel: ein Vollkornbrötchen mit je einer Hälfte Käse und einer mit Aprikosenmarmelade. Meine Versuche, ihm auch mal andere Sorten schmackhaft zu machen, waren mit folgender Begründung abgelehnt worden:
    Himbeer-, Brombeer-, Erdbeermarmelade: zu viele Kerne, die zwischen den Zähnen stecken bleiben konnten.
    Blaubeermarmelade: färbte die Zunge blau. Angeblich für immer.
    Nutella: schlimme Allergie gegen Haselnüsse.
    Andere Brotaufstriche: schmeckten alle nach Leberwurst. Und Sebastian hasste Leberwurst.
    Nach einigen gescheiterten Anläufen hatte ich aufgegeben, schließlich war ich ja nicht hier, um seine Ernährungsgewohnheiten zu revolutionieren. Vielmehr war ich zu einer Art Haushaltshilfe in der Zwergen-WG geworden, denn da ich keine Miete zahlen konnte, hatten wir abgemacht, dass ich für Essen und Unterkunft arbeiten sollte. Mein Tagesablauf war ziemlich überschaubar: Frühstück machen, Zimmer aufräumen, saugen, Betten machen, Staub wischen und natürlich irgendwann die Bäder putzen.
    Davor graute mir am meisten – denn ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Badezimmer von sieben Jungs aussahen, die es allesamt nicht so sehr mit Hausarbeit hatten.
    Aber wozu hatte der liebe Gott Gummihandschuhe erfunden?!, sprach ich mir Mut zu und trug das Geschirr in JamieTims Küche, der als Einziger eine Spülmaschine hatte.
    Nachmittags kaufte ich ein und begann dann allmählich mit der Zubereitung des Abendessens. Diese Aufgabe stellte für mich die größte Herausforderung dar: Ich konnte nämlich nicht kochen. Also behalf ich mir für den Anfang mit Fertiggerichten, zu denen ich Salat machte. Ich musste unbedingt demnächst einen Kochkurs bei JamieTim machen!
    Als Sebastian gegangen war, begann ich, die Waschmaschine zu befüllen und darüber nachzudenken, wie ich es am schlausten anstellen konnte, an mein Handy zu kommen. Außerdem fehlten mir neben meinen Klamotten mein Tagebuch und natürlich die Fotos von Mom.
    Es blieb mir wohl nichts anderes übrig, als trotz der Warnung des Tattoo-Mannes nach Langenhorn zu fahren und die wichtigsten Sachen zu holen. Donnerstagvormittag war Bella immer im Fitnessstudio und blieb ewig dort, weil sie sich anschließend eine Massage gönnte.
    Ob der Tattoo-Mann mich wohl immer noch beobachtete? Einerseits konnte ich es mir nicht vorstellen, andererseits konnte ich diese diffuse Angst aber auch nicht abschütteln. Was, wenn er gerade auf der Straße stand und zu mir hochsah?
    Obwohl ich mir dumm dabei vorkam, ging ich in geduckter Haltung zurück in die Küche, die zur Passage hin lag.
    Ich richtete mich vorsichtig auf und gab mir Mühe, so dicht wie möglich hinter dem Vorhang zu bleiben. So gut ich es von meinem Versteck aus sehen konnte, scannte ich den Weg ab. Keine Spur vom Tattoo-Mann.
    Ich atmete erleichtert aus und beschloss, mich nicht weiter verrückt zu machen. Woher sollte der Typ denn wissen, dass ich hier wohnte? Selbst wenn er gesehen hatte, wie ich in das Taxi gestiegen war, hatte er doch keine Möglichkeit gehabt, mir zu folgen. Ich hätte es bemerkt, wenn ein anderes Auto oder ein Motorrad hinter uns hergefahren wäre.
    »Kannst du das noch mit reintun?«, ertönte auf einmal eine Stimme dicht hinter mir und ich zuckte zusammen.
    »Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte Ben und sah mich ernst an. »Du hast immer noch Schiss, oder?«
    Ich nickte und kämpfte mit den Tränen. Obwohl meine Mitbewohner alle zuckersüß zu mir waren, fühlte ich mich dennoch furchtbar einsam und verlassen. Mein Vater war so weit weg. Heute Nachmittag würde ich ihm eine E-Mail schicken, hatte ich mir fest vorgenommen. Was genau ich ihm schreiben würde, wusste ich allerdings noch nicht. Momentan musste jeder Schritt wirklich gut überlegt sein.
    Ich nahm zwei T-Shirts und eine Jeans von Ben entgegen und steckte sie zu der anderen Wäsche in die Trommel. Ben beobachtete jede meiner Bewegungen aufmerksam. »Hast du dich schon mal mit Engeln beschäftigt?«
    »Ehrlich gesagt nicht. Warum fragst du?«, wollte ich wissen. Ben lächelte. »Glaubst du denn an ihre Existenz?«
    »Ehrlich gesagt halte ich momentan alles für möglich!«
    »Okay, Sarah. Dann komm mal mit! Vielleicht kann ich dir ja helfen.«
    Ich folgte Ben in die gegenüberliegende Wohnung, die er sich mit Julius teilte. Dass der coole, emotionslose Werber sich ausgerechnet mit dem gefühlsbetonten Esoterik-Freak Ben

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