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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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und seine Assistentin bereit.
     
    „Von dem frevelhaften Morde
An dem Förster und dem Orte,
Wohin Mörder mit Bedacht
Den toten Förster hingebracht.
     
    Rasch ließ man das Wasser ab.
Trocken lag des Försters Grab.
Mörder sah man jäh erbleichen
Angesichts von sieben Leichen
     
    Auf des Teiches tiefem Grund.
Nur des Försters treuer Hund
Roch heraus noch übers Jahr,
Welches einst sein Meister war.“
     
    Na Bravo! Und die Moral von der Geschicht’, gestehe eine Mordtat nicht, reimte Franz sarkastisch. Er schloss sich dem Beifall an und warf dem Mädchen einige Schillinge in den Hut, den es fordernd herumreichte. Bei den Passanten wirkte die Geschichte noch nach. Franz hörte hier und da Geschnatter darüber, ob dem Mörder auch die anderen sechs Leichen zuzuschreiben seien. Aus Franz’ Sicht machte es keinen großen Unterschied, ob der Hals des Überführten für eine oder für sieben Leichen in die Länge gezogen werde.
    Schon wieder die Zahl Sieben und schon wieder Leichen, dachte er. Er schüttelte sich angewidert, als er sich den aufgedunsenen Körper einer Wasserleiche vorstellte. Er war der Meinung, einmal mehr den Gestank von Verfall und Verwesung in der Nase zu haben. Unpassenderweise meldete sich sein Magen an dieser Stelle. Am Verkaufsstand einer Bäckersfrau kam er nicht vorbei. Dort erstand er ein paar herrlich duftende Weizenbrötchen, von denen er gleich zwei verzehrte.
    Franz versuchte, sich zu orientieren. Die Rathausuhr schlug bereits elf Mal. Die Gebäude, die den Markt einschlossen, vor allem ihre reich verzierten Giebel, zeugten von Wohlstand und Geschmack. Fast alle Häuser beherbergten im Erdgeschoss Geschäfte, deren Auslagen von Markisen beschattet wurden. Ein Tabakwarenhändler erregte Franz’ Aufmerksamkeit und er trat unter dem Gebimmel der Türglocke ein. Gierig sog er den aromatischen Duft ein. Am wuchtigen Ladentisch beriet ein Verkäufer einen Herrn in gutem Tuch. Der Gutbetuchte unterzog Zigarren einer Qualitätsprüfung, indem er sie in Ohrhöhe zwischen seinen Fingern hin- und herrollte. Dabei lauschte er angestrengt und sah Franz entnervt an. Wahrscheinlich machte er ihn für den Lärm bei seinem Eintreten verantwortlich.
    Unten am Hafen hatte Franz Gebäude gesehen, die von weitem wie Pfefferkuchenhäuser wirkten. Erst beim Näherkommen hatte er festgestellt, sie waren mit aufgefädelten Tabakblättern behangen worden, die an den Hauserwänden trockneten.
    „Das ist allerbeste Ware, mein Herr! Unsere Lieferanten haben jahrelange Erfahrung mit dem Tabakanbau. Es kommt noch so weit, da wird der hiesige Tabak besser als der amerikanische“, witzelte der Verkäufer. Dem Gesicht des Kunden war jedoch zu entnehmen, er wolle auf solche Qualitätssprünge nicht warten. Er entschloss sich denn auch zum Kauf von zehn Zigarren, die einer Rostocker Manufaktur entstammten.
    Franz war an der Reihe. Ihm war es um eine Aufmerksamkeit für Ernst zu tun und so folgte er einfach der Kaufentscheidung seines Vordermannes.
    Während er den Einkauf in der Brusttasche seines Rockes verstaute, glitt sein Blick über das Ladenregal, das mit allerlei Artikeln zum Rauchen, Schnupfen und Priemen vollgestopft war, schließlich blieb er an einer Spruchtafel hängen. Sie war reich verziert und mit der Kunst eines Kalligraphen in Szene gesetzt worden. Franz las neugierig, was dort so liebevoll hinterlassen worden war:
    „Sœben Dören to Sint Marien Kark,
    Sœben Straten by dem groten Markt,
    Sœben Dore, so dar gaen to Lande,
    Sœben Kopmannsbrüggen by dem Strande;
    Sœben Toern, so up dat Rathus stahn,
    Sœben Klocken, so dar dagliken slan,
    Sœben Linden up dem Rosengoern:
    Dat syn de Rostocker Kennewöhren.“
     
    Der Verkäufer bemerkte Franz’ Interesse. „Sie sind Gast in unserer schönen Stadt?“, unterstellte er augenzwinkernd.
    „Ja, wenn Sie es denn so nennen wollen“, gab Franz zurück. „Sagen Sie, was hat es mit den sieben Glocken auf sich, von denen dort oben geschrieben steht?“
    Der Mann hinter dem Tresen schien erfreut, nach den Rostocker Kennwörtern befragt zu werden, aber just in dem Moment bimmelten die sieben Glocken an seiner eigenen Ladentür.
    „Wenn Sie einen Moment Geduld hätten, mein Herr, dann erkläre ich Ihnen gern die Wahrzeichen unserer Stadt“, bot der Verkäufer an.
    Aber Franz winkte ab. „Ich bin leider sehr in Eile“, stellte er fest, „vielleicht können wir das ein anderes Mal nachholen.“
    Im Hinausgehen sah er noch den bedauernden

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