Weiss
gewonnen hatte, ritt er allein zum Zelt Takeda Shingens, des Kommandeurs der feindlichen Armee, und schlug mit dem Schwert auf ihn ein. Kenshin schaffte es zwar nicht, Shingen zu töten, bevor dessen Soldaten herbeieilten und seinen Angriff stoppten, aber das war egal,Kenshin hatte jedenfalls bewiesen, dass es ihm nicht an Wagemut fehlte.
Die Drohung gegen Kati Soisalo war natürlich seine Idee gewesen, genau wie die Ermittlungen zu der Unterschlagung in Eini Eronens Nachlass. Künftig würde Kati keinen Ärger mehr machen, weder ihm noch dem Kabinett. Er beschloss, den Leiter dieser Ermittlungen ein bisschen auf Trab zu bringen, die Sache müsste möglichst bald beim Staatsanwalt vorliegen, das würde Kati noch mehr zu denken geben. Für seine Ex scheute er keine Mühe. Binnen kurzem würde sie demütig zu ihm zurückkehren, und der Gedanke an diesen Augenblick versetzte ihn schon jetzt in Erregung.
Ukkola nahm seine Anzugjacke vom Bügel, ging am Eckzimmer des Chefs der KRP vorbei und musste lächeln: Timo Neulamaa hatte nicht die geringste Ahnung davon, dass sein Stellvertreter sowohl am Menschenhandel als auch am Drogenschmuggel beteiligt war. Dadurch verdiente Ukkola im Monat so viel wie der Polizeirat im ganzen Jahr. Auf dem Flur kam ihm der Chef der Internen Kontrolle entgegen, grüßte nicht einmal und schaute ihn nur verächtlich an wie das, was ein Hund auf der Straße fallenlässt.
Jukka Ukkola wusste sehr wohl, was man in der KRP von ihm dachte: Da kommt er wieder, der machtgierige Spieler, dem jedes Mittel recht ist, wenn es um seinen eigenen Vorteil geht. Früher, in seiner Zeit als Abteilungsleiter, hatten Kollegen und sogar seine Vorgesetzten noch zuweilen angedeutet, dass sein Egoismus und seine ergebnisorientierten, die Gesetzesgrenzen streifenden Methoden ihn irgendwann ins Verderben führen würden. Er hatte sich natürlich um solche Sprüche nicht gekümmert. Im Gegenteil, im Laufe der Jahre hatte er das Tempo beschleunigt und war von der Grauzone zwischen Gesetz und Gesetzlosigkeit ganz in den schwarzen Bereich übergewechselt. Er hatte sich sowohl der Erpressung von Vorgesetzten, der Bestechung, Beweisfälschung,der Verführung Minderjähriger wie auch der Körperverletzung schuldig gemacht. Doch seine Drogengeschäfte mit Arbuzow waren eine ganz andere Qualität, mit internen Ermittlungen, Suspendierung und einer Gefängnisstrafe würde er hier nicht davonkommen, mit seinen Drogengeschäften betrog und benutzte er auch das Kabinett. Es ging um enorme Summen und Vertrauensmissbrauch, er wusste genau, wie das Kabinett ihn bestrafen würde, wenn man ihn dabei erwischte.
Die Holzkirche von Östersundom mit ihrem Schindeldach befand sich im östlichsten Zipfel von Helsinki, außerhalb des Berufsverkehrs brauchte man vom Gebäude der KRP bis hierher nur eine reichliche Viertelstunde. Die Vorsitzende des Kabinetts, die eine Leinenjacke trug, saß auf einer Bank und las die Abendzeitung. Im Kreise der Kabinettsmitglieder kannte man die Frau als »Fidel«, allerdings wagte niemand, diesen Namen in ihrem Beisein zu benutzen. Gerüchte besagten, dass Fidel ihren Spitznamen schon als Teenager Anfang der siebziger Jahre erhalten hatte, weil sie ein großer Bewunderer der kubanischen Revolution und Fidel Castros war und daumenstarke Zigarren rauchte.
»Sicher handelt es sich um etwas Wichtiges, da du mich so kurzfristig treffen wolltest«, sagte Fidel, ohne von der Zeitung aufzuschauen, als Ukkola sich neben sie setzte.
Jukka Ukkola hatte es in seinem Leben weit gebracht, weil er niemanden achtete und sich bei niemandem anbiederte, aber diese Frau hatte eine derart große Autorität, dass sie auch bei ihm Eindruck hinterließ. Jeder Finne kannte Fidels Verdienste. Die Frau verstand es glänzend, Schwierigkeiten zu überstehen, sie war eine Meisterin der Vernetzung und ein unvergleichlicher Profi in der Machtausübung.
»Die gute Nachricht besteht darin, dass uns Kati Soisalo jetzt nicht mehr im Wege steht. Und die schlechte Nachricht ist, dass Marat Krylow vor einer Stunde in Ylämaa einen Sattelzug in Brand gesteckt hat, der für Menschentransporte verwendet wurde. Manwird dort Leichen finden, die Polizei erfährt spätestens dann vom Menschenhandel, wenn eines der Opfer identifiziert ist. Und falls die Halle nicht total niedergebrannt ist, könnten sie auch andere … Beweise finden«, sagte Ukkola und dachte: »Wie zum Beispiel Spuren von Drogen.«
Fidel legte die Zeitung auf den Schoß.
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