Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid
Ionen-Bürste? Hab ich ja noch nie gehört!«
Ich auch nicht. Lenny setzte sich an den Esstisch und betrachtete das Präsent ehrfürchtig. »Ich kenne das Teil bislang auch nur aus der Werbung. Also, hier steht es: Der Hersteller verspricht seinen Kunden im wahrsten Sinne des Wortes glänzende Aussichten. Die Iontec-Technologie sorgt für einen antistatischen Effekt und balanciert den Feuchtigkeitshaushalt des Haars aus. Sie eignet sich zum Bändigen von krausem und widerspenstigem Haar, ist also besonders was für dich, lieber Guido!«
JamieTim fuhr sich kurz über seine spärliche Kopfbehaarung, die schon einen leichten Ansatz zur Glatze aufwies. »Haha, sehr komisch! Ich bleibe dabei: Du bekommst heute nichts zu essen. Zumindest nicht von mir!«
Ich grinste. Irgendwie war es sehr gemütlich, mit den beiden Zwergen in der Küche zu hocken, das Essen zu brutzeln und zu wissen, dass wir es später genüsslich zusammen auf dem Balkon verzehren würden. Morgen hatte ich das Shooting mit Rocco, mein Dad war verliebt und würde endlich Bella zum Teufel jagen. Für den Moment war also alles bestens!
»Und wie funktioniert das Ding? Ist es batteriebetrieben oder muss man es in die Steckdose stecken?« Nun wollte ich es genau wissen. Schließlich würde ich das Wunderding morgen früh zum ersten Mal benutzen.
»Hm, mal sehen…« Leander nahm die Bürste aus der Verpackung, drehte und wendete sie. »Ah, da ist es ja. Scheint mit Batterien betrieben zu werden. Und man kann das Bürstenkissen abnehmen, um es besser reinigen zu können.«
Neugierig griff ich nach meinem Geschenk und fuhr mir durchs Haar. Lenny lachte. »Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber ihr Mädchen versteht echt nichts von Technik. Du musst schon den An- Knopf drücken, wenn was passieren soll. Komm her, ich zeig’s dir!«
»Ach komm, Lenny, du bist doch selber ein Mädchen«, frotzelte ich zurück. »Wenn du die Bürste haben willst, musst du sie dir schon holen!«
Und plötzlich ging alles ganz schnell: Lenny und ich rangelten, ich drückte den Knopf, ließ die Bürste fallen, weil Lenny mich kitzelte und auf einmal tat es einen riesigen Knall. Funken stoben, Flammen züngelten, dicker grauer Qualm breitete sich aus. Wir starrten fassungslos auf die Stelle, auf die die Bürste gefallen war: Darunter befand sich ein riesiges Loch.
Ich hörte nur noch »Was ist denn hier los?«, dann wurde um mich herum schlagartig alles dunkel und feuerrot zugleich. Mir wurde heiß und kalt, kalt und heiß und ich hatte das Gefühl, mein Trommelfell sei geplatzt.
Jetzt hat sie es endgültig geschafft, war mein letzter Gedanke, ehe ich mit dem Kopf auf den Boden schlug.
38
Nun war es wirklich passiert! Bella hatte ihr Ziel erreicht – ich war tot und im Himmel. Aber wenn ich im Himmel war, was machte dann Felix hier? War er auch tot? War er so etwas wie ein Engel geworden? Mein Engel?
»Na, wie fühlst du dich?«, fragte Engel Felix und streichelte sanft meine Hand. Neben ihm standen zwei weitere, die ich in meinem Erdenleben als Zwerge gekannt hatte: JamieTim und Leander. Beide lächelten mit sanftem Glitzern in den Augenwinkeln. Weinten sie etwa? Um mich? Um uns? Hatte Bellas Bombe uns etwa alle gemeinsam ins Jenseits befördert?
»Es tut mir so leid, dass ich euch da mit reingezogen habe«, flüsterte ich traurig. Wir waren doch alle noch so jung gewesen. Wie konnte ich das jemals wiedergutmachen? Gehörte ich unter diesen Umständen nicht eher in die Hölle?!
»Schon gut, Schneewittchen, ist ja zum Glück nichts passiert. Du bist nur in Ohnmacht gefallen. Wir sind Gott sei Dank alle unverletzt und um den Fußboden kümmern wir uns später. Ehrlich, das ist doch nur ein oller, wurmstichiger Holzboden, kein Grund zu weinen!«
Hm, das klang ja schon mal ganz gut. Und JamieTim sah eigentlich ziemlich lebendig aus, wenn ich es recht bedachte. Er trug immer noch die alberne Küchenschürze mit den Karotten drauf und duftete, nein, stank nach gebratenen Zwiebeln und Knoblauch.
So etwas gab es im Himmel doch gar nicht, oder doch?
Auch Lenny sah aus wie immer, nur sein Grinsen fiel ein wenig schiefer aus als sonst.
Felix kniff die Augen zusammen und musterte mich. Wenn er ein Stethoskop aus seiner Jackentasche geholt hätte, hätte es mich nicht gewundert. Wieso war er eigentlich überhaupt hier?… Wieso war er immer zur Stelle, wenn Bella versuchte, mich zu ermorden?
Ich versuchte, den bösen Verdacht abzuschütteln, der sich an mich heranschlich
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