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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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tatsächlich um 7.00 Uhr in der Frühe? Du meine Güte, dann müssten wir ja schon gegen 5.00 Uhr aufstehen.“
    „Sie müssen sich natürlich nicht den hiesigen Gepflogenheiten unterordnen, aber hier ist es in der Tat üblich, um diese frühe Stunde aufzubrechen und kein Gast versäumt es, sich dem Konvoi der Wagen zum Heiligen Damm anzuschließen, den Seine Königliche Hoheit in schönster Regelmäßigkeit anzuführen beliebt.“
    Baronin von Plessen war einigermaßen beeindruck. Aber nicht lange genug, um eine peinliche Pause in der Unterhaltung entstehen zu lassen. Sie hatte sich schon mit dem Gedanken arrangiert, die Nachtruhe nicht wie gewöhnlich bis 8.00 Uhr auszudehnen, sich dann gegen 10.00 Uhr eventuellen Besuchern und der Öffentlichkeit zu präsentieren – die Zeit für ein ausgiebiges Frühstück natürlich nicht eingerechnet.
    „Nein, nein“, wiegelte sie zu Johannas Erleichterung ab, „wir wollen hier keine neuen Moden einführen oder Extrawürste braten. Herr Doktor Vogel wird schon seine Gründe für das strenge Regime haben, dem wir uns natürlich beugen wollen.“
    Baronin von Plessen hatte ihre Entscheidung getroffen, die Zustimmung der Mädchen und Elvira Engelmanns setzte sie selbstverständlich voraus. Aber in diesem besonderen Falle wurden gar keine Einwände erhoben – nicht einmal in Gedanken – zumindest von Johanna und Margitta nicht.
    Die jungen Mädchen gaben sich unter dem Tisch verabredete Zeichen, mit denen sie sich unbemerkt austauschen konnten, aber die freudige Erregung, die in beiden Gesichtern stand, teilte sich auch den übrigen Tischgenossen mit.
    Riesige Teller mit Rinderbraten schwebten über das makellos weiße Tischtuch. Der würzig scharfe Duft der Meerrettichsoße regte den Appetit an und ließ Johanna das Wasser im Munde zusammenlaufen.
    Ihren Tischgenossen erging es anscheinend ähnlich. Die Unterhaltung erstarb, wich den Geräuschen von bedacht geführtem Besteck. Johanna achtete besonders auf den sorgsamen Umgang mit Messer und Gabel, damit kein Stück Fleisch unbeabsichtigt in die Soße zurückplatschte und hässliche Spritzer verteilte. Nichts wäre ihr peinlicher gewesen als ein Fettfleck auf der pastellblauen Seide ihres Kleides. Ebenso vorsichtig griff sie nach ihrem Weinglas, als Madame einen Toast auf die erfreuliche Bekanntschaft des Abends ausbrachte. Die tiefrote Flüssigkeit fing das Kerzenlicht ein und funkelte wie ein facettenreicher Edelstein.
    Auch Johanna grüßte mit ihrem Glas zu den Offizieren hinüber, anschließend nippte sie ein wenig daran. Sofort spürte sie die Wirkung des ungewohnten Alkohols. Anfangs machte sie sich in einer eigenartigen Schwere in den Beinen bemerkbar. Aber je häufiger Johanna ihrem Glase zusprach, wich ihre Angst, irgendetwas falsch zu machen und sich der Lächerlichkeit preiszugeben. Zwischen Hauptgang und Dessert wurde sie aufgefordert, etwas zur Unterhaltung beizusteuern.
    „Johanna, Liebes, nun kommst du doch früher als gedacht in den Genuss eines Strandspaziergangs“, neckte Baronin von Plessen. An die Tischherren gewandt setzte sie ihr Geplauder fort. „Die Kleine wäre ja am liebsten noch heute Abend zum Heiligen Damm aufgebrochen, sosehr dürstet ihr nach dem Anblick der See.“
    „Ich hoffe, ich werde in meinen Erwartungen nicht enttäuscht, denn ich war leider nie in einem Seebad oder überhaupt an einer Küste, an der sich die Wellen eines Meeres brechen“, sagte Johanna schüchtern und löste damit bei ihren Tischherren sofort den Drang aus, ihre Erwartungshaltung zu schüren.
    „Seien Sie versichert, Komtesse, kein Vorstellungsvermögen reicht aus, um den ersten Blick über das Meer auch nur annähernd zu beschreiben. Den Reiz der Landschaft am Heiligen Damm gar nicht eingerechnet. Es wird uns eine besondere Freude sein, Sie an den Strand begleiten zu dürfen, an Ihrem Erlebnis Anteil zu nehmen.“
    Stetten erhob sein Glas in Johannas Richtung. Sie erwiderte seine Geste diesmal unbefangener als vor dem Genuss des Weines und belohnte ihn sogar mit einem kleinen Lächeln.
    Für Madame war die Gelegenheit günstig.
    „Ach, wenn ich die Herren noch um einen Gefallen bitten dürfte“, begann sie umständlich, wohl wissend, die Herren würden ihr nichts abschlagen. „Ich gedenke morgen die Heilkünste Doktor Vogels in Anspruch zu nehmen und es würde dem Erfolg meiner Kur zuträglich sein, wenn ich meine Schützlinge für den Vormittag in Ihrer Gesellschaft wüsste.“
    „Seien Sie unbesorgt und

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