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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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begehrte er auf, wenn auch reichlich kleinlaut.
    Franz kam plötzlich ein anderer Gedanke, doch er konnte den Impuls unterdrücken, sich umzusehen.
    „Warum hast du dich nicht einfach aus dem Staub gemacht“, wollte er wissen.
    Der Junge erstarrte einen Moment, wollte offenbar einen Blick über die Schulter werfen, aber Franz’ Griff hinderte ihn daran.
    „Er versprach mir, mich nicht aus den Augen zu lassen“, flüsterte er, „außerdem sah er so aus, als ob er mir Schwierigkeiten machen könnte.“
    „Groß, jung, elegant, mit weißen Handschuhen, Spazierstock, Zylinder und einem schmalen Geldbeutel“, zählte Franz auf.
    „Haargenau! Sie kennen ihn?“, wurde er erfreut gefragt.
    „Das geht dich nichts an!“, herrschte Franz seinen Gefangenen an.
    Der Junge duckte sich unter der Zurechtweisung. Da sein Auftrag für den ominösen Fremden gescheitert war, hoffte er offenbar, in Franz einen Verbündeten zu gewinnen. Deshalb erzählte er ihm jede kleine Kleinigkeit, angefangen von der schicksalhaften Begegnung mit Lapérouse – Franz war sich inzwischen sicher, es könne sich um niemand anderen handeln – bis zum schmählichen Ende im Abtritt. Demnach war der Junge seinem Auftraggeber im Hafen begegnet. Er hatte den eleganten Mann von Bord eines Schiffes gehen sehen. Franz’ Zwischenfrage, ob es sich dabei um ein englisches Schiff gehandelt habe, hatte der Junge verneint.
    „Es war einer von den kleineren Kanalfahrern, die Lübeck, Hamburg und Bremen anlaufen. Hab mich auch gewundert, warum so ein feiner Herr mit einem kleinen Äppelkahn reist. Als ich meine Finger an seinem Geldbeutel hatte, wusste ich es.“
    Franz’ nächste Frage, ob der Neuankömmling wie ein Hamburger geklungen habe, irritierte den Jungen zunächst, doch dann lächelte er. Er spitzte aufgeregt die Lippen, bevor er seinen Widersacher nachahmte: „‚Du verdienst es, auf der SSStelle mit dem SSStock verprügelt zu werden‘, hat er gezischt. Komisch, warum ist mir nicht gleich aufgefallen, dass er kein Aufhebens gemacht hat. Wahrscheinlich war nicht er das Opfer, sondern ich.“ Der Beutelschneider klang plötzlich resigniert.
    Franz nickte zufrieden, auch wenn er das Gefühl hatte, dass sich Blicke in seinen Rücken bohrten. Seine letzten Zweifel waren ausgeräumt. Er strich sich mit der freien Hand über den Uniformrock. Die gelbe Pappe, die sich an seine Brust schmiegte, gab etwas nach, Franz glaubte zu hören, wie die Papiere vielversprechend knisterten. Und der Säbel zu seiner Linken verlieh ihm Gelassenheit für sein Vorhaben.
    Der Junge, der sich inzwischen mit Jochen vorgestellt, allerdings seinen Familiennamen rechtzeitig verschluckt hatte, vermutlich, weil er so viel Vertraulichkeit für unangebracht hielt, erzählte munter weiter. Er wähnte sich offenbar mit jedem weiteren Wort, das er verlauten ließe, der Freiheit näher. Nur hin und wieder musste Franz klarmachen, wer für Fragen und wer für Antworten zuständig sei. So kam er auch noch einmal auf die Frage zurück, was Jochen, außer dem Aktendeckel, noch aus Johanns Zimmer hatte beschaffen sollen.
    Jochen streifte Franz mit einem scheuen Seitenblick. Der Junge sah eindeutig betreten aus.
    „Wenn du es mir nicht sagst, wirst du dir wünschen in einer Zelle zu sitzen, und auf dein Urteil zu warten“, drohte Franz ungeduldig.
    „Einen flachen Kasten aus Holz“, sagte der Junge schüchtern. Offensichtlich ging er davon aus, der grimmige Offizier an seiner Seite habe etwas dagegen, wenn der Kasten verschwunden wäre. „Ungefähr so groß“, ergänzte Jochen, dazu hielt er die freie Hand anderthalb Fuß über das Straßenpflaster. Inzwischen waren Jochens Zweifel an der Rechtschaffenheit seines Auftraggebers unübersehbar.
    Nun geriet Franz in Verlegenheit. Er konnte den Jungen schlecht fragen, was es mit dem Kasten auf sich habe, ohne preiszugeben, von dessen Existenz überhaupt nichts zu wissen. Fieberhaft überlegte er, was man in einem solchen Behältnis aufbewahren könnte. Sein Fazit beunruhigte ihn aufs Neue.
    „ Den Kasten?“, wiederholte er mit unterdrücktem Groll.
    Jochen nickte schüchtern und hub zu seiner Verteidigung an: „Aber er war nicht da, wo ich ihn hätte finden sollen und ich weiß auch nicht, was drin ist.“ Angstvoll starrte er Franz an, in seinen großen Augen stand die Bitte, man möge ihm Glauben schenken.
    „Also hast du den Kasten nicht gefunden!“ Franz hatte seine Mühe damit, zufrieden zu klingen. Wie gern hätte er sich

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