Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)
Gespräch der Männer plätscherte über Belanglosigkeiten dahin, solange Elsi den Tisch deckte und die Speisen auftat.
„Es ist angerichtet“, gurrte sie, „wenn die Herren bitte Platz nehmen wollen?“ Mit einem Bierkrug in der Hand gab sie unmissverständlich zu verstehen, als Aufwärterin jederzeit zu Diensten zu sein.
„Danke, Elsi, wir schenken uns selbst ein.“
Elsi blinzelte fassungslos. Der Bierkrug landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Tisch. Elsis würdevoller Blick streifte den Verwalter nur, bevor sie ihm mit einer schwungvollen Drehung den Rücken zukehrte. Mit hoch erhobenem Kopf schwebte sie zur Tür hinaus. Auch die Tür fiel etwas lauter ins Schloss, als es im Hause üblich war.
Die Männer ließen sich von der schlechten Laune der Köchin nicht den Appetit verderben und langten ordentlich zu.
„Ich muss Ihnen für Ihren Besuch dankbar sein“, sagte Stein zwischen einem Stück Braten und einem Schluck Bier. „Elsi rückt nicht alle Tage solche Leckerbissen heraus und es ist nicht mal Sonntag.“ Er musterte Franz aufmerksam und kaute betont langsam.
„Nun, ich habe nicht erwartet, dass Sie sich freuen, wenn mitten in der Erntezeit unerwarteter Besuch ankommt. Zumal Sie sich um mich lebhaft kümmern müssen. Ich kann nicht einmal Pflaumenschnaps ohne vorherige Anleitung trinken“, entgegnete Franz.
Stein grinste. Er hatte die Spitze sehr wohl bemerkt: „Es stimmt, ich habe mich gestern Nacht nicht gefreut. Aber sagen Sie, sind Sie dem Reiz der Landluft erlegen und deshalb in Uniform und ohne großes Gepäck mitten in der Nacht angereist, oder gibt es einen anderen, will sagen, triftigeren Grund dafür?“
Auch Franz lächelte. Er lehnte sich zurück. „Sie sind ein scharfsinniger Mann, Herr Stein. Ich hoffe, ich enttäusche Ihre Erwartungen nicht, wenn ich Ihnen sage, den triftigen Grund selbst noch nicht zu kennen. Mein Vater hat mich in seinem Brief lediglich gebeten, bei meiner Truppe Urlaub einzureichen und mich unverzüglich nach Hohen-Lützow zu begeben. Dass er höchstpersönlich anreisen will, sagte ich Ihnen bereits.“
„Ja, das sagten Sie“, murmelte Stein. Sein zielloser Blick verriet Franz, Stein beschäftige sich mit allerlei Mutmaßungen.
„Was halten Sie von der Sache“, fragte Franz unverhohlen.
Stein legte das Messer fort, stützte den Ellenbogen auf den Tisch und fuhr sich nachdenklich mit der Hand über das Kinn. Dann schaute er Franz offen an. „Vertrauen gegen Vertrauen. So sollten wir es halten, nicht wahr?“ Damit stand er auf und begann im Raum auf und ab zu gehen. Franz erhob sich ebenfalls, Stein im Blick behaltend.
„Das, was ich Ihnen jetzt zu sagen habe, wird Ihr Herr Vater nicht gern hören. Aber sei es, wie es sei, es steht bereits schwarz auf weiß geschrieben“, Stein unterbrach sich, massierte erneut sein Kinn und seufzte: „Die Ergebnisse des Halbjahres bei Wolle und Milch sind schlecht. Die Krautfäule hat bereits einen großen Teil der Kartoffelpflanzen zerstört. Das Heu aus dem ersten Schnitt ist mehrfach eingeregnet, so dass die gesamte Ernte von minderwertiger Qualität ist. Wenn uns nicht noch ein Wunder bei der Getreide- und Rübenernte hilft, sieht es sehr schlecht aus. Ihr Vater wird das Gut mit Investitionen stützen müssen, Entnahmen in gewohnter Höhe sind dieses Jahr nicht möglich.“ Herausfordernd blickte er Franz an, froh darüber, den Kloß, der so lange in seinem Hals gesteckt hatte, endlich ausgespuckt zu haben.
Franz spürte, wie die eigene Anspannung nachließ. Erst jetzt bemerkte er, wie krampfhaft seine Finger die Stuhllehne umklammert hielten. Er hatte Steins dramatischem Auftritt eine völlig andere Bedeutung beigemessen, aber nun mit Erleichterung festgestellt, dass es dem Verwalter nur um Geld ging. Er lächelte im Glauben, sein Vater verfüge über genügend Kapital.
„Meinem Vater wird es nicht schwerfallen, die benötigten Mittel bereitzustellen“, sagte er beiläufig.
Stein kniff die Augen zusammen und forschte in Franz’ Gesicht, ob er recht gehört habe. Franz hielt dem prüfenden Blick stand und hielt sich gerade.
Seufzend kam Stein zu dem Schluss, der junge Mann meine es ehrlich, sei mit den geschäftlichen Gepflogenheiten des Grafen nun mal nicht so vertraut wie er selbst in seiner Eigenschaft als Verwalter. Wie hätte das auch angehen sollen, dachte er resigniert. Der Junge hat im Krieg damit zu tun gehabt, am Leben zu bleiben. Da hat es ihn nicht geschert, was sich auf
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