Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid
und ein Glas Saft, kannst du dir das erklären?«
Darauf folgte die von JamieTim mit leicht spöttischem Unterton: »Wer hat auf meinem Stühlchen gesessen, wer hat von meinem Tellerchen gegessen, wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen und aus meinem Becherlein getrunken? Lenny, Lenny, ich glaube du hast in letzter Zeit zu viel Kindertheater gespielt!«
Ich wollte mich gerade bemerkbar machen, als die Badezimmertür aufgerissen wurde und Leander vor mir stand. Wir stießen beide einen kleinen, spitzen Schrei aus, der JamieTim sofort auf den Plan brachte. »Was ist denn los?«, rief er und eilte ebenfalls ins Bad. Mit leicht gerötetem Gesicht sah er fassungslos zwischen Leander und mir hin und her. »Sarah? Was machst du denn hier? Und wie bist du überhaupt hier reingekommen?«
»Das kann ich nicht in einem Satz sagen…«, begann ich zögerlich und zog mein Oberteil herunter. »Aber ich würde es euch gern in Ruhe erklären.«
»Du meinst, warum du plötzlich aus dem Club verschwunden warst und jetzt hier bist? Spielst du Schneewittchen oder was?«, fragte JamieTim, noch immer völlig verdattert.
»Oder warum du die Katze in unsere Wohnung schleppst«, nieste Leander. »Sorry, aber ich bin echt irre allergisch gegen dieses Vieh!«
Schuldbewusst schnappte ich mir die Katze und schickte mich an, sie nach unten zu bringen. »Lass mal, ich mach das schon«, wandte JamieTim ein und übernahm die schwarze Schönheit. Anscheinend hatte er sich wieder etwas gefangen. »Iss du lieber was, es wird ja schließlich einen Grund dafür geben, dass du dich an unserem Kühlschrank vergriffen hast«, fügte er schließlich lächelnd hinzu.
Ich nickte dankbar und setzte mich an den Tisch, während Leander sich ein Bier öffnete. Er lehnte an der Spüle, die Flasche in der Hand und musterte mich eindringlich. »Du siehst irgendwie aus, als seist du einem Gespenst begegnet«, bemerkte er und fuhr sich mit der Hand durch das rotblonde Haar. Kein Wunder, dass Leander bei Okay Models unter Vertrag ist, schoss es mir durch den Kopf. Bei diesem Aussehen!
Ich war erstaunt, dass ich trotz des albtraumhaften Vorfalls vor nicht einmal einer Stunde solche Gedanken hatte. Man hätte doch meinen können, nach so einer Situation wäre ich nicht in der Lage, eins und eins zusammenzuzählen und überhaupt einen sinnvollen Satz herauszubringen. Doch das Gegenteil schien der Fall zu sein. Ich hatte plötzlich das Gefühl, dass mein Verstand auf Hochtouren arbeitete. Lethargie und Müdigkeit waren wie weggeblasen, alle Energie galt nur noch einem Gedanken: hier für eine Weile Unterschlupf finden zu dürfen.
Bevor ich antworten konnte, war auch JamieTim wieder da. Er stellte den Wasserkocher an und setzte sich erwartungsvoll mir gegenüber.
Wie sollte ich bloß anfangen? Plötzlich erschien mir die Geschichte so abenteuerlich, dass ich Hemmungen hatte, sie zu erzählen.
»Ist es wirklich so schlimm?«, fragte JamieTim und sah mich mitfühlend an. Ich senkte den Kopf, nickte und begann zu weinen. Zwischen tiefen Schluchzern versuchte ich zu erzählen, was passiert war. Erstaunlich, dass die beiden aus den Wortfetzen »Stiefmutter«, »Auftragskiller«, »Mitten auf der Tanzfläche« und »Wusste nicht, wohin« offenbar irgendwie schlau wurden. JamieTim stand schließlich auf, beugte sich über mich und streichelte mir über den Kopf. »Das war doch bestimmt der Typ, der dich neulich beobachtet hat, als wir vor dem Café saßen. Ich hab doch gesagt, dass ich den Eindruck hatte, der würde dich beschatten.«
Ich nickte und dachte an Bella. Wie sehr sie mich hasst, dachte ich traurig. Dabei hätte sie doch nur noch warten müssen, bis ich das Geld für den Umzug gespart und eine Wohnung gefunden hatte.
»Was hast du ihr denn eigentlich so Schlimmes getan, dass sie dich umbringen lassen will?«, fragte Leander, mittlerweile beim zweiten Bier. JamieTim hatte sich inzwischen einen Holunderblütentee aufgegossen. Nun sah er mich mit großen, runden Augen an, während er seinen dampfenden Tee schlürfte.
»Wir haben uns nicht besonders verstanden, das ist schon wahr«, begann ich mit dem Versuch einer Erklärung. »Zum einen ist sie ja nicht meine leibliche Mutter und zum anderen mag Bella keine Kinder, das habe ich schon bemerkt, als ich mit fünf Jahren zu ihr zog.«
Im Grund mochte Bella niemanden außer sich selbst. »Und natürlich war es teilweise nicht einfach mit mir, das kann ich mir schon vorstellen…«
»Aber das ist doch noch lange
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