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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Saison mitgenommen hat, ist so freundlich gewesen, mir zu schreiben, Feldmarschall von Blücher und Fürst von Hardenberg seien Gäste unseres erlauchten Großherzogs und es sei hier üblich, die Hauptmahlzeiten gemeinsam in einem großen Speisesaal einzunehmen. Wie wir inzwischen wissen, wird zu 8.30 Uhr am Abend zu Tisch gebeten.“
    „Oh, dann haben wir nur noch eine und eine halbe Stunde Zeit, wir müssen uns sputen.“ Margitta richtete mit ihrer Feststellung die allergrößte Aufregung an. Sofort begaben sich Johanna und Elvira in ihr Gemach und die Gouvernante verlor keine weitere Minute, die auserwählten Kleider zum Aufbügeln fortzuschaffen.
     
    Der kleinen Damengesellschaft wurde durch eine offene Tür zum Speisesaal Gemurmel einer vielstimmigen Unterhaltung zugetragen. Noch konnte Johanna nichts sehen, vorerst lud ein Saaldiener die Damen ein, mitgeführte Schirme abzulegen.
    Baronin von Plessen bildete die respektable Vorhut der Neuankömmlinge und betrat als Erste den großen Saal, der die komplette rückwärtige Front und zwei Stockwerke eines Kaufhauses einnahm. Eine prachtvoll mit Stuck verzierte Decke wölbte sich über der tafelnden Abendgesellschaft. All das vermittelte dem Betrachter ein Gefühl von Großzügigkeit.
    Johannas Blicke huschten über die Gäste, suchten den Großherzog. Doch sie konnte den Landesherrn unter den vielen Menschen an festlich eingedeckten Tischen nicht ausmachen. Oder doch? Gehörten nicht die schmalen Schultern unter dem grauen Hinterkopf dort drüben Großherzog Friedrich Franz?
    Würdevoll nach allen Seiten grüßend und einnehmend lächelnd bahnte Baronin von Plessen für die junge Nachhut den Weg durch die Stuhlreihen der Badegäste. An einem der gut zwanzig Tische erspähte Madame vielversprechende Tischherren und wie es das Schicksal wollte, gerade noch vier freie Stühle. Sofort sprangen die beiden jungen Männer in Uniform auf, als Madame mit ihrem Gefolge Miene machte, sich genau an ihrem Tisch platzieren zu wollen.
    „Zu liebenswürdig, meine Herren, dürften wir es wohl wagen, Ihnen unsere Gesellschaft anzutragen?“
    Die Frage war nur eine Floskel, wusste sie doch, niemand in dem illustren Kreise verletze die Etikette, zumal sie zwei überaus hübsche junge Damen im Schlepptau hatte. Selbstredend zog sie das heiratsfähige Alter der Mädchen nicht vordergründig in Betracht.
    „Aber selbstverständlich, Madame, wir fühlen uns außerordentlich geehrt, wenn die Damen an unserem Tisch Platz nehmen wollen“, erhielt sie zur Antwort. Die Offiziere beeilten sich, ihren Tischgenossinnen die Stühle zurechtzurücken.
    Johanna hatte bestürzt Baronin von Plessens Wahl verfolgt, weil sie in den jungen Männern sofort jene Reiter erkannt hatte, die so freundlich zu ihr hinaufgegrüßt hatten. Vielleicht, so dachte sie, sah man ihren plötzlichen Rückzug vom Fenster als Unhöflichkeit an, vielleicht aber auch nur als unreifes Verhalten eines Backfisches. Bei einer raschen Gegenüberstellung beider Möglichkeiten hoffte sie, die jungen Männer bevorzugten die erste Variante, obwohl sie sich eingestehen musste, dass die zweite viel eher den Tatsachen entsprach. Ihre Gedanken trieben ihr eine leichte Röte auf die Wangen. Sie nagte verlegen an ihrer Unterlippe, unterließ es aber, als Margitta sie unauffällig anstieß und sie auf die unvorteilhafte Schnute aufmerksam machte, die sie dabei zog.
    Kaum hatten alle Platz genommen, beschäftigte Madame die beiden Herren mit angeregtem Geplauder und erfuhr, sie hätte das Vergnügen mit einem Leutnant Christian von Stetten und einem Rittmeister Ludwig von Trebbow.
    An den aufwändig gearbeiteten Uniformen beider Herren erkannte Johanna, beide seien dekorierte Offiziere der preußischen Armee. Während sie die Unterhaltung bei Tische verfolgte, dachte sie an ihren Bruder Franz, der, ebenso stattlich wie Stetten und Trebbow, Damengesellschaften zu bezaubern wusste. In ihrer Erinnerung zogen die Bilder diverser Festlichkeiten im väterlichen Hause vorüber, damals war Sie noch ein kleines Mädchen gewesen, das neidisch auf den Bruder war, der nach ihrer Meinung viel zu oft im Mittelpunkt der Gesellschaft gestanden hatte. Da konnten ihre Mädchenfinger ein um das andere Mal fehlerfrei über die Tasten des Klaviers gleiten, dennoch war dem Bruder die meiste Aufmerksamkeit zuteil geworden.
    Eigenartig, dachte Johanna, jetzt geht es mir ähnlich wie den Gästen bei Vaters Abendeinladungen. Die Damen hatten sich wie die Hühner

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