weißblau queer gestreift
Die Zahlen stimmen mit denen auf dem Bierdeckel überein. Und die auf dem Bierdeckel sind auch ordentlich geschrieben, eine Verwechslung ist nicht möglich. Ich lege den Hörer auf den Tisch und atme tief durch. Meine Schläfen beginnen genervt zu pochen. Entweder hat sich Carmen vertan oder sie hat mir mit Absicht eine falsche Nummer gegeben. Vielleicht ist Ralf Metzger auch ihr Freund und er hat Carmen verleugnet. Das glaube ich aber nicht. Ich tippe auf eine falsche Nummer. Womöglich wollte Carmen nur schnellen Sex. Ganz spontan und unverbindlich, ohne Drumherum. Oh Gott, Weiber! Verlogene und undurchschaubare Wesen. Ich bin echt angepisst. Es ist wirklich zum Kotzen.
Ich bleibe eine Weile auf dem Sofa sitzen, raufe mir die Haare und fluche still in mich hinein. Dann stehe ich auf und begebe mich an den Computer. Vielleicht ist ja Thea online. Ich logge mich auf der Lesbenplattform ein und gehe in den Chatroom. Sieh an, Thea ist tatsächlich hier. Eigentlich keine große Überraschung. Thea scheint rund um die Uhr zu chatten. Und das jeden Tag, nicht nur samstags oder sonntags. Wie sie das mit ihrem Beruf vereinbart? Nun, vielleicht ist sie in Wirklichkeit arbeitslos oder eine faule Studentin wie ich. Ich klicke sie an und schreibe: »Hi Thea, hast du etwas Zeit für mich?«
Sie antwortet sofort. »Hallo Rübe. Ja, ich habe Zeit.«
Ich habe mir diesen Nickname gegeben, als ich mich vor fünf Jahren im Chat angemeldet habe. Was Intelligenteres als »Rübe« ist mir damals spontan nicht eingefallen. Und ich bin auch davon ausgegangen, dass ich mich ohnehin bald wieder abmelden würde, weil das Chatten an sich ja Zeitverschwendung ist. Naja, dann habe ich aber bald Thea kennen gelernt und seither bin ich fast jeden Tag im Chatroom. Als Rübe. Macht ja nichts, Hauptsache, die Frauen da drin kennen meinen echten Namen nicht. Der Lesbenchat ist ja eine recht verrückte Welt, in der sich bestimmt viele Psychopathinnen herumtreiben. Und womöglich sogar ein paar Psychopathen. Nicht mal Thea braucht meinen echten Namen zu kennen. Wer weiß, wer sich hinter dem Namen »Thea« verbirgt. Ich will das auch gar nicht wissen.
Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Art der Kommunikation verstanden habe. Vor allem das mit den Sternchen und den Kommentaren dazwischen. So was wie *süßgrins* oder *verliebtguck * war für mich noch auf Anhieb erklärlich, wenn ich es auch damals schon bescheuert fand. Aber bei den Abkürzungen musste ich anfangs echt rätseln: Was zum Henker bedeutet *sfg*, und was bitte ist ein *rofl*?
Ich verwende die Sternchensprache nie. Thea macht das auch nicht. Zumindest nicht, wenn sie mit mir chattet.
Thea fragt mich, wie es mir geht, und ich haue in die Tasten. Sie bekommt die ganze Geschichte von mir serviert. Ich erzähle von Mandy, dem gestrigen Abend und ein klein bisschen auch von Carmen.
»Was ist mit Lizzy?«, fragt mich Thea irgendwann.
»Ach, das ist vorbei. Ich habe Schluss gemacht.«
»Und wie geht es dir damit?«
»Gut. Lizzy ist nicht mein Problem, sondern Mandy.«
»Und du glaubst, du bist in Mandy verliebt?«
»Ja, schon. Wobei mich das total verwirrt. Mandy ist überhaupt nicht mein Typ und außerdem Hete. Was soll ich denn jetzt tun?«
»Ihr seid doch Freundinnen, oder?«
»Ja.«
»Dann sag es ihr einfach. Heimlichkeiten sind nicht gut und schaden auch einer Freundschaft. Bestimmt hat Mandy Verständnis für deine Lage.«
»Es ihr sagen? Das geht doch nicht!«
»Warum?«
»Weil ich sie dann vielleicht ganz verliere.«
»Das glaube ich nicht.«
Ich starre auf den Bildschirm und schüttele den Kopf. Thea spinnt wohl! Was soll das denn für ein Ratschlag sein?
Schon habe ich die Lust am Chatten verloren. Ich verabschiede mich von Thea und logge mich aus. Dann gehe ich zum Schrank und hole mir eine Packung Chips, dazu eine Flasche Cola. Ich lege mich aufs Sofa und beginne die Kalorien in mich hineinzustopfen. Was Vernünftiges zu essen habe ich eh nicht mehr daheim. Außerdem ist es mir allmählich egal, ob ich nun fett werde oder nicht. Ich sollte wirklich Single bleiben. Die Weiber können mich mal. Alle! Und was Mandy betrifft, da sollte ich einfach Abstand halten. Vielleicht vergeht das merkwürdige Gefühl von alleine wieder.
◊◊◊
Ich bin gespannt, wie es Heidi geht. Ob sie einen Kater hat von dem vielen Bier? Und ob sich was mit Carmen ergeben hat? Heidi wollte sie ja heute anrufen … Ah, jetzt öffnet sie die Tür!
»Hallo Heidi!«
»Oh, ähm,
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