Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weiss

Weiss

Titel: Weiss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
Vom Netzwerk:
abgezogen.«
    Kara schnellte hoch wie ein Schachtelteufel. Die Wut trübte seinen Verstand so sehr, dass er kein Wort herausbrachte.
    »Schau dich doch an«, sagte Betha ganz ruhig. »Du bist in keinemguten Zustand. Und wenn du in den Angelegenheiten von Mundus Novus und in der Vergangenheit herumstocherst, wird das deinen Zustand nur noch verschlechtern. Lies das mal.« Betha reichte Kara ein Blatt Papier.
    »Die Erinnerung an Traumata ist von dem emotionalen und physiologischen Zustand abhängig, in dem die Erinnerungen entstanden sind. Das wird als vom emotionalen Zustand abhängiges Erinnern bezeichnet. Die Erinnerungen, die aus dem Bewusstsein verdrängt wurden und vom Gefühlszustand abhängig sind, bleiben im Unterbewusstsein aktiv und verursachen psychologische und psychosomatische Probleme. Das Opfer kann sie sich jedoch unter Umständen wieder ins Gedächtnis rufen, wenn es in einen emotionalen oder physiologischen Zustand gerät, der dem ähnelt, in dem sie entstanden sind.«
    »Ein Besuch im Park Royal kann in dir eine psychische Reaktion auslösen, und keiner weiß, was für eine«, erklärte Betha, als Kara den Text gelesen hatte. »Dort hat man dich seinerzeit gefunden, auf dem Fußboden einer Halle in der dritten Etage eines Industriegebäudes, mit einer Kugel im Kopf. Du hattest dich nur mit den Händen Dutzende Meter weit geschleppt, das sah man an der Blutspur. Deine Augen waren zugeschwollen, deine Kleidung zerrissen, dein Körper mit blauen Flecken bedeckt und dein Puls und Blutdruck lebensgefährlich niedrig. In einem alten Koksofen brannte ein richtiger Scheiterhaufen – dein Vater, deine Mutter und deine Schwester. Alles Blut an den Wänden und auf dem Boden war weggewaschen, die ganze Halle war desinfiziert, aber die Kriminaltechniker haben die Spuren des Blutbades natürlich entdeckt.«
    Betha ließ ihren Bericht bei Kara eine Weile sacken und fuhr dann fort: »Warum willst du nicht endlich einmal probieren, was es für ein Gefühl ist, richtig Urlaub zu machen? Du würdest dich entspannen und ausruhen. Du könntest mit Albert schon nach Torquay ins Ferienhaus fahren, und ich würde sobald wie möglich nachkommen.«
    »Das machen wir, und zwar sofort, wenn ich herausgefunden habe, was im Jahre 1989 passiert ist«, antwortete Kara.
    »Bist du sicher, dass du die Wahrheit wissen willst? Bist du sicher, dass du sie aushältst? Dass du mit ihr leben kannst?«
    »Es geht nicht darum, ob ich das will, sondern darum, dass ich es tun muss. Das alles muss ein Ende finden«, sagte Kara.
    »Ist es dir egal, mit wem du dich da anlegst? Manas kennst du schon, aber wusstest du, dass Dimitri Arbuzow gestern Vormittag in St. Petersburg den Ersten Stellvertretenden Chef des FSB getroffen hat? Ist dir klar, in welche Richtung die Spuren von Mundus Novus anscheinend führen? Begreifst du, über welche Macht die russischen Nachrichtendienste verfügen? In ihren Diensten steht fast eine Million Menschen.«
    Kara antwortete nicht. Am liebsten hätte er Betha von Palomaas Enthüllungen erzählt, aber er wollte sein Versprechen gegenüber Anita Arho halten. Die Frau hatte noch ein paar Stunden Zeit, bevor Paranoid das Dokument der Sicherheitspolizei und der KRP übermitteln würde.
    »Mundus Novus plant derzeit irgendetwas Großes«, fuhr Betha schließlich fort. »Sie haben in Sellafield waffenfähiges Plutonium, Iridium und noch alles mögliche andere gestohlen. Ich erzähle dir das, obwohl ich damit Gefahr laufe, gegen so gut wie alle Regeln zu verstoßen. Gibt es nichts, was dich dazu bringen könnte, deine Meinung zu ändern?«
    Kara brauchte nicht erst zu überlegen, bevor er antwortete. »Ich will diese Geschichte durchziehen, bis zum Ende. Entweder du hilfst mir oder eben nicht.«
    Betha sah enttäuscht aus. »Das habe ich ein wenig befürchtet.« Sie schrieb etwas auf einen Zettel und gab ihn Kara.
    »Auf dem Gelände des Park Royal gibt es einen Mitarbeiter von BAE Systems, der sich möglicherweise an das von deinem Vater geleitete Forschungsprojekt erinnert. Zufälligerweise sitzt er auch im Vorstand der Stiftung zur Entwicklung des Park Royal. Ichhabe selbst stundenlang mit ihm geredet, damals unmittelbar nach den Ereignissen im Oktober 1989. Auch später haben wir uns mehrmals getroffen. Aber er weiß nichts, was dem SIS bei seinen Ermittlungen weiterhelfen würde.«
    Kara steckte den Zettel in die Tasche. »Vielleicht hast du nur nicht die richtigen Fragen gestellt.«

25
    Montag, 16. August
    Jukka

Weitere Kostenlose Bücher