Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid
Rückwand des Fensters mit Geschenkpapier zu bekleben. Vielleicht würde das ein bisschen Pepp in die leicht angestaubte Auslage bringen.
Eine Stunde später war das Werk vollbracht und ich stolz auf mich.
»Hey, du bist ja wirklich talentiert«, lobte Susi und reichte mir ein Glas Eistee. »Das hast du dir jetzt mehr als verdient!«
Noch zwei Stunden bis zu meinem Date mit Felix. Bevor er mich daheim abholte, wollte ich allerdings endlich in der Redaktion anrufen, um nach einer Satellitenverbindung mit Papa zu fragen. »Ich geh mal eben kurz telefonieren«, informierte ich Susi und ging in Thomsens Büro. Der Anblick des wackeligen Schreibtisches beschleunigte meinen Puls.
Hier hatte ich Felix zum ersten Mal gesehen. Und hier, unter diesen Tisch, war mein Herz gekullert und ihm vor die Füße gerollt. Blieben nur noch zwei Fragen: Würde er gut mit meinem Herzen umgehen?
Und würde ich es schaffen, Dad zu erreichen?
30
Vor uns die weiß flimmernde Leinwand, schräg darüber der Vollmond, im Hintergrund die blinkenden Lichter des Fernsehturms. Wenn jetzt noch einer Geige spielte, wäre es endgültig um meine Fassung geschehen…
»Schön, nicht wahr?«, sprach Felix aus, was ich fühlte, und ich musste mich arg zusammenreißen, meinen Kopf nicht an seine Schulter zu lehnen.
»Ja, wenn man auf harten Boden und Mücken steht«, antwortete ich und hätte mich im selben Moment ohrfeigen können.
Felix rückte ein Stück zur Seite. »Ich hab dir doch gesagt, dass du dir ein Kissen mitbringen sollst. Gras ist nun mal auf Dauer nicht so weich, wie es aussieht.«
»Sorry, ich wollte nicht rummeckern«, antwortete ich kleinlaut. »Soll ich uns was zu trinken holen? Oder hast du Hunger?«
Links von der Wiese, auf der wir saßen, standen zwei nostalgische Zirkuswagen, in denen Getränke, Süßigkeiten, Grillwürstchen und Popcorn verkauft wurden. Während ich überlegte, worauf ich Lust hatte, stellte ich mir Bella vor, die bei diesem Anblick bestimmt gleich wieder einen Vortrag über Kalorien und die richtige Antifalten-Diät halten würde.
Stopp! Du musst aufhören, an Bella und dieses ganze Elend zu denken!, ermahnte ich mich und beobachtete, wie die zwei Jungs beim Getränkeverkauf mit dem Zapfhahn kämpften und Mühe hatten, das Wechselgeld korrekt herauszugeben. Die beiden kicherten ohne Unterlass und grinsten so entspannt, dass ich schnell eins und eins zusammenzählen konnte.
Nachdem ich für mich ein Glas Sekt auf Eis und für Felix ein Bier erstanden hatte, ging ich zurück zu unserer Decke. Doch die war leer – von Felix weit und breit keine Spur. Meine Augen suchten den Platz vor der Leinwand ab, doch in diesem Moment begann die Werbung und ich sah nur noch buntes Flackern.
Felix tauchte erst wieder auf, nachdem der Film bestimmt zehn Minuten lief. »Sorry, musste telefonieren«, flüsterte er und ließ sein Handy in der Hosentasche verschwinden. Ich wunderte mich ein bisschen, beschloss dann aber, nicht weiter darüber nachzudenken, welcher Anruf so wichtig gewesen sein könnte, dass Felix dafür den Anfang des Films verpasste. Immerhin hatte er ihn ausgesucht!
Auch wenn ich wahrlich kein Science-Fiction-Fan war, mochte ich den Film. Seite an Seite mit Felix hätte ich mir heute Abend aber auch eine fünfstündige Dokumentation über die Herstellung von Erdnussbutter oder eine wissenschaftliche Abhandlung über das Verhalten der gemeinen Nacktschnecke im tropischen Regenwald angesehen. Obwohl: Gab es dort überhaupt Nacktschnecken? Egal! Die weit wichtigere Frage lautete: Was empfand Felix für mich?
Irgendwie war er schwer zu durchschauen. Einerseits saß er ganz dicht neben mir, andererseits starrte er wie gebannt auf die Leinwand, ohne auch nur einen klitzekleinen Blick auf mich zu werfen. Klar, im Gegensatz zu mir war er Star-Trek-Fan, aber einen kurzen Moment hätte er schon mal zu mir rüberschauen können. Wenn das so weiterging, würde ich nie herausfinden, ob Felix nur aus Sorge und Mitleid so nett zu mir war oder ob hinter seinen Bemühungen noch mehr steckte.
Ohne Vorwarnung stoppte der Film plötzlich und auf der Leinwand erschien der Schriftzug »Filmrollenwechsel – fünfzehn Minuten Pause«.
Mittlerweile war ich steif wie schockgefrosteter Rhabarber und allmählich war mir auch ebenso kalt. »Alles klar?«, fragte Felix eher rhetorisch als wirklich interessiert. Es war wirklich zum Verzweifeln! Wieso war er plötzlich so distanziert? Ich meine: Wer hatte hier wen ins Kino
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