weißblau queer gestreift
könnte ich mich jetzt ärgern. Schließlich werde ich gerade ausgelacht. Und ich weiß noch nicht mal, warum. Aber es freut mich, Heidi so vergnügt zu sehen. Also lache ich ein wenig mit und stupse sie in den Bauch. Doch da fängt Heidi an wie wild zu zappeln und zu kreischen. Ihr Fuß trifft mich in der Magengrube, ich stolpere nach hinten. Unsanft lande ich auf dem Hintern. Mein Rücken und mein Kopf prallen gegen den Schrank. Autsch! Einige Bücher fallen auf mich drauf. Sie landen auf meinem Schoß und auf dem Boden. Verdattert blicke ich zu Heidi. Die schießt sofort vom Sofa hoch und geht vor mir in die Hocke.
»Mandy? Alles gut? Hast du dich verletzt?«
Ich fasse mir an die Schläfe. »Hm. Weiß nicht, hier oben tut’s ein bisschen weh …«
»Lass mal sehen.«
Ich nehme meine Hand von der schmerzenden Stelle. Heidi streicht meine Locken ein wenig zur Seite und inspiziert sorgfältig meinen Kopf.
»Ich sehe nichts«, sagt sie. »Also keine Wunde oder so. Vielleicht gibt es eine kleine Beule. Wie ist es, wenn ich dich da berühre?«
Ich spüre Heidis Daumen. Ganz zart fährt er über die leichte Prellung. Ihre Augen gleiten währenddessen aufmerksam über mein Gesicht. Ich muss lächeln, weil ich ihre behutsame Art so bezaubernd finde.
»Es ist nicht unangenehm«, sage ich. »Weil du dabei sehr sanft bist. So tut es überhaupt nicht weh.«
Heidi streicht mir noch einmal über den Kopf. Vielleicht, um mir die Haare aus der Stirn zu wischen. Dann steht sie auf. Sie räuspert sich und blickt auf den Boden. Ihr Gesicht nimmt eine rötliche Farbe an.
»Ähm … ja … soll ich dir hochhelfen?«
»Nein, danke, es geht schon.«
Ich stehe auf und will die heruntergefallenen Bücher einsammeln. Doch Heidi hält mich zurück. »Lass gut sein«, meint sie. »Die räume ich später weg. Wie geht’s dir? Ist dir schwindlig?«
»Nein. Mir ist nicht schwindlig. Und weh tut’s am Kopf auch nur ein ganz kleines bisschen.«
»Sehr gut … Tschuldige, dass ich dich getreten habe, gell? War keine Absicht.«
»Ich weiß. Du bist eben sehr kitzlig.«
»Mhm.«
»Hat bestimmt blöd ausgesehen mein Unfall, oder?«
Heidi grinst verlegen. »Ja schon.«
Sie schafft es noch immer nicht, mir in die Augen zu sehen. Recht unbeholfen steht sie da und ihr Blick schweift ziellos durchs Zimmer. Wie drollig sie ist! Ich sollte Heidi jetzt in Ruhe lassen. Damit sie sich von mir erholen kann.
»Ich gehe dann, Heidi. Kuriere deinen Kater schön aus, ja? Und schlaf später gut.«
»Mach ich.«
Zum Abschied drücke ich Heidi nochmal ganz fest. Weil ich es mir einfach nicht verkneifen kann.
◊◊◊
Seit Sonntag meide ich Mandy, so gut es geht. Und ich bin wirklich diszipliniert dabei. Rede mich mit meiner Abschlussarbeit raus und mit anderen Dingen. Doch in Wirklichkeit schreibe ich kein Wort über Sisyphos. Stattdessen studiere ich die Kontaktanzeigen im Lesbenforum und beantworte einige der Gesuche. Aber nur die, die nicht ganz so kitschig und gefühlsduselig sind. Schlimm, mit welch schwülstigen Gedichten sich manche Lesben anpreisen. Davon kann einem ja richtig schlecht werden. Ich habe grundsätzlich nichts gegen Lyrik, aber dieses verstörte und blumige Gewinsel törnt mich gewaltig ab. Nein, ich will keine Freundin, die ich erst aus ihrem traurigen Schlummer wachküssen muss und die ohne meine zärtlichen Umarmungen im tiefen Sumpf der Einsamkeit versinkt. Auch keine, die mir glitzernde Sterne vom Himmelszelt holt, mich auf duftende Rosen bettet – und sich dabei auch noch »Zuckersüßeschneckimaus« nennt. Ich will eine, mit der man vernünftig reden kann, eine mit Bodenhaftung. Selbst wenn’s nur fürs Bett ist. Auch dann sollte sie nicht so sentimental und überzogen sein. Normal eben. Und ein bisschen schön, wenn’s geht. Ach was. Ich habe sowieso keine großen Erwartungen. Und außerdem auch gar keine Lust auf eine Beziehung. Die meisten Lesben sind furchtbar anstrengend. Ich will mich nur ein wenig von Mandy ablenken. Und wenn sich wider Erwarten doch etwas ergeben sollte … Mei, mal schauen.
Zwei Frauen haben sich schon auf meine Mail zurückgemeldet. Eine davon treffe ich am Samstag in Plattling. Ich werde mit dem Fahrrad fahren. Wenn ich mir nämlich das Auto meiner Eltern borge, will meine Mutter gleich wissen, wohin ich will – und vor allem, warum. Die Frau heißt Birgit und kommt aus Deggendorf. Viel weiß ich nicht über sie, nur dass sie 35 ist, in Straubing arbeitet und gerne Sport
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