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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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Methode ausnehmend gut zu wirken. Also sperrte er Hänsel in den Käfig, wobei Mudder Schultzen nur noch der schwarze Kater auf der Schulter fehlte.
    Der Gefangene fing an zu winseln, kaum dass der Riegel hinter ihm zuschnappte.
    „Ich verstehe dich nicht“, meinte die Wirtin ungerührt.
    Das herzerweichende Schluchzen wollte nicht abreißen, womöglich holten den Ertappten die Folgen seines Lebenswandels ein. Franz wurde ungeduldig.
    „Was ist da oben eigentlich passiert?“, fragte er.
    „Der Verbrecher hat mir Ihre Tür in den Rücken geknallt und wollte dann mit seiner Beute türmen“, antwortete sie aufgebracht. Mit der Schilderung kehrte ihre Empörung über die ungeheuerliche Tat zurück. „Noch nicht einmal am hellerlichten Tag ist man vor Diebsgesindel sicher!“, schnaubte sie erregt.
    „Welche Beute?“, fragte Franz beunruhigt.
    „Ich bin kein Dieb!“, ließ der Ertappte zu seiner Verteidigung verlauten. Der weinerliche Ton der Feststellung trug wenig zu ihrer Glaubwürdigkeit bei.
    „Ach, dann gehört die gelbe Aktenmappe wohl dir“, höhnte die Wirtin. Zerknirscht sah sie die Aborttür an.
    „Er hat eine Aktenmappe aus Johanns Zimmer mitgehen lassen?“
    Franz’ Frage lenkte die Wirtin von einem neuerlichen Zornesausbruch ab.
    „Ja, sie müsste oben auf der Galerie liegen. Er hat sie verloren, als ich ihm meinen Knüppel zwischen die Beine geschmissen habe“, verkündete sie stolz.
    „Kann ich Sie einen Augenblick mit ihm allein lassen“, fragte Franz nur der Form halber. Aus eigener Kraft konnte der Junge nicht entweichen, auch wenn seit geraumer Zeit der Moder an dem Häuschen fraß. Franz wartete Mudder Schultzens Zustimmung nicht ab, sondern rannte ins Haus. Wieder nahm er mehrere Stufen mit einem Mal. Ein unbestimmter Verdacht trieb ihn die Treppe hinauf. Seine Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen und so tastete er ungeduldig mit den Fingern über die Dielen, bis er auf den Aktendeckel stieß.
    Er nahm die Mappe an sich und lief in Johanns Zimmer.
    Ein kurzer Blick bestätigte seinen Verdacht: Der Junge hatte die Mappe mit der fremden französischen Handschrift stehlen wollen.
    Was darin geschrieben stand, musste im Moment warten, viel wichtiger blieb, in Erfahrung zu bringen, wer den Jungen geschickt hatte. Niemand anderes als Alan konnte der Strippenzieher hinter dem frechen Raubzug sein. Also wurde es für den Jungen im Abort höchste Zeit, konkret zu werden. Allerdings sollte Mudder Schultzen so wenig wie nur irgend möglich, besser gar nichts, davon mitbekommen. Franz verschloss sorgfältig die Tür und überlegte sich auf dem Rückweg zum Hof, wie er vorgehen wolle.
    „Hat er etwas ausgeplaudert?“, erkundigte er sich.
    „Noch nicht, aber es dauert bestimmt nicht mehr lange“, meinte sie zuversichtlich.
    Franz war erleichtert, nahm sie beiseite und sprach leise und eindringlich auf sie ein. „Sie sollten sich für diese Nacht ein sicheres Quartier suchen. Haben Sie Angehörige in der Stadt, die Sie aufnehmen könnten?“
    Seine unübersehbare Besorgnis sprang sofort auf die alte Frau über. Schlagartig interessierte sie der Junge im Abtritt nicht mehr. Mit großen Augen starrte sie Franz an.
    „Wenn Sie meinen“, erwiderte sie ebenso leise und schluckte. „Ja ich habe einen Schwager am Alten Markt, Ecke Diebesstraße wohnen.“
    Er presste die Lippen aufeinander, um ein Grinsen zu unterdrücken, weil der Straßenname so wunderbar zur Situation passte.
    „Sehr gut“, sagte er, „dann machen Sie sich fertig. Allerdings muss ich Sie um eines bitten.“
    „Ja?“ Vertrauensvoll blickte sie zu ihm auf.
    „Erzählen Sie in Ihrem eigenen Interesse niemandem, was hier vorgefallen ist. Ein verschwundener Student, den man am hellen Tage in Ihrem Hause beraubt, ist keine gute Werbung für Ihr Geschäft!“
    „Nein“, hauchte sie und zupfte nervös an ihren Schürzenbändern.
    „Wir müssen jetzt besonnen vorgehen. Der Junge kann uns gewiss weiterhelfen. Ich habe da so meine Methoden, aber ich kann keine Zeugen gebrauchen, Sie verstehen?“
    Sie wurde bleich, nickte aber.
    „Sie haben doch Vertrauen zu mir?“, warb er mit einem Lächeln.
    „Ja, gewiss, vollstes Vertrauen“, gab sie ohne Bedenken zurück.
    Franz schämte sich für die Dramatik, die er in die Angelegenheit gebracht hatte, er wusste sich jedoch nicht anders zu helfen, die Frau von dem Jungen fortzubringen. Zur eigenen Verteidigung redete er sich ein, er bewahre Mudder Schultzen vor einer

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