Weiss
lebhaftes Stimmengewirr ein, weil die Komiteemitglieder Kontakt zu ihren Einrichtungen aufnahmen.
»Die Experten in der Aufklärungsstation der Air Force in Menwith Hill sind im Bilde«, verkündete der Oberkommandierende der Streitkräfte schließlich. »Vor etwa einer Stunde haben sie beobachtet, dass …«, der Luftmarschall hob das Blatt hoch und las vor, »an der chinesischen Trägerrakete vor ihrer Zerstörung Laserlicht reflektiert wurde. Die Messgeräte in Menwith Hill haben die von der Trägerrakete reflektierten Lichtstrahlen registriert und konnten die Photonenströme identifizieren. Das Laserlicht kam als fortlaufender Strom und nicht in Pulsen, es sollte die Trägerrakete also zerstören.«
»Und diese chinesische Rakete enthielt nur … Sonden?«
»Ihre wertvollste Fracht war die Forschungssonde«, erklärte der quicklebendige Generaldirektor der kürzlich geschaffenen Weltraumverwaltung des Vereinigten Königreichs. »Die fünfhundert Kilo schwere Sonde auf vier Rädern kann mit einem Bohrer auf dem Mond Bodenproben gewinnen, die über einen Meter groß sind, sie kann Gesteins- und Bodenproben zermahlen und auf neunhundert Grad erhitzen, um sie in gasförmigem Zustand zu untersuchen. Sie ist in der Lage, unter fast allen Bedingungen zu arbeiten, sogar bei einer Kälte von zweihundertfünfzig Grad minus, und sie kann mit ihren Laserscannern auch bei völliger Dunkelheit sehen.«
»Warum wollte jemand die chinesischen Sonden zerstören?«, fragte der Premierminister und hob ratlos die Arme.
»Auf dem Mond befinden sich die nächstliegenden außerirdischen Energieressourcen. Der Trabant wird schon seit Jahren mit Satelliten und Sonden erforscht und kartiert, und als Nächstes sind die Untersuchungen auf der Mondoberfläche an der Reihe. Dafür werden solche Sonden benötigt, ihre Ergebnisse bilden die Grundlage für die Entscheidung, an welcher Stelle man auf dem Mond mit dem Abbau beginnen sollte. Die Technik entwickelt sich in den letzten Jahren derart rasant, dass man schon in naher Zukunft imstande sein wird, die wertvollen Metalle und Elemente des Mondes abzubauen und zur Erde zu transportieren.«
»Und jemand hat also diese Sonden zerstört, um zu verhindern, dass China den Mond erforscht?« Der Premierminister schien immer noch nicht zu verstehen, worum es hier ging.
»Nach den Informationen des SIS sollte die Forschungssonde der Chinesen eine äußerst präzise Analyse der Zusammensetzung des Mondes anfertigen, das heißt, der Metalle, Mineralien und Elemente. Sie sollte den Wert des Mondes ermitteln«, sagte Betha Gilmartin. »Es liegt im Interesse aller anderen Großmächte, wenn die chinesischen Bestrebungen gebremst werden. Der Wettlaufzum Mond ist in vollem Gange, derzeit wird die Zusammensetzung des Mondes bereits in den USA, in Russland, China, Indien und der EU untersucht. Die Erforschung des Mondes ist ein wichtiger Teil der US-Weltraumpolitik, und Russland hat schon 2006 mitgeteilt, dass es beabsichtigt, den Abbau von seltenen und wertvollen Metallen auf dem Mond in Angriff zu nehmen.«
»Gibt es diese Stoffe denn in großen Mengen auf dem Mond?«, fragte der Außenminister.
Der Generaldirektor der Weltraumverwaltung lachte kurz. »Ich kann ein Beispiel anführen. Wissenschaftler haben vor einigen Jahren den Wert eines Asteroiden namens Eros berechnet und kamen auf zwanzig Billionen Dollar. Eros enthält Millionen Tonnen Aluminium, Gold, Platin, Zink und andere seltene Metalle. Doch das ist nur ein Bruchteil von dem, was man auf dem Mond zu finden glaubt.«
Betha Gilmartin, die konzentriert zuhörte, begriff plötzlich, dass mit ihr etwas nicht stimmte. Sie war zwar erschöpft, aber nicht die Spur aufgeregt, dennoch zeigte der Pulsmesser 161 an. Sie stand auf und verlor das Bewusstsein.
33
Donnerstag, 19. August – Samstag, 21. August
Kurz nach Mittag stieg Leo Kara vor dem Terminal 2 des Flughafens Helsinki-Vantaa in ein Taxi. Die Schnittwunden, die er sich zwei Tage zuvor an den Scherben zugezogen hatte, zierten sein Gesicht, und die neuen Erinnerungen, die das Kellerloch im Park Royal zutage gefördert hatte, Bethas Herzanfall und Kati Soisalos Schicksal gingen ihm durch den Kopf. Paranoid hatte ihn in London angerufen und von den Ereignissen in Finnland berichtet. Der von Bogdan Bojanić geschickte Mann hatte Kati in den Kopf geschossen, und Jukka Ukkola hatte ihn mit seinem
Katana
aufgespießt.
Kara war nach Helsinki gekommen, weil Kati Soisalo im Koma lag und
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