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Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Titel: Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Engelmann
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bei AltvonPlatt und zerbrach sich den Kopf über Slogans für samtweiches Toilettenpapier oder die cholesterinsenkende Wirkung von Knoblauchpillen.
    »Nö, heute hab ich frei. Aber was genau soll ich da tun?« Wieder unter glühend heißen Scheinwerfern herumstehen, mit nichts an als kirschrotem Lippenstift? Zuzutrauen wäre es diesen Kosmetikfuzzis.
    »Ein bisschen in die Kamera schauen, einen Schmollmund machen, irgendeinen Satz sagen, der mir noch einfallen muss – so was in der Art. Für den eigentlichen Spot wird es natürlich ein richtiges Drehbuch geben. Regie führt übrigens Katharina Linke.«
    Katharina Linke? Die Katharina Linke, die schon zahlreiche Preise für großartige Filme bekommen hatte?! So jemand drehte Werbespots?
    »So jemand dreht Werbespots?«, fragte ich ungläubig. Mein Herz hüpfte vor Aufregung wild auf und ab. Das klang wirklich nach einem tollen Job!
    »Klar. Die Frau braucht schließlich Kohle, um ihr nächstes Herzblutprojekt zu finanzieren. Außerdem soll ein Teil des Erlöses auf das Konto einer Charity-Organisation in Afrika fließen, die sie unterstützt.«
    Das wurde ja immer besser!
    »Okay, überzeugt! Wann soll ich wo sein?«
    »Komm einfach in zwei Stunden in der Agentur vorbei und frag am Empfang nach mir. Und keine Angst wegen Biggi. Die verzeiht dir alles, wenn der Kunde dich buchen will – vorausgesetzt, du lässt dich diesmal buchen.« Mit einem Grinsen auf den Lippen ging Julius aus dem Zimmer und ich sah ihm nachdenklich hinterher. Heute trug er den typischen Werber-Look: anthrazitfarbener Anzug, graues T-Shirt (keine Krawatte), eine schwarz umrandete Brille (aus Fensterglas. Julius hatte Augen wie ein Adler.) und coole Sneakers an den Füßen.
    Diesmal wird ERST recherchiert und DANN das Probeshooting gemacht, rief ich mir den Fauxpas von letztem Mal in Erinnerung und damit dummerweise auch den Mailwechsel mit meinem Vater. Ich vermisste ihn so unendlich. Wie gern hätte ich ihm jetzt erzählt, dass ich womöglich die Chance hatte, einen Werbespot mit Katharina Linke zu drehen. Dad mochte ihren Film »Diesseits des Schweigens«, wir hatten ihn schon mehrfach zusammen gesehen.
    Keine Zeit für Traurigkeit!, rief ich mich zur Ordnung und begann meine Recherche. Nachdem ich den Hersteller gegoogelt und nur positive Testergebnisse gefunden hatte, folgte ein kleiner Check-up im Spiegel, um sicherzugehen, dass ich nachher auch wirklich eine gute Figur machte. Eine Minute später postierte ich mich vor dem dürftig beleuchteten Badezimmerspiegel (Sebastian war nicht besonders eitel, vielleicht sollte ich besser zu Lenny rübergehen) und betrachtete zum ersten Mal in meinem Leben eingehend meine Lippen.
    Ich hatte tatsächlich noch niemals Lippenstift oder Gloss benutzt, lediglich einen Pflegestift. Mein Mund war von Natur aus rot (gut durchblutet?), voll und schön geschwungen. Für einen Moment konnte ich mich gar nicht von meinem eigenen Anblick losreißen.
    Was wohl Felix von meinen Lippen dachte? Hatte er schon einmal das Verlangen verspürt, sie zu küssen?
    Felix – ich durfte gar nicht an ihn denken. Wann würde ich wohl das nächste Mal von ihm hören? Ob er sich überhaupt wieder melden würde? Oder sollte ich ihn anrufen? Er schien ja so gerne zu telefonieren…
    Nachdem ich mir die Zähne geputzt, das Haar gebürstet und zu einem Zopf gebunden hatte, war ich startklar. Und furchtbar aufgeregt.
    »Zu Julius Krohnberg, bitte«, informierte ich das blasse, schmale Wesen am Empfangstresen. Am liebsten hätte ich sie zu uns nach Hause zum Essen eingeladen. JamieTim würde sie schon aufpeppeln und dann könnte sie vielleicht auch wieder lächeln.
    Das Wesen starrte ungerührt auf den Monitor und tat, als hätte sie mich nicht gehört. Nun, vielleicht war ihr der Hunger ja auf die Ohren geschlagen? So etwas konnte schließlich vorkommen. Wenn ich nichts zu essen bekam, war mit mir auch nicht gut auszukommen.
    »Ich würde gern zu Julius Krohnberg wegen eines Probeshootings. Kann ich hochgehen?«
    Das Wesen reagierte immer noch nicht und starrte auf den PC. Ich wiederum starrte auf das Wesen und ärgerte mich. Okay, dann also nicht. Ging ich eben einfach so nach oben!
    Kaum war ich bei der Treppe angekommen, wurde ich brutal zurückgerissen und eine hohe Fistelstimme kreischte hysterisch in mein Ohr: »Sie können hier nicht so einfach durch, Sie müssen sich erst beim Empfang anmelden!«
    Haha. Sehr lustig!
    Ich suchte gerade nach einer passenden Antwort, als Julius

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