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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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die junge Frau aufgesteckt und ein glitzerndes Diadem schmückte ihre kunstvolle Frisur. Unter dem sittsamen Ausschnitt ihres pastellfarbenen Seidenkleides wölbte sich tatsachlich ein schön geformter Busen und über allem strahlte ein bezauberndes Lächeln.
    „Johanna?“
    „Franz! Wie schön, dass du da bist!“ Johanna bestürmte ihn mit einer Umarmung. Er war hin und her gerissen zwischen Freude und Verblüffung und drückte seine Schwester impulsiv an sich.
    „Mein Gott, aus dir ist eine Dame geworden!“, stellte er ungläubig fest. Er hielt sie bei den Händen und starrte sie wie gebannt an, dabei schüttelte er wiederholt den Kopf. „Du, ... du bist genauso schön wie Mutter“, flüsterte er und riss sie erneut in seine Arme, ohne sich der vielen Leute zu stören, die am Rande die Szene des geschwisterlichen Wiedersehens mit mehr oder weniger Anteil verfolgten. Als er Johanna freigab, konnte er die Frage, die ihm auf der Zunge brannte, nicht länger zurückhalten.
    „Woher wusstest du von meinem Abstecher nach Doberan?“
    „Papa hat dir doch geschrieben und dich gebeten, uns zu besuchen. Bist du in Johanns Begleitung gekommen? Sag mir sofort, wo er sich versteckt hält!“
    „Was?“ Franz starrte die Schwester entgeistert an.
    Sie strahlte immer noch, doch Franz’ Bestürzung merzte das Lächeln auf ihren Zügen aus.
    „Was ist mit dir?“, fragte sie sichtlich erschrocken.
    „Nein! Ich meine, Johann konnte nicht kommen“, sagte er hastig, doch urplötzlich keimte Hoffnung in ihm auf. War es möglich, dass Johanna mehr wusste als er selbst? Vielleicht hatte er nur Vaters Brief verpasst, in dem ihm mitgeteilt worden war, der Bruder sei wohlbehalten in Hohen-Lützow angekommen! Franz suchte in Johannas Augen nach Bestätigung, weil er nicht wagte, sie zu fragen.
    „Franz, mein Junge! Schön, dass du so schnell kommen konntest.“
    Franz war fassungslos, als sein Vater vor ihm stand und die Arme ausbreitete.
    „Ich verstehe nicht ...“, murmelte er, bevor er in der väterlichen Umarmung versank und sein Vater ihm ins Ohr zischte, nichts über Johanns Verschwinden verlauten zu lassen. Das war beileibe verwirrend genug, aber als er sah, wie Christian von Stetten am Saaleingang vorbeimarschierte, wollte er sich tatsächlich die Augen reiben. Irgendetwas war hier völlig schief gelaufen, doch er besaß genügend Geistesgegenwart, sich nichts anmerken zu lassen. Schließlich war es nicht die erste Scharade, bei der er mitgewirkt hatte. Ein gewisses schauspielerisches Talent war ihm beim Eroberern von Frauenherzen stets zu Hilfe gekommen, warum sollte er es nicht nutzen, um seiner kleinen Schwester großen Kummer zu ersparen, wo er ohnehin vorgehabt hatte, ihr etwas vorzumachen.
    Es werde sich schon noch eine Gelegenheit ergeben, Vater nach den Umständen des überraschenden Familientreffens zu fragen.
    „Ach, wie nett! Also dieser junge Mann ist Ihr jüngerer Sohn, Graf?“
    Eine etwas füllige Dame mit einem sympathischen Lächeln schob sich vor. Ihre wunderschönen Augen fielen Franz sofort auf. Er wurde mit der Dame und im gleichen Atemzug mit ihrer Tochter bekannt gemacht. Als das feenhafte Wesen ihm entgegenlächelte, war ihm mit einem Male die Halsbinde unter dem Stehkragen seines Uniformrockes zu eng. Er vermisste Leichtigkeit und Eleganz, die ihm üblicherweise eigen waren. Steif und ungelenk neigte er sich über die schlanke Hand, die ihm dargeboten wurde.
    „Ich bin entzückt, Mademoiselle“, brachte er hervor. Zum Glück schien sich die Fee an seiner momentanen Kurzsilbigkeit nicht zu stören.
    „Franz, ich darf Sie doch so nennen?“, fragte das märchenhafte Wesen in vertraulichem Ton, das nach Auskunft des Vaters auf den Namen Margitta von Plessen hörte. In den unglaublich blauen Augen blitzte es für einen kurzen Moment auf.
    Er nickte hastig.
    „Machen Sie uns die Freude. Begleiten Sie Johanna und mich in den Ballsaal. Es ist hier so furchtbar langweilig“, schlug es vor.
    Noch ehe er etwas erwidern konnte, schob es eine zartgliedrige Hand in seine Armbeuge. Johanna folgte dem Beispiel und hakte sich unter seinem anderen Arm ein. Von zwei so schönen jungen Damen flankiert, fand er etwas von seinem Selbstverständnis wieder, auch wenn sein Herz einem seltsamen Rhythmus folgte, geradeso, als wolle es sich ein um das andere Mal überschlagen.
     

Der Speisesaal, größtenteils von seinem Mobiliar beräumt, diente als geräumiger Ballsaal. Nur einige Polsterstühle und

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