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Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition)

Titel: Weiße Geheimnisse: Historischer Roman (Hohen-Lützow-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carola Herbst
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er militärisch präzise, dabei wippte er ungeduldig auf seinen Zehenspitzen. Er hatte seine Hände auf dem Rücken verschränkt und wartete. Jedoch – mit der Aufzählung war ihm Aufmerksamkeit gewiss, schließlich ging es um Ordnung und Sauberkeit.
    „Was für eine Schweinerei in meinem Haus!“, schrie sie angewidert, als sie wenig später einen Rattenkadaver und die Larvengesellschaft zu Gesicht bekam. Aber der Anblick der Nager schien ihr vertraut zu sein. Franz hatte im Schuppen zwischen allerlei Gerätschaften, wo er auch einen rostigen Spaten ausfindig gemacht hatte, Rattenfallen gesehen. Es war wohl der grausige Zustand und der Gestank der kleinen Tierleiche, der sie so außer Fassung gebracht hatte.
    Auf dem Innenhof, der sich auf der Rückseite des Vorderhauses anschloss, hob Franz ein Loch neben einer Aschegrube aus. Er musste eine Weile graben, damit es tief genug war, um den Verwesungsgeruch zuverlässig einzusperren.
    Während er seiner unerfreulichen Beschäftigung nachgegangen war, hatte die Wirtin Johanns Zimmer gefegt und einen ansehnlichen Berg Fliegen aufgekehrt.
    „Wie ist das nur möglich?“, rief sie kopfschüttelnd und betrachtete die Anhäufung winziger Körper nachdenklich. „So viele Fliegen sitzen nicht mal auf meinem Schiethus. Wie kommen die in mein bestes Zimmer, wo doch Herr von Klotz immer so ordentlich ist“, jammerte sie.
    „Die Ratte hat sich offenbar den Vorratsschrank meines Bruders zum Sterben ausgesucht. Zuvor hat sie sich mit ihren scharfen Zähnen Zugang verschafft.“ Dabei zeigte er auf ein fast faustgroßes Loch.
    „Herrgott, diese unseligen Biester! Man wird nicht Herr über das Ungeziefer. Es kommt noch der Tag, da fressen die Kanaillen den guten Leuten das Brot vom Tisch weg“, wetterte sie aufgebracht. Sie schien über die Zerstörung ihres Mobiliars derart empört, dass die Fliegen in Vergessenheit gerieten.
    „Sie ist wahrscheinlich durch den Kamin gerutscht“, mutmaßte Franz und untersuchte auch schon die Feuerstelle und ihren Anschluss zum Schornstein.
    „Um Gottes willen“, entfuhr es der Wirtin. „Aber dann kann das Viehzeug ja auch in meine gute Stube kommen!“ Ihre Schlussfolgerung entsetzte sie.
    „Wenn Sie sich so sehr vor Ratten fürchten, sollten Sie sich einen Terrier anschaffen. Die Hunde sind vorzügliche Rattenfänger“, riet Franz. Als er ihr ungläubiges Gesicht sah, setzte er hinzu: „Habe ich gehört!“
    „Das mache ich sofort! Und wo bekomme ich den her?“
    „Woher soll ich das wissen? Ich bin doch gerade erst in Rostock angekommen“, bemerkte er spitz.
    Man stand sich gegenüber. Das Gespräch riss ab.
    Für zwei Leute, die noch nicht einmal einander vorgestellt worden sind, haben wir eine recht ungezwungene Unterhaltung geführt, dachte Franz. Ähnliche Gedanken dürften auch der Wirtin durch den Kopf gegangen sein. Sie nahm den verlorenen Faden wieder auf.
    „Ach, Herr von Klotz? Ein Bruder von meinem Studiosus Johann, nicht wahr? Ich bin hier die Hauswirtin. Aber nennen Sie mich einfach Mudder Schultzen, wie alle meine Studiosi.“ Sie streckte ihm die Hand versöhnlich entgegen. Franz war einigermaßen überrascht. Noch vor ein paar Minuten wäre er jede Wette eingegangen, die Frau sei ein rechter Drache, dem man besser aus dem Wege ginge.
    Sie schüttelten sich die Hände.
    „Ich heiße übrigens Franz.“
    Mudder Schultzen bemühte sich um ein freundliches Lächeln, doch plötzlich veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Sie rannte zur Tür, die Schaufel mit den Fliegenleichen flog unbeachtet zu Boden. Die alte Dame stürzte mit einer Schnelligkeit die Treppe hinunter, die Franz ihr niemals zugetraut hätte.
    Dann roch er es auch. Das Treppenhaus war bereits verqualmt und es stand zu befürchten, ein ernsthafter Hausbrand sei im Gange. Sofort hastete er Mudder Schultzen hinterher. Bei Löscharbeiten wurde von jeher jede Hand gebraucht. Hinter der bekannten Tür im Erdgeschoss vermutete er ihre Küche. Beißender dunkler Qualm hüllte ihn ein. Glücklicherweise schlugen ihm keine lodernden Flammen entgegen. Von der Wirtin fehlte jede Spur.
    „Frau Schultz!“, rief er besorgt. Hustend und um Atem ringend kämpfte er sich zu einem lichten Rechteck durch. Es war eine Tür, die sich zum Hof öffnete. Dort stand Mudder Schultzen auf dem Pflaster – vor sich einen gusseisernen Tiegel – in dem sie gerade letzte Flämmchen ertränkte. Franz konnte mit den verkohlten Resten in der Pfanne nichts anfangen, aber er fühlte

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